Kapitel 52

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Es vergingen 5 Monate, und wir waren gerade in der Kirche. Dort war ich in einem Zimmer, wo ich mir mein Brautkleid überzog und in meine Schuhe schlüpfte. Meine Augen wanderten zum Spiegel. Perfekt. Die Tür ging auf und meine Mom lief mit Taylor auf dem Arm rein. „Hey, meine Süße. Bist du schon aufgeregt?" „Und wie. Ich fühle mich, als würde ich in Ohnmacht fallen." „Na, hoffentlich nicht." „Kannst du mir vielleicht mein Kleid schließen?" „Klar, kein Problem." Sie zog den Reißverschluss meines Kleides hoch und ich strahlte. Ich schaute Taylor an, mein Grinsen noch weiter als zuvor. „Sie ist so niedlich in ihrem Kleid." „Unfassbar, dass sie schon 1 Jahr alt ist. Aber daran merkt man, wie schnell die Zeit vergeht." Ich nickte. Erst gestern war sie noch ein kleines süßes Bündel mit den winzigsten Händchen. „Aber ich wünsche dir ganz viel Glück, Schatz. Ihr schafft das!" Sie drückte mich in eine herzliche Umarmung, die meine Nerven etwas beruhigten. „Danke, Mom." Sie küsste meine Wange und drehte sich wieder zum Ausgang. Taylor quietsche mir glücklich zu, als sie gingen. Wie sehr ich dieses Kind liebe...
Ich wendete mich zum Spiegel, strich über mein Kleid und legte meine Kette um. Es klopfte erneut und Spencer trat ein, ihre braunen Haare in einem hohen Pferdeschwanz mit ein paar lockeren Strähnen an der Seite ihres Gesichtes. „Wowww, du siehst umwerfend aus." „Danke, Spence. Ich bin so froh, dass du heute meine Trauzeugin bist." „Aber natürlich. Ich lasse es mir doch nicht entgehen, die Trauzeugin einer so schönen Braut zu sein." Meine Wangen schmerzten schon, von dem konstanten Lächeln. „Du, kommst du schnell mit? Ich brauche dringend Hilfe bei etwas. Die Deko draußen hängt nicht mehr so, wie sie hängen soll." „Warum fragst du nicht die anderen?" „Die ziehen sich noch um." „Was ist, wenn Ezra mich sieht?" „Er ist von Toby abgelenkt." Wird schon nicht so lange dauern... „Na gut." Wir gingen nach draußen und richteten eine Girlande, die wirr umher flatterte. Ein leichtes Pieksen zierte meinen Arm, aber ich ging davon aus, dass ich mir das nur eingebildet habe.
Millisekunden vergingen und mir wurde schwummrig, währenddessen Übelkeit meinen Magen plagte. Ich halte mich an der Wand fest. Scheiße, zu rutschig. Mein Hintern landete auf dem Boden mit einem dumpfen Knall, den ich kaum wahrnahm. Nein, bitte nicht jetzt. Nicht am Tag der Hochzeit. Mein Kopf pochte und brummte. Ich suchte nach Spencer, nach Halt, irgendwas. Ihr Schatten hing über mir, genau da. Ich streckte meine Hand zu ihr aus. Nein, sie war zu weit. Ihr Schatten wurde größer, er ergriff mein ganzes Sichtfeld. Es wurde alles schwarz. Und dann bemerkte ich gar nichts mehr. Nichts als Stille.

