Kühl strich der Fahrtwind über meine Haut, während ich an der Reling stand und aufs Meer blickte. Noch immer waren Schaumkronen zu sehen, doch das störte die Yacht nicht. Ein Blick nach vorne zum Bug zeigte mir, dass sie die kleinen Meterwellen einfach zur Seite schob, als wären sie gar nicht da.
Vaughn hatte eine gute Yacht. Das musste man ihm lassen. Vereinzelt blies der Wind noch Wolken über den Himmel, doch die Sonne strahlte bald mit ganzer Kraft. Es war kurz nach 11:00 Uhr am Morgen. Die Sonne würde bald in ihrer vollen Pracht erstrahlen und uns alle wärmen.
Die Strahlen wärmten mich schon jetzt, doch der Fahrtwind blies die Wärme wieder davon. Ein Blick zum Führerstand zeigte mir, dass Vaughn konzentriert nach vorne sah. Beim Frühstück hatten wir kaum ein Wort gewechselt, weil er sich mit der Crew über die nächste Route besprochen und sie den Seewetterdienst besprochen hatten.
Noch war der Sturm nicht ganz vorbei. Der Wind blies noch immer stark und wir konnten von Glück reden, wenn wir rechtzeig in Novalija ankommen würden. Denn in der Ferne sah ich die Wolkentürme sich aufbauen. Hohe, dicke Türme.
Der Seewetterbericht sagte aber, dass Pag nichts davon treffen würde und Vaughn hatte versichert, dass wir nur knappe zwei Stunden brachen würden. Trotzdem waren alle auf der Hut und sahen immer wieder zum Himmel empor.Ich stellte mich also darauf ein, dass wir nicht nach Zadar fahren würden. Wie Vaughn gezeigt hatte, hingen dort noch ein paar Gewitterzellen und es war sicherer, den Tag in Novalija zu verbringen.
Noch ein Tag mehr. Noch ein Tag mehr hier auf Deck. Eigentlich sollte ich mich nicht beschweren. Wer hatte schon mal die Chance auf so einer großen Yacht zu fahren, ohne etwas zu zahlen? Nicht, dass ich Vaughn nicht angeboten hatte, den Tank zu zahlen. Zumindest einen Teil davon. Er hatte abgewunken und gesagt, dass er genug Geld hätte und ich es genießen sollte.
Allerdings, und das hatte ich versucht klar zu machen, wollte ich keine Allmosen. Vaughn hatte darauf bestürzt gewirkt und hatte gesagt, dass meine Dasein eine Bereicherung war und das ich schon geholfen hatte, was mehr war, als ich tun müsste.
Also hatten wir uns darauf geeinigt, dass ich einfach weiter half, wenn es etwas zu tun gab. Sofort hatte ich Roco gefragt, ob ich ihm beim Kochen helfen könnte und er hatte zugestimmt. Jetzt, da ich aber noch frei hatte, entschied ich mich dazu, vorne an den Bug zu gehen, um mich auf mein Handtuch zu legen.
Kurz darauf lag ich auf meinem Handtuch, zog die Sonnenbrille tief in mein Gesicht und schob die Cap so, dass sie nicht mehr störte beim Liegen. Damit zufrieden blieb ich also so liegen und genoss die Sonnenstrahlen, die meinen Körper erwärmten. Genüsslich schloss ich meine Augen und ließ einen Moment lang alles auf mir wirken.
Den Geruch des Meeres, der salzig und schwer in der Luft lag, das Geräusch des Fahrtwindes und das Geräusch der Wellen, die gegen die Yacht schlugen. All das nahm ich tief in mich auf wie ein Schwamm und sog immer mehr davon auf. Ich musste einfach. Ich konnte nicht anders.Dafür fühlte es sich viel zu gut an. Viel zu gut. Ich genoss es. Genoss es, all das wahrzunehmen. Es tat mir gut. Half mir, langsam zu mir selbst zu finden, meine innere Ruhe, die ich dringend brauchte.
Unter mir vibrierte das Material der Yacht denk des starken Motors. Ich musste nicht hinhören um zu wissen, dass wir einen ordentlichen Zahn draufhatten und dass das Vaughn eine ganze Stange Geld kosten würde. So eine Yacht war nicht billig und ich war froh, dass mein Boot nicht so viel kostete.
Obwohl ich mich immer wieder dabei erwischte, wie ich Damirs Marlin ansah und davon träumte, auch so eine zu haben. Vielleicht, weil ich mit ihm gefahren war und... und verdammt, es war schön. Dank Damir war ich auf den Geschmack gekommen. Hatte sie gesehen. Hatte sie gespürt.
Sie glitt durch die Wellen wie nichts und hatte ein gutes Fahrgefühl. Ich liebte es. Dieses Fahrgefühl.
Vielleicht, wenn ich eines Tages genug gespart hatte, würde ich mir selbst eine kaufen. Bis dahin gab ich mich mit meinem Boot zufrieden. Immerhin trug es mich von Ort zu Ort, von Bucht zu Bucht. Es war für mich da und wir hatten schon viel durchgestanden.
Viele Stürme, viele Sonnentage aber auch Tage, an denen ich geflucht hatte, weil wieder etwas kaputt war.
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Das Rätsel des Vertrauens
RomanceAbgeschlossen Sita kann Vaughn nicht ausstehen. Was daran liegt, dass ein Vorfall, der in der Vergangenheit liegt, die Zukunft der beiden überschattet. Bis jetzt hat sie es ganz gut geschafft ihm aus dem Weg zu gehen, doch eine verpasste Fähre nach...