Gedankenverloren, nahezu verträumt, betrachtete Charlie diesen unglaublich charismatischen Mann nur wenige Meter entfernt. Wie er sich mit winzigen, fließenden Bewegungen zum Takt der Musik bewegte, sein Umfeld dabei aufmerksam beobachtete. Dieses Selbstbewusstsein, diese außerordentliche Ausstrahlung, welche ihn Umgab, sie regelrecht fesselte. „...Dass ich ausgerechnet dich mal so sehe", vernahm Charlie Vanessas amüsierte Stimme, welche sie erschrocken, beinahe ertappt zusammenzucken ließ: „Was?". Lachend schüttelte ihre alte Schulfreundin den Kopf, zwinkerte wissend: „So verliebt..." „Was?...Nein...das ist so.....nein", druckste Charlie perplex, winkte vehement ab, was Vanessas Grinsen nur noch breiter werden ließ: „Sicher....Erinnerst du dich an Tim Hofmann?...". „Was hat der jetzt damit zu tun?", erkundigte sich Charlie nun vollends verwirrt, sah die junge Frau dicht neben ihr mit großen Augen, voller Erwartung an. Wovon zum Teufel sprach sie da? „Du warst über beide Ohren verliebt....hast regelrecht gestrahlt, wenn er nur die Klasse betreten hat...aber ...", begann Vanessa und deutete unauffällig zu Patryk: „...aber nicht so wie bei ihm...". Charlie hob eine Augenbraue, schüttelte verständnislos den Kopf: „ ....du siehst Gespenster....das ist Unsinn". Verschwörerisch lehnte sich Vanessa zu ihr hinüber, auf ihren Lippen ein süffisantes Grinsen: „Sicher?". „Blöde Kuh....Ehrlich", schnaubte Charlie, schüttelte lachend den Kopf und schubste Vanessa von sich. „Was ist verkehrt mit ihm?", hakte ihre Freundin nun ernster nach. Eine Frage, welche Charlie innehalten ließ. Verkehrt? Nein, nichts an ihm war verkehrt. „Er ist....anders..." „Stimmt", warf Vanessa bestätigend ein: „...er ist sehr aufmerksam, höflich, charmant ... anders als die meisten anderen Männer...". Charlie atmete tief durch, hob schweigend die Schultern – Sie hatte Recht! „Ich würde....", registrierte sie erneut Vanessas Stimme, blendete sie jedoch aus, als ein adrett gekleideter Herr in anthrazitfarbener Stoffhose und weißem Hemd neben Patryk trat. Prüfend, nahezu unsicher sah sich der Herr mit zurückgekämmtem grauen Haar um, auf seinen Lippen ein zurückhaltendes Lächeln, bevor er dicht an ihren Begleiter herantrat. Irritiert hob Patryk eine Augenbraue: „Severin", bemerkte er knapp, worauf sein Gegenüber sichtlich schluckte: „Herr", flüsterte er leise. Patryk schüttelte kaum merklich den Kopf, trat unwillkürlich einen Schritt zurück, brachte offenbar bewusst Abstand zwischen sie, bevor er das Wort ergriff, ihm mit neutraler Miene seine Hand entgegenstreckte: „Patryk".
„...Charlie? Alles gut?", vernahm Charlie erneut Vanessas Stimme. Abrupt sah sie auf: „Wer..wer ist dieser Mann?", erkundigte sie sich ohne auch nur im Ansatz auf die Frage ihrer Freundin einzugehen. Vanessa zögerte, schien zu überlegen: „Severin Rupprecht... Anjas Vater...Wieso?". Charlie schluckte fest, ihr Puls beschleunigt, ihre Kehle wie zugeschnürt: „Was tut er hier? Ich meine, er ist doch...er war nie hier....", entfuhr es Charlie perplex, worauf Vanessa skeptisch eine Augenbraue hob: „Soweit ich weiß hat er seine Firma verkauft. Er ist im Ruhestand... hat wohl nun endlich Zeit für seine geliebte kleine Tochter...aber was tut das zur Sache?..."
„Patryk?", fokussierte sich Charlie unbewusst erneut auf das Gespräch der beiden Männer, beobachtete mit pochendem Herzen, wie der ältere Mann Patryks Hand ergriff, sie andächtig, beinahe sanft mit seinem Fingern umschloss. „...bitte...lass uns reden." „Nein", erwiderte Patryk kühl, schüttelte den Kopf und entzog seinem Gegenüber selbstbewusst seine Hand: „...du weißt, weshalb...", fuhr er mahnend fort, was nun Severin vehement den Kopf schütteln ließ. „Nein...das war ...das war alles ein Missverständnis...Ihr..." „Schluss damit", schnitt Patryk ihm mit leiser messerscharfer Stimme das Wort ab, sah sich prüfend um, bevor er einen Schritt auf den beinahe verzweifelt wirkenden grauhaarigen Mann zutrat. „Wage es nicht mich weiter zu belästigen...und nun verschwinde", knurrte er verbissen, worauf Severin ihn mit geweiteten Augen ansah, darin jedoch ein seltsames Funkeln. Zögerlich biss er sich auf die Unterlippe, senkte seinen Blick: „Bitte, Herr...", flehte er kleinlaut. „Verschwinde Severin...deine Tochter weiß wer ich bin...". Schlagartig weiteten sich die Augen des grauhaarigen Mannes: „Nein...das kann nicht sein" „Sie weiß es ...." „...sie kann es nicht wissen...darf es nicht...". Patryk schnaubte verächtlich, sein Kiefer sichtlich verhärtet: „Tu dir selbst einen Gefallen und stehe zu dem was du bist ...Ein schwuler, feiger Narr...", flüsterte er kaum hörbar, bevor er erneut einen Schritt auf ihn zutrat: „...Du kennst die Regeln: Verliebe dich niemals in deinen Herrn...Und jetzt GEH!", fuhr er warnend fort, hob seine Hand und stieß ihn mit Nachdruck von sich. Was?!
„...Anders...was hat das zu bedeuten, Charlie?", riss Vanessas Stimme Charlie abrupt aus ihrer Starre, sah sie mit geweiteten Augen an. Charlie schluckte, nestelte nervös an dem leichten, dünnen Stoff ihres Sommerkleides herum, bevor sie ausweichend den Kopf schüttelte: „Entschuldige mich...ich muss kurz...", hauchte sie mit brüchiger Stimme, stellte ihr Glas auf dem Tisch neben ihr ab und verschwand. Sie musste weg, musste begreifen, was sie da grade gehört hatte.
Charlie atmete tief durch, ließ sich auf die kleine Steinmauer am Rande des Gartens sinken und starrte auf den vor ihr liegenden Teich. – Verliebt -, hallten Vanessas Worte unversehens in ihrem Kopf wieder, dicht gefolgt von Patryks warnenden Worten. – Verliebe dich niemals in deinen Herrn -. Sie schluckte nachdrücklich, versuchte so den Kloß, welcher ihre Kehle schlagartig blockierte, loszuwerden. Hatte Vanessa Recht? Hatte sie sich in diesen Mann verliebt? Machte auch sie sich vor ihm zum Narren?
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DarkSide - Femme Fatale
RomanceCharlotte, von allen nur Charlie genannt, gelangt lediglich durch Zufall an eine Einladung der besonderen Art. Ein Abend im ‚DarkSide'. Einer der verruchtesten, anzüglichsten Clubs der Stadt. Wer hätte ahnen können, wohin eine einfache App sie führe...