Meine Augen schlugen ruckartig auf und ich nahm einen tiefen Atemzug. Wo...bin ich? ich schaute mich um, vom Sofa zum Fernseher und der Tapete. Die Einrichtung kam mir sehr vertraut vor. Spencer's Haus, definitiv. Ich richtete mich auf und rieb mir die Augen. Das Pochen war endlich weg, mein Magen hatte sich auch wieder gelegt. Aber als ich versuchte, meine Erinnerungen rauszukramen, war da genau nichts. Nichts, warum ich hier war. Nichts, warum ich alleine war. Nichts, warum ich dieses Kleid trug. Warte. Warum trage ich ein Brautkleid? „Spence?" Spencer, auch in einem blauen Kleid, kam zu mir und setzte sich, ihre Hände auf meinen Schultern. „Hey, du bist wach." Ich nickte. So nah konnte ich auch ihr Make-Up sehen. Warum hat sie sich auch so aufgebrezelt? „Was ist passiert?" „Dir ging es sehr schlecht, also habe ich dich nach draußen gebracht, um frische Luft zu schnappen. Aber kurz bevor wir es geschafft haben, bist du ohnmächtig geworden." „Verstehe...Warum trage ich ein Brautkleid?" „Das wolltest du unbedingt mal anprobieren, Hase. Ruhe dich aus. Schlafe noch etwas und dann kannst du dich umziehen, okay?" Ich nickte, auch wenn diese Antwort mit etwas in mir nicht übereinstimmte. Irgendwas, was mich anschrie und flehte, mir etwas unbedingt mitteilen wollte. Aber ein Gähnen entwich mir und ich entschied mich dazu, es nicht weiter zu hinterfragen. Spencer ist bei mir. Sie wird mir helfen, so, wie sie es immer gemacht hat. Sie ist eine gute Freundin. Mein Befinden ist ihre höchste Priorität. Ich legte mich hin und Spencer deckte mich zu. Bevor sie ging, kämmte sie mir noch Strähnen hinters Ohr und flüsterte ein leises: „Du bist hier sicher.."
Schlaf kam schnell und etwas tief in mir hoffte, meine Erinnerung zurück zu bekommen und diese unbehagliche Stimme endlich verstummen zu lassen.

Ich wachte ruhig neben Ezra auf und war an ihn gekuschelt. Sein Körper war warm, sein Herzschlag leise und in einem beruhigenden Rhythmus. Er öffnete seine Augen und lächelte. „Guten Morgen, meine Süße." „Guten Morgen." Seine Arme hielten mich noch eine Weile, bevor Taylor quengelte und ich nach ihr schaute.

Spencer kam wieder mit Suppe, einer meiner liebsten, und Tee, der Beerenduft schwer zu ignorieren. Ich nickte und nahm es gierig entgegen. Mein Hals war so trocken in letzter Zeit... „Danke." Ich nahm einen Schluck vom süßlichen Tee, bevor ich mich an die herzhafte Suppe machte. Dieser unendliche Durst endlich gestillt, und der Teller und die Tasse schneller leer als erhofft, wandte ich meinen Blick wieder Spencer zu, die stetig meinen Rücken streichelte, ihre schönen braunen Augen auf mich gerichtet. Ich räusperte mich, meine Stimme etwas kratzig. „Kann ich vielleicht Klamotten von dir anziehen?" „Klar. Ich hole dir was." Sie hielt kurz meine Wange und ging. Nur etwas später, als hätte sie diese Frage bereits erwartet, kam sie mit einem gefalteten Stapel Kleidung wieder. „Ich helfe dir aus dem Kleid.", meinte sie und öffnete dieses. Die Silberkette nahm sie auch und legte sie zur Seite. Sie strich mir über die Stirn, ihre Brauen mit Sorge geziert. „Fühlst du dich besser?" „Schon, ja. Danke, dass du dich so gut um mich kümmerst." Die Ecken ihres Mundes verziehen sich zu einem Lächeln. „Natürlich. Dafür sind Freunde doch da." Ein erneutes Gähnen entfuhr mir und auch meine Muskeln zitterten schon. „Allerdings...Ich fühle mich noch ziemlich schlapp und würde gerne noch etwas schlafen." „Klar. Total verständlich. Leg dich hin, ich werde mich um dein Zeug kümmern." Ich lächelte leicht und mein Kopf fiel wortwörtlich in das Kissen. Eigentlich schlafe ich nie so oft nacheinander und so viel an einem Tag, aber ich fühle mich so schwach...keine Ahnung.

Hassliebe // EzriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt