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»Hier, für dich«, sagt Louis, als er wieder zu mir ins Wohnzimmer kommt, und mir eine Schmerztablette und ein Glas Wasser reicht.

Dankend nehme ich beides an und schlucke die Tablette mit einem Schluck Wasser runter.

Er setzt sich neben mich und legt eine Hand auf meinen Rücken.

»Wie geht es dir jetzt?«

Ich schnaube. »Wie soll es mir gehen...«

Er sieht mich an. »Vielleicht ist es ganz gut, wenn du erstmal eine warme Dusche nimmst. Ich mache dir etwas zu essen und gebe dir Klamotten von mir, okay?«

Ich bin so viel Liebe gar nicht gewöhnt, sodass ich nur dastehe und nicken kann.


Diese Dusche tut auf jeden Fall unglaublich gut, und für einen Moment stehe ich einfach nur da, mit geschlossenen Augen und lasse das warme Wasser auf meine Haut prasseln.

Nach der Dusche ziehe ich die graue Jogginghose und das T-Shirt an, welches ich von Louis bekommen habe und gehe ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die Couch setze, mein Bein hochlege und an die Decke starre.

Daphne habe ich kurz geschrieben, dass ich die Nacht bei Louis bleiben würde, da ich allein den Weg zurück nicht meistern könnte, mit meinem Fuß, aber auch mit meinem nicht-existierenden Orientierungssinn, und ich nicht wollte, dass Louis sich gezwungen fühlt, mich herumzukutschieren, wo er doch selbst nicht in einer guten Verfassung ist.

Ich fühle mich plötzlich leer, so als wäre all das nie passiert und Louis und ich würden uns nur wieder für einen Film treffen und dann kuscheln und uns am nächsten Morgen zum ersten Mal küssen.

Ich wünschte es wäre so, denn dann könnte ich es Elle gleich sagen und mir das ganze Drama hier ersparen.

Louis setzt sich zu mir, hat mir eine Pizza aufgewärmt und mir einen Tee gekocht. Ich setze mich hin und trinke erstmal einen Schluck dieses heißen Getränks.

»Konntest du auch schon mit ihr reden?«, fragt er neugierig, während seine Hand auf meinem Rücken auf und ab reibt.

Ich schüttle den Kopf. »Sie blockt total ab. Ich komme einfach nicht an sie ran. Ich hatte mit Gemma telefoniert und ihr alles erzählt...und ich hatte mit Daphne geredet. Naja, mehr oder weniger. Sie hat mich auf die Idee gebracht mit den Regeln. Regel Nummer 2: Wenn einer nach einem Streit das Gespräch sucht, dann muss dieses angenommen werden. Aber sie hat es nicht angenommen.«

Gedankenversunken ziehe ich den Teebeutel durch das Wasser, während Louis' Blick durchgehend auf mir liegt.

»Es fühlt sich falsch an, sie mit diesen Regeln zu konfrontieren, wo ich doch so viele gebrochen habe...Ich glaube wir haben uns einfach so sehr verändert, dass sie letztlich keinerlei Bedeutung mehr für uns haben.«

Ich sehe ihn an. »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, hauche ich mit Tränen in den Augen, »ich will sie nicht verlieren. Ich liebe sie doch, sie ist meine beste Freundin. Ich kann sie nicht verlieren.«

In Louis' Augen bilden sich ebenfalls Tränen, die er versucht mit einem sanften Lächeln zu überspielen.

Er streicht mir meine Haarsträhnen aus dem Gesicht und wischt mir mit seinem Daumen zärtlich die Tränen von den Wangen.

»Du hast sie nicht verloren«, sagt er, »überleg doch mal, wie lange seid ihr jetzt befreundet...«

Ich sage nichts.

»Neunzehn Jahre«, sagt er, »neunzehn Jahre seid ihr jetzt schon unzertrennlich, und wie oft habt ihr euch schon wegen irgendwelcher Sachen gestritten...Und ihr habt immer wieder zueinander gefunden. Wieso sollte es jetzt anders sein?«

Ich zucke mit den Schultern. »Weil ich ein Versprechen gebrochen habe...«

Sein Lächeln schwindet. »Hör zu, Harry, ich kann verstehen, wie du dich fühlst, und es tut mir wirklich leid, dass es jetzt so gekommen ist...«

»Wie gesagt, es ist nicht deine Schuld.«

»Ich trage eine Mitschuld, schließlich bin ich derjenige, der dich geküsst hat und-«

»Halt, Sekunde«, unterbreche ich ihn und stelle meine Tasse ab. Ich drehe mich zu ihm und nehme seine Hände. »Louis, es ist nicht deine Schuld. Ich habe ja gesagt, als du mich gefragt hast, ob ich mit dir zusammen sein will, wohlwissend, welche Konsequenzen unsere Beziehung für Elle und für mich mit sich bringt. Ich habe zugestimmt, weil ich dich liebe und du mich glücklich machst. Du hast nichts damit zu tun, dass es jetzt so ist, wie es ist. Und demnach werde ich mit ihr reden, ich will dich da nicht mit reinziehen. Ich liebe dich so unglaublich doll, Louis, so sehr habe ich noch nie jemanden geliebt. Und ich will, dass es zwischen uns für immer hält, genauso wie es zwischen mir und Elle hält. Ich bin derjenige, der das regeln muss.«

»Ich will dich da nicht allein durchgehen lassen«, widersetzt er, »wie du sagst, Harry, ich liebe dich. Ich liebe dich mehr, als ich jemanden je geliebt habe. Ich will, dass du glücklich bist, ich will, dass du sorgenfrei durchs Leben gehst, alles erreichst, was du erreichen willst.«

Sanft streicht er über meinen Handrücken.

»Du musst da nicht allein durch. Ich weiß, es ist schmerzhaft, es ist verdammt schmerzhaft, zu glauben, dass man seinen besten Freund verliert, und deshalb will ich nicht, dass du da allein durchgehst. Gib mir die Chance, für dich da zu sein, dir zu helfen. Als Bruder deiner besten Freundin stehe ich vielleicht nicht in der Position, dir zu helfen, zumal sie aktuell auch nicht gut auf mich zu sprechen ist. Aber dann gib mir die Chance, für dich da zu sein, als dein Freund; als jemand, der dich über alles liebt; als jemand, der Schmetterlinge im Bauch hat, wenn er deinen Namen hört; als jemand, dessen Herz höherschlägt, wenn du ihn berührst.«

Die Tränen laufen mir ununterbrochen über die Wangen.

Dann legt er beide seine Hände auf meine Wangen und schenkt mir ein Lächeln, welches noch nie so ehrlich war, wie jetzt.

»Du hast mir so oft geholfen«, sagt er leise, »jetzt lass mich einmal dir helfen.« 


A/N: EMOTIONAL DAAAAAAAMAGE 

My Best Friend's Brother [l.s.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt