Das nervige Klingeln meines Handys störte mich dabei, als ich eine Zeitschrift durchblätterte, während Dejan kochte. Erst wollte ich nicht rangehen, doch als ich Vaughns Namen erblickte, schlug mein Herz wie wild.
»Hallo?«, fragte ich und erwartete, Vaughns Stimme zu hören.
Zu meiner Überraschung aber war es Stacy, die mich anrief. »Sita? Es gibt ein Problem.« Die Panik und die Sorge in ihrer Stimme gefielen mir nicht. Ganz und gar nicht. Es sagte mir, dass etwas nicht in Ordnung war. Etwas, das vermutlich mit Vaughn zu tun hatte, denn sonst hätte sie nicht von seinem Handy aus angerufen.
Dejan blickte mich an und nun zeichnete sich auch in seinen Augen die Sorge, vermutlich weil er sie in meinen Augen sah. Vermutlich, weil er sah, dass ich mich anspannte. Ich wusste es nicht genau. Was ich aber wusste war, dass ich schnell wissen musste, was los war.
Die Sonne, die durch die kleinen Fenster hereinschien, wärmte mich nicht. Stattdessen wurde mir eiskalt und die rote Couch unter mir schien zu schwanken.
Das Polster fühlte sich plötzlich wie Wackelpudding an. Ein Wackelpudding, den ich nicht kannte. Ein Wackelpudding, den ich nicht brauchte.»Stacy? Was ist los?«, hakte ich nach und spürte das Zittern in meiner Stimme, während ich mich in den roten, harten Stoff krallte. Das eh so kleine, beige Wohnzimmer, kam mir nun noch kleiner vor und nicht mehr so hell, wie die Farbe versprach. Auf einmal schien alles dunkel zu sein. Dunkle und... und kalt.
Mein Herz pochte wild in meiner Brust und pumpte das Adrenalin durch meinen Körper. »Es ist Vaughn... er kommt nicht mehr aus der Dusche. Er meinte, dass heute ein besonderer Tag wäre, was ich aber nicht verstehen würde. Weißt du, welcher Tag heute ist? Wieso sperrt er sich in diesem kleinen Bad ein, wenn er auch beim Hafen duschen kann? Wieso ist er in diesem kleinen Raum und will allein sein?«
Mein Blick fiel auf die digitale Anzeige auf Dejans Wecker. Es war der 5 Juni. Juni... Fünfter Juni. Fieberhaft überlegte ich, was das sein könnte. Am Anfang... am Anfang kam ich nicht darauf. Mein Kopf versuchte eine Antwort auf die Frage zu finden, fand aber keine. Bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Natürlich.
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich spürte, wie mein Herz sich vor Schmerz verkrampfte. Die Kälte in meinem Körper wurde nicht besser. Sie wurde schlimmer. Alles in mir schien zu Eis zu erstarren.
»An diesem Tag hat Vaughn Lila immer aus dem Krankenhaus geholt und ist mit ihr zu ihren Lieblingseisladen gegangen. Es war immer der fünfte Tag im Monat. Weil Fünf ihre Lieblingszahl war.« Meine Stimme brach und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Dejan setzte sich zu mir und schlang einen Arm um mich, doch das rettete mich nicht. Es schien alles nur noch schlimmer zu machen. Das Atmen fiel mir plötzlich schwer. Alles war so verdammt schwer.Die Stille am anderen Ende der Leitung machte es nicht besser.
Ein kleines Schluchzen ertönte, dann: »Kannst du- Kannst du herkommen? Bitte? Vaughn will nicht mal essen. Er hat zwei Kinder mit ihrem Vater Eis essen gesehen und dann war es vorbei.«
Oh Vaughn...
»In Ordnung. Weiß er davon?«
»Nein er... er meinte ich soll dich nicht anrufen, weil du selbst genug Probleme hast aber du bist die Einzige hier, die ihn versteht. Bitte.«
»Klar. Ich komme so schnell ich kann.«
Und damit war es beschlossen. Zumindest für mich. Dejan aber musterte ich, als hätte ich einen Knall. Vermutlich hatte ich das auch, irgendwie. Aber wer hatte das nicht? Ich wollte doch nur helfen. Vaughn ging es schlecht. Das hatte ich in den letzten Tagen an Deck bemerkt und ich wusste, dass die anderen nicht verstehen konnten, wie schlimm es für Vaughn und mich war.Wie schlimm es war, an Lila erinnert zu werden. Denn das war etwas, was auch heute noch immer wehtat und da Vaughn sich anscheinend nicht vergeben hatte, tat es ihm jetzt noch mehr weh.
»Danke, Sita. Wir schulden wir was.«
»Ach Quatsch. Bis gleich.«
»Bis gleich.«
Ich legte auf und erhob mich von der Couch. Dejan tat es mir gleich.
»Wieso gehst du zu ihm?«, fragte Dejan mich und es klang fast wie eine Anklage.
»Weil er gerade jemanden braucht der ihn versteht. Und das kann nur ich«, erwiderte ich, während ich mir bereits die Schuhe anzog. Dejan hob eine Augenbraue.
»Du hast eigene Probleme«, sagte Dejan. Ich wusste, dass er mich nur beschützen wollte, doch es ging etwas zu weit. Dejan hatte mich schon immer schützen wollen. Besonders als ich nach der Sache mit Vaughn verheult vor seiner Tür gestanden hatte, in der Hoffnung, dass er mich aufnahm.
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Das Rätsel des Vertrauens
RomanceAbgeschlossen Sita kann Vaughn nicht ausstehen. Was daran liegt, dass ein Vorfall, der in der Vergangenheit liegt, die Zukunft der beiden überschattet. Bis jetzt hat sie es ganz gut geschafft ihm aus dem Weg zu gehen, doch eine verpasste Fähre nach...