41. Kapitel

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Ich saß in meinem Zimmer, starrte die Wand an und wusste nicht so recht, wo mir der Kopf stand. Meine Gedanken drehten sich einzig und allein um Taddl, um seine Lippen, seine Augen, sein gesamtes Dasein. Ich wusste, ich hatte mich verloren, hatte wieder für einen Jungen alles aufgegeben und war abhängig von ihm, da ohne diese eine Person nichts mehr Sinn machen würde.
Ich fühlte mich wiedermal dumm, naiv und so schrecklich traurig. Ich hatte das getan, was mir am meisten Angst machte. Ich hatte den Jungen geküsst, der mich schon einmal enttäuscht hatte.
Samira kam mit Oliver nach Hause und stürmte sofort mein Zimmer. "Du dumme Kuh! Kannst doch nicht einfach abhauen!", schrie sie, während ihre Hände wild in der Luft herum fuchtelten. Ich starrte sie nur stumm an, wandte mich dann einfach ab und vergrub mein Gesicht im Kissen. So unendlich viel Hass erfüllte mich. Hass auf mich selbst, auf meine Angst, auf meine eigene Unentschlossenheit. "Isa? Hallo?! Geht's noch?", sie stieß mich unsanft in die Seite, woraufhin ich mich grunzend auf den Rücken drehte, vom Bett aufstand und mich vor sie stellte. "Jetzt mach mal halblang. Ich darf gehen wohin ich will und wann ich will. Das geht dich gar nichts an. Ist ja nicht so, als würde ich abhauen. Jetzt geht Bitte beide aus meinem Zimmer raus. Sofort!", am Ende war ich immer lauter geworden, sodass ich ihr das letzte Wort beinahe ins Gesicht gebrüllt habe, aber in diesem Moment war mir das alles egal.
Ich schubste sie zur Seite, nicht stark, aber doch so, dass ich durch kam und stürmte aus dem Zimmer. Aus der Wohnung heraus, durch das Treppenhaus und auf die Straße. Danach wandte ich mich wieder einmal in irgendeine Richtung, fing aber schon nach kurzer Zeit an zu laufen. Ich rannte einfach durch die Straßen, ignorierte die Blicke aller Leute und hielt erst an, als ich am RheinUfer angekommen war. Hier hörte man nur wenige Autos, dafür das Rauschen der Bäumen und das Wasserplätschern. Ich ließ mih auf der Wiese nieder, zog die Knie an den Bauch, stützte den Kopf darauf und schloss die Augen. Bilder, Gefühle, alles der letzten Tage überrollte mich plötzlich, sodass ich mich kaum dieser Flut an Empfindungen entziehen konnte. In diesem Moment wünschte ich mir einen Menschen, der mich versteht, zu dem ich gehen könnte, wenn es mir scheiße geht, doch habe ich niemanden. Niemand sieht, was ich sehe. Klingt zwar depressiv, war mir aber egal.
Seufzend fuhr ich mir mit meinen Händen über das Gesicht und rieb mir die Augen. Mein Kopf dröhnte. Mal wieder.
Das Vibrieren meines Handys ignorierte ich völlig, hatte gar keine Lust mich vor irgendwem zu rechtfertigen, da Samira garantiert jedem schon erzählt hatte, dass ich mal wieder weggelaufen bin. Ich laufe immer nur weg. Vor allem. Vor jedem.
Es wurde dunkel, doch nahm ich das gar nicht so wahr, zu viele Gedanken strömten durch meinen Kopf. Ich hasste dieses ständige Nachdenken. Dieses totanalysieren jedes scheinbar aussichtslosen Problems.

Jemand oder etwas berührte mich an der Schulter. Ich zuckte zusammen, sprang auf und fand mich Ardy gegenüber. Wie er mich hier gefunden hatte, wollte ich gar nicht wissen. "Zum Glück hab ich dich gefunden.", seufzte er erleichtert, woraufhin mein Misstrauen ein wenig wuchs. "Wieso hast du mich überhaupt gesucht?", fragte ich deshalb skeptisch und achtete darauf Abstand zu halten, um mir eine Fluchtmöglichkeit freizuhalten. "Samira hat bei uns angerufen und gesagt, dass du verschwunden bist. Daraufhin sind wir alle losgezogen, um dich zu suchen." Ich sagte nichts mehr, drehte mich einfach weg und wollte gehen, als Ardy mich am Arm festhielt. Wurde das jetzt langsam zur Normalität, dass mich jeder festhalten wollte? "Isa, was ist denn passiert?", fragte er vorsichtig und zog mich mit sich zu Boden. "Ich habe große Scheiße gemacht.", antwortete ich nach kurzem Schweigen leise. Fragend sah er mich an, wartete stumm, bis ich fort fuhr. "Ich habe Taddl geküsst, bzw. er hat mich geküsst, aber ich hab' ihn darum gebeten. Ich...", Ardy legte mir einen Finger auf die Lippen und sah mich mitfühlend an. "Scht...ich weiß, dass Taddl ist manchmal verwirrend kompliziert, aber das liegt daran, dass er mit sich selbst nicht wirklich im Reinen ist. Er trifft Entscheidungen leichtfertig, bereut am Ende aber vieles. Am meisten Reue zeigte er aber bisher, nachdem er dich vor einigen Monaten so abserviert hat.", er verstummte kurz, gab mir damit die Möglichkeit ihm Einhalt zu gebieten, falls ich etwas Derartiges nicht hören wollte. Als ich nichts tat, redete er weiter: "Er hat sich schreckliche Vorwürfe gemacht, doch für ihn war es zu spät. Dachte er. Aber als ihr dann wieder Kontakt hattet, ging es ihm schlagartig besser, er hatte gehofft du hättest ihm verziehen und ihr könntet dort weitermachen, wo ihr stehen geblieben wart, aber so wie es scheint, kannst du das nicht. Vorhin, als er erfahren hat, dass du abgehauen bist, hat er mir bereits von eurem Kuss erzählt. Taddl macht sich schreckliche Sorgen. Du bist wohl der einzige Mensch, den er bisher noch nicht durchschauen konnte, weshalb du auch so faszinierend für ihn bist." "Ich will nicht faszinierend für ihn sein. Ich...", ich holte tief Luft, "ich glaube...ich glaube, ich liebe ihn." Jetzt war es raus. Für mich gab es kein zurück mehr, mein Todesurteil. Ardy seufzte: "Ich weiß. Ich wusste das von Anfang an. Jeder liebt Taddl, doch liebt er niemanden. Er sucht sich immer nur Mädchen, die er ein paar Male trifft, vielleicht sogar mit ihnen schläft, aber er hatte noch nie ein Mädchen länger als einen Monat." Ich sah Ardy traurig an. "Was soll ich denn tun?", fragte ich weinerlich, während meine Augen sich mit Tränen füllten. "Ich kann es dir nicht sagen, aber ich habe das Gefühl, dass du Taddl zu einem etwas besseren Menschen machst, aber ich will dir keine Hoffnungen machen.", er sagte das so sanft, dass mir die Tränen kamen. Ich konnte nicht mehr aufhören, die Verzweiflung, der Schmerz. Ardy nahm mich liebevoll in den Arm, drückte mich gegen seine Brust, es schien ihn dabei nicht zu stören, dass sein gesamtes T-Shirt nass wird.

Fame // Taddl (Reupload) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt