Erste Sonnenstrahlen zeigten sich leicht, als wir in Zadar einfuhren. Die Freude aber blieb aus. Je näher wir dem Anleger kamen, desto nervöser wurde ich. Das Kribbeln in meinem Magen stieg an. Dejan und ich hatten vereinbart uns an der Wasserorgel zu treffen und einen langen Spaziergang zu machen, jetzt wo die Wolken sich langsam verzogen.
Mein Blick glitt zu Stacy, Marc, Roco und den anderen, die dabei waren, die Fender hinunter zu lassen oder die Leinen klar zu machen. Und dann glitt mein Blick zu Vaughn, den ich seit vorhin nicht mehr gesprochen hatte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste ja nicht mal, wie lange er in Zadar bleiben wollte oder würde. Denn ich wusste, dass seine Reise noch nach Trogir, Split und noch weiter führen würde. Das wusste ich.
Ich wusste, welche Orte er noch sehen wollte. Ich wusste, was es ihm bedeutete, all diese Orte zu sehen. Meist blieb er nicht länger als eine Woche an einem Ort. In Cres blieb er meist zwei Wochen, aber das war... das war... ich wollte nicht sagen, dass es wegen mir gewesen war, doch ich befürchtete es. Ich befürchtete, dass es wegen mir gewesen war.Seufzend sah ich zu, wie der Anleger näher kam, dann hörte ich das Brummen des Motors und spürte, wie das Schiff begann sich zu drehen. Ein paar Minuten später standen wir perfekt.
Niemand rührte sich. Ich schon gar nicht. Ich erblickte die Häuser von Zadar, sah das alles und doch... und doch wusste ich, dass ich nicht von Bord gehen wollte. Noch nicht. Eine leise Stimme flüsterte, dass ich nicht einfach so gehen konnte.
Womöglich war deswegen meine Tasche noch nicht gepackt. Womöglich zögerte ich deswegen alles hinaus. Denn das tat ich. Ich zögerte alles hinaus, in der Hoffnung, dass... ja, dass was? Dass ich nicht von Bord gehen würde? Dass Vaughn mich aufhalten würde? Ich wusste nicht mal, was ich hoffte.
Meine Gefühle waren seit seiner Offenbarung wirr und verknotet. Es war nicht mehr klar zu erkennen, was ich fühlte und was nicht. Meine Gefühle konnte ich nicht mehr auseinanderhalten. War es Freude, die ich empfand oder Wut? War ich glücklich oder nur nervös?
Ich wusste es nicht mehr. Ich wusste nur, dass wir nun in Zadar waren und ich nicht von Bord gehen wollte. Es fühlte sich nicht richtig an. Als wäre etwas noch nicht abgeschlossen und würde darauf warten, dass ich es zu Ende brachte.
Leider aber wusste ich nicht, was das sein sollte und stand in der Gegend herum. Einfach so. Ich starrte vor mich hin und wusste nicht so recht, was ich tun sollte. Ich wusste es einfach nicht.Stacy trat zu mir und sah mich an. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen. »Na? Wir sind endlich da.« Ihr Lächeln hätte mich anstecken sollen, doch ich war noch immer zu verwirrt. Die Sonne schob sich nun endgültig durch die Wolkendecke und strahlte mir entgegen. Ihre warmen Strahlen küssten meine Haut.
Obwohl der Tag nun nicht mehr grau und trist war, wirkte er noch so. Die warmen Strahlen der Sonne konnten nicht ganz zu mir durchdringen, was wohl an den Gewirr meiner Gefühle lag. Zum ersten Mal konnte ich sie nicht mehr deuten.
Frustriert fuhr ich mir durch die mintgrünen Strähnen, in der Hoffnung, dass wenn ich meine Haare entkontete, dies auch mit meinen Gefühlen passieren würde. Leider war dies nicht der Fall.Sie waren noch genauso wirr wie davor und als ich Vaughn hinunterkommen hörte, wurden sie noch wirrer. Mein Herz pochte wild und meine Haut prickelte, als ich seinen Blick spürte. Zusätzlich aber spürte ich diese Angst. Diese Angst die ich... die ich nicht einordnen konnte und dann war da dieser Drang, etwas fertigzustellen. Was genau dieser Drang bedeutete, konnte ich aber nicht sagen.
Stattdessen stand ich wie angewurzelt im großen Innenraum und konnte nur auf den Hafen starren, als könnte ich dort draußen die Antwort auf all meine Fragen finden. Was natürlich nicht eintraf. Im Gegenteil. Ich war noch genauso verwirrt wie davor. Wenn nicht noch verwirrter. Seufzend sah ich zu Vaughn, der wiederrum mich ansah.
Seine stechender, kalter Blick glitt über mich hinweg.
»Wo sind deine Sachen?« Die Härter in seiner Stimme überraschte mich im ersten Moment und ich fragte mich, was mit ihm los war, bis mir einfiel, dass... dass er vermutlich selbst nur versuchte schlau aus sich zu werden, was alles andere als einfach war. Wir waren ja nicht allein auf dieser Yacht und hatten kaum Zeit gehabt, all das zwischen uns genau zu ergründen und erkunden.
Ich wusste nicht, ob ich ihn noch immer hasste oder ob ich ihm misstraute. Ich wusste es nicht. Ich wusste es wirklich nicht. Ich wusste nur, dass eine weise Stimme flüsterte, dass es noch Dinge zu erledigen gab und ich nicht einfach gehen konnte.
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Das Rätsel des Vertrauens
RomanceAbgeschlossen Sita kann Vaughn nicht ausstehen. Was daran liegt, dass ein Vorfall, der in der Vergangenheit liegt, die Zukunft der beiden überschattet. Bis jetzt hat sie es ganz gut geschafft ihm aus dem Weg zu gehen, doch eine verpasste Fähre nach...