In einer Schlabberhose, einem viel zu großen T-Shirt sitze und ohne Schuhe, sitze ich neben Haymitch in einem Hovercraft. Die anderen Mentoren, dessen Tribute noch leben, tragen alle das gewöhnliche Outfit wenn wir uns in der Öffentlichkeit zeigen (Jeans und Hemd für die Männer und Kleider für die Mädchen), ich falle also ziemlich auf. Das ich das vergessen habe. Und nicht mal mein Frühstück konnte ich beenden. Der Flug dauert kaum eine halbe Stunde, dann haben wir wieder Boden unter den Füßen. Eskortiert von einer Horde aus Friedenswächtern, betreten wir das Trainingscenter, auf dessen Bühne auch die Interviews mit den Familienmitgliedern stattfinden.
Cinna und Portia warten auf uns und unterdrücken erst einen entsetzten Schrei, dann ein Lachen als sie mich sehen. "Soso", sagt Portia schmunzelnd. "Die neuste Mode?" "Nova hat es vergessen", enthüllt Haymitch, dieser Verräter. Ich schnaube, kann aber leider nichts dagegen sagen. Er hat ja Recht und ich schäme mich dafür. "Keine Sorge, wir kriegen das schon hin". 5 Minuten später ziehe ich mir auf einer Toilette ein schwarzes Kleid mit roten Ornamenten und dazu passende Sandalen an. Es passt unterschwellig sogar zu Katniss Image. Ich kämme mir die Haare und lasse sie über meine Schultern fallen, somit sehe ich passabel genug aus, um den Familien gegenüber treten zu können.
Wir treffen sie in einer Empfangshalle, überall stehen Stehtische mit exotischen Blumen als Dekoration, Avoxe mit Tablets voller Häppchen und Gläsern mit sprudelnder Flüssigkeit stehen bereit. Wüsste man nicht den Anlass, könnte man denken, dass wir uns hier für eine Wohltätigkeitsveranstaltung, einen netten Abend, versammelt hätten. Sie ziehen immer eine Riesenshow für die Angehörigen ab, um das Kapitol als so mächtig und wohlhabend wie Möglich darzustellen. Die Türen öffnen sich und begleitet von rund ein duzend Friedenswächtern, betritt eine Gruppe von circa 50 Leuten den Saal. Ihre Gesichter wandeln sich von verängstigt zu überwältigt, begeistert und dann wieder verängstigt.
Die Friedenswächter geleiten jeweils Gruppen von vier bis acht Leuten zu den Mentoren. Die Augen einer spindeldürren, blonden Frau mit eingefallenen Wangen und spröden Lippen, zucken umher, als würde sie jeden Moment mit einem Angriff rechnen. An ihren Arm klammert sich ein Mädchen, gerade mal zwölf Jahre, die wie eine jüngere und gesündere Version von ihr aussieht. Ihr blondes Haar ist noch nicht so spröde, ihre Haut nicht eingefallen, doch auch sie ist blass und mager. Ich erkenne sie sofort. Primrose, Katniss Schwester. Die beiden tragen saubere, gebügelte Kleidung des Kapitols, ebenso wie Peetas Familie.
Ich erkenne seinen Vater, der mich freundlich anlächelt. Kein Wunder, so oft wie ich Brot bei ihm gekauft habe. Vor allem aber, sehe ich sofort, dass Mrs Mellark nicht dabei ist. Neben Mr. Mellark steht ein Junge, so breit gebaut und muskulös wie Peeta. Er hat das gleiche blonde Haar wie er, aber die braunen Augen seines Vaters. Er scheint etwas älter als Peeta zu sein. Mr Mellark schüttelt mir, Haymitch und Effie die Hand (wobei er bei Effie erst die Hand unter den Federn und Ringen suchen muss). "Tut mir leid, meine Frau ist im Distrikt geblieben, sie wollte nicht, dass die Bäckerei schließen muss".
Es ist ihm sichtlich unangenehm das zuzugeben. Ich verkneife mir den Kommentar dazu und nicke nur freundlich. Ein Avox bietet uns Häppchen an. Ich kann sehen, wie die Augen von Prim und ihrer Mutter zu leuchten beginnen. "Bedient euch", sage ich. "Und es kostet wirklich nichts?", fragt Katniss Mrs Everdeen zögernd. Sie haben im Zug natürlich schon zu Essen bekommen, aber für die Familien ist es immer schwer zu glauben, dass sie nicht für diese Köstlichkeiten zahlen müssen.
"Ich beweis es euch gerne", sagt Haymitch und schiebt sich gleich drei verschiedene Häppchen in den Mund. "Haymitch! Ich muss doch sehr bitten, deine Manieren", echauffiert sich Effie und dreht pikiert den Kopf weg, während ich und Prim uns das Glucksen verkneifen müssen. Darauf hin trauen sich auch die anderen von dem Angebot zu profitieren. Ich sehe, wie schwer es ihnen fällt, nicht zu schlingen und Mitleid erfasst mich. Gelegentlich vergesse ich in meinem Stein Haus, der kleinen, heilen Welt in der ich lebe, wie schwer mein Distrikt es natürlich noch immer hat. Katniss und ihre Familie kommen vor allem aus dem Saum. Dort ist es am schlimmsten.
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The second mentor- DieTributeVonPanem
FanfictionNiemand hätte gedacht, dass ausgerechnet die unscheinbare Novalee aus Distrikt 12 den Mut aufbringen würde, sich für die 66. Hungerspiele freiwillig zu melden. Sie selbst auch nicht. Aber als ihre beste Freundin in den Tod geschickt werden soll, gib...