Erkenntnisse

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Gedankenverloren strich Charlie sich eine Strähne aus dem Gesicht, beobachtete, wie die kleine zweijähre Janne mit ihren Hausschuhen kämpfe, ihre Hilfe jedoch vehement ablehnte.

Tatsächlich hatte sie Patryk am Abend zuvor nicht mehr zu Gesicht bekommen, so wie sie letztlich tatsächlich ohne Orgasmus seiner Anweisung Folge geleistet hatte und nach Hause gegangen war. Sie schnau bte leise, schmunzelte angesichts der Erinnerung daran. Dieser Teufel! Auch, wenn diese unendliche Erregung kaum auszuhalten gewesen war, sie innerlich nahezu verzehrt hatte, hatte es ihr auf ungeahnte Weise gefallen, sie in einen ihr gänzlich unbekannten, unbeschreiblichen Rausch versetzt. Eine süße Qual, die sie in ihrem Bett angekommen mit Leichtigkeit hätte beenden können und dennoch hatte sie es nicht getan, hatte sich nicht berührt. Hatte nicht einmal das Bedürfnis danach verspürt. Zu sehr hatte ihr diese unendliche Spannung, diese sengende Hitze, dieses unbeschreibliche Prickeln ihrer Nervenenden gefallen. Eine Erinnerung an ihren Abend, ihr Zusammentreffen mit Patryk.

„Guten Morgen", riss eine angenehm ruhige Stimme Charlie aus ihrer Trance. Erschrocken sah sie auf, vor ihr ein schlanker, unverschämt attraktiver braunhaariger Mann mit amüsiert aufblitzenden saphirgrünen Augen, auf seinen Lippen ein unglaublich sympathisches Lächeln: „Oh, Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken..." „Ähm...oh...nein. Alles gut. Ich war wohl in Gedanken, Entschuldigung...", erwiderte Charlie beinahe peinlich berührt, was ihren Gegenüber leise lachen ließ: „Um Himmels Willen, Sie brauchen sich doch nicht entschuldigen...zumindest nicht, wenn es schön dort war, wo Sie waren.", zwinkerte er keck und hob die Schultern. „...Lasse..., ich bin Magnus Vater", fuhr er charmant fort und reichte ihr höflich seine Hand, welche sie lächelnd entgegennahm: „Charlie, Erzieherin in der Wichtelgruppe". „Schade", grinste Lasse verschmitzt, was Charlie fragend eine Augenbraue heben ließ. „Nunja, Magnus ist in der Zwergengruppe". Charlie schmunzelte. Flirtete dieser Lasse etwa mit ihr? „Auch in der Zwergengruppe gibt es nette Erzieherinnen, Lasse." „...aber nicht so bezaubernde...", konterte er lässig, der Ausdruck seiner Augen beinahe schalkhaft. Tatsächlich! Er flirtete mit ihr. „Vielleicht sollte ich das Kompliment einfach an..." „Darf ich mal?", wurde Charlie abrupt von einer rauen, fast schon mürrischen Stimme unterbrochen. Eine Stimme, die ihren Herzschlag unwillkürlich beschleunigte, ihren Puls regelrecht zum Rasen brachte. Patryk! Doch was tat er bereits um kurz vor 7 im Kindergarten, so gar nicht seine Uhrzeit. Wo war Finja? „Ich unterhalte mich grade", erwiderte Lasse verständnislos und musterte Patryk mit hochgezogener Braue. „Schön...", lächelte Patryk überheblich, erwiderte seinen Blick mit beinahe lässiger Arroganz und deutete auf eines der Fächer hinter ihm „...und ich muss an dieses Fach". Lasse schnaubte: „Sie werden wohl zwei Minuten warten können." „...und zuschauen, wie Sie versuchen mit billigen Anmachsprüchen bei der Erzieherin meines Sohnes zu landen? Nein danke. Werden Sie kreativer oder gehen Sie mir aus dem Weg", konterte Patryk selbstbewusst, während er sein Gegenüber mit undurchdringlicher Mine taxierte. Was?! Sprachlos betrachtete Charlie die beiden Männer direkt vor ihr, einer attraktiver als der andere, wie sie zugeben musste, bevor sie beiläufig auf das Fach hinter ihnen schielte, skeptisch eine Augenbraue hochzog. Simons Fach! Wieso?! Irritiert sah sie zu Patryk, bemüht etwas aus seiner eisernen Mine herauszulesen, zu verstehen, weshalb er ausgerechnet dorthin musste. Schlagartig stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen. Nein! War er etwa eifersüchtig? Eifersüchtig, weil sie sich mit einem anderen Mann unterhielt, ein anderer Mann mit ihr flirtete? Nein – Das passte nicht! Nicht zu Patryk! Oder? Charlie atmete tief durch, grinste verschmitzt: „Sie können das ganz in Ruhe ausdiskutierten, aber ich müsste wieder an die Arbeit", feixte sie und schob sich bewusst zwischen den beiden Herren hindurch, wobei sie bewusst Patryks Körper zaghaft mit ihren Fingern streifte, ihn unwillkürlich, kaum merklich zusammenzucken ließ, und verschwand in ihrer Gruppe.

Schmunzelnd beobachtete Charlie Filip in der Bauecke, wie er akribisch an seinem Legoprojekt baute. Abgesehen von seinem blonden Haar, sah er seinem Vater unglaublich ähnlich. Die Augen, die feinen und doch gleichzeitig markanten Gesichtszüge, das verschmitzte Grinsen. Sie schüttelte den Kopf, zögerte, sah sich prüfend um und zückte unauffällig ihr Smartphone:

DarkSide - Femme FataleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt