15. Kapitel

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    Am nächsten Morgen wachte ich durch den Geruch von Waffeln auf. Das Wasser lief mir im Mund zusammen und ich öffnete die Augen. Meine Stimmung sank, als ich am Himmel ein paar dicke Wolkentürme erblickte und Bäume, die sich bereits im Wind wogen. Ich fragte mich, ob der Wind auch einmal aufhören konnte.
    Ob der Wind auch einmal stoppen konnte. Manchmal hatte man dieses Pech, wenn man in Zadar war. Manchmal wollte das Gebirge einem keinen warmen, schönen Sommer schenken, sondern einen windigen Sommer, mit vielen Wolken und Regen.
     Seufzend warf ich die dünne Decke beiseite und schwang meine Beine über die Bettkante. Zumindest hatte mich das Lied in den Schlaf wiegen können, dafür hatte Vaughn eine große Rolle darin gespielt.
     Wie ich es nicht anders erwartet hatte. Vaughn war einfach immer da. Immer. In meinem Traum waren wir zusammen auf seiner Yacht gefahren. Richtung Trogir. Bis jetzt verstand ich nicht genau, wieso ich das geträumt hatte. Denn ich hatte nicht den Plan nach Trogir zu fahren, nicht wahr?
     Ich wusste es langsam nicht mehr. Ich wusste nur, dass ich irgendwie wieder zu meinem alten Selbst finden musste. Denn die Sache mit Vaughn machte mir zu schaffen und veränderte mich in einer Weise, die mir Angst machte.

     Irgendwie konnte ich keinen frechen Spruch mehr bringen. Ich war... fast schon gefangen. Gefangen in meinen Gedanken. Jeden Tag.
    Ich hoffte, dass das beim Frühstück besser werden würde. Es musste einfach besser werde. Zumindest redete ich mir das ein.
     Doch auch beim Frühscück konnte ich meine Gedanken nicht ganz abschalten. Immer wieder wanderten meine Gedanken zu Vaughn. An den großen Riesen, mit den eisblauen Augen und einer Haut, so dunkel wie Schokolade.
     Ich dachte daran, wie ich mich in ihn verliebt hatte. Vaughn hatte eigentlich eine große Klappe, sagte meist freche Sachen und nahm kein Blatt vor den Mund. Der Vaughn, den ich in den letzten Tagen gesehen hatte, war ganz anders gewesen.
     Ein Schatten seiner selbst. Und auch ich war eher ein Schatten meiner selbst geworden. Die Sita, die ich noch bei Mika und Nik gewesen war, war ich nun nicht mehr. Das Mobbing ging tiefer unter meine Haut als ich zugeben wollte und das war... bitter.

     Ich wollte doch nur meinen Frieden. Wollte die Vergangenheit hinter mir lassen, doch Dejans Worte konnte ich auch nicht so einfach vergessen. Ich konnte gar nichts vergessen. Rein Garnichts.
     Und ich wusste nicht, was ich damit anstellen sollte. Mit dieser Erkenntnis, dass die Vergangenheit noch ein starker Teil von mir war. In all den Jahren hatte ich so gut hinter mir lassen können. Das Mobbing, die Selbstzweifel. Und jetzt waren sie wieder da.

    »Hey, Sita?«
    Ich blinzelte und wurde von Dejans Worten zurück in die Gegenwart gerissen.
    »Ja, Dejan?«
     »Vaughn ist... ist vielleicht doch nicht so böse, wie ich dachte. Also nimm dir meine Worte nicht ganz so zu Herzen.«

     Nun war ich verwirrt und runzelte die Stirn. »Was meinst du?«
     »Er hat irgendwie herausgefunden wo ich wohne und steht unten.«
     Ich blinzelte. »Und das sagst du mir erst jetzt?«
    »Er meinte, dass ich dich in Ruhe aufstehen lassen und Frühstücken lassen soll. Er will mit dir persönlich reden.«

     Mit mir persönlich reden. Ich wusste nicht, ob ich das nun als böses Omen sehen oder mich freuen sollte. Beides womöglich? Vaughn wollte reden. Reden bedeutete leider nicht immer etwas Gutes. In nur sehr seltenen Fällen.
     Sofort schoss mein Puls auf 180 und mein Herz pumpte sehr viel Blut durch meine Adern, während es heftig in meiner Brust pochte. Vaughn war hier und für ein paar Sekunden beherrschte dieser Gedanke mein ganzes Sein. Alles, was ich bis jetzt gedacht hatte. Ich konnte gar nicht anders, als daran zu denken. Ständig dachte ich daran und kam nicht darüber hinweg dies zu denken.
    Viel zu schnell presste ich die restlichen Waffeln in mich hinein. Was ich bereute, denn etwas später meldete sich mein Magen und sagte mir, dass ich etwas übertrieben hatte. Dejan hob eine Braue und sah mich an, als hätte ich einen Vogel. Vielleicht hatte ich das auch. Gerade wusste ich das nicht so ganz.
     Es war mir aber auch egal. Ich wusste nur, dass ich jetzt gerade zu Vaughn wollte, egal, wie mein Magen wehtat von den ganzen Waffeln, die ich verdrückt hatte. Viel zu schnell räumte ich den Tisch ab und nahm dabei fast die Tischdecke mit. Dejan beobachtete mich mit Sorge in den Augen, aber auch mit einer gewissen Neugier um Blick. Trotzdem schien er eher besorgt als beruhigt zu sein, was ich verstehen konnte. Mir ging es nicht besser. Ich wusste nämlich nicht, was Vaughn wollte.

Das Rätsel des VertrauensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt