20

338 34 0
                                    

Wir stehen im Hausflur.

Wir sind allein.

Schon im Auto habe ich mit dem Gedanken gespielt ihn einfach zu küssen, doch, wie man unschwer erkennen kann, habe ich den Mut dazu nicht aufbringen können, weshalb wir jetzt einfach dastehen und uns anschweigen.

Ich habe gerade Schuhe und Jacke ausgezogen, da kommt Elle die Treppe heruntergerannt und lässt mich mit ihrem Erscheinen wissen, dass meine Chance nun endgültig vertan ist.

Für immer?

»Da seid ihr ja endlich. Na, wie war euer Filmeabend?«

»Gut«, sage ich und werfe einen kurzen Blick zu Louis, der mich ebenfalls ansieht.

»Wir äh...haben einige Filme gesehen«, sagt er und ich muss schmunzeln, als ich sehe, wie rot seine Wangen plötzlich sind.

Elle sieht uns skeptisch an, sagt aber nichts weiter. Ich kann mich schon mal auf einige Fragen einstellen.

Sie hakt sich bei mir unter, doch in genau diesem Moment ertönt eine laute, feminine Stimme von oben, die durch das ganze Haus ruft: »Elle! Komm mal kurz!«

Elle rollt mit den Augen. »Was ist denn?!«

»Du musst mir kurz helfen!«

Elle löst sich von meinem Arm und seufzt. »Bin gleich wieder da.«

Etwas irritiert folge ich ihr mit meinem Blick die Treppe hinauf. Als sie nicht mehr zu sehen ist, drehe ich mich zu Louis, der plötzlich völlig nervös und verlegen scheint.

Wir sind wieder allein.

Was ist, wenn das hier meine zweite Chance ist?

Das kann nicht sein. So viel Glück kann ein Mensch im Leben gar nicht haben. Insbesondere ich nicht. Ich habe nie Glück.

Wir sehen einander einfach nur in die Augen und es scheint plötzlich, als würde die Zeit stillstehen.

Alles um mich herum verschwimmt und ich werde von ihm, von diesen blauen Augen, von diesem zaghaften, schüchternen Lächeln, in den Bann gezogen.

»Danke«, sage ich verlegen und kräusle meine Lippen, »für den schönen Abend. Für das Frühstück.«

Er lächelt. »Ich danke dir.«

Seine Hand liegt auf der Türklinke.

Über uns poltern Schritte auf dem Boden, und ich rechne damit, dass Elle gleich wieder die Treppe heruntergelaufen kommt.

Louis scheinbar auch, denn er drückt die Türklinke herunter, um das Haus wieder zu verlassen.

Doch die Schritte verstummen plötzlich, und er hält inne.

Ich presse meine Lippen zusammen, drehe unsicher meine Fußspitze auf dem Boden und sehe ihn erwartungsvoll an.

Dann schließt er die Tür wieder, geht einen Schritt auf mich zu und plötzlich passiert alles so schnell. Er legt eine Hand auf meine Wange und zieht mich sanft an sich, bevor er seine Lippen auf meine legt und sie für einen sanften Kuss miteinander verbindet.

Völlig überwältigt erwidere ich den Kuss und bewege meine Lippen sanft und langsam gegen seine.

Mein ganzer Körper ist schwach. Mein Bauch kribbelt, dieses Kribbeln strömt durch meine Adern bis in die Fingerspitzen und meine Knie werden so weich, dass sie zu zittern beginnen.

Seine Lippen, sie sind so warm und so wunderschön voll und weich, wie ein Wattebausch.

All das, wovon ich all die Zeit gehofft habe, dass es endlich passieren würde, ist passiert. Und mit diesem Kuss habe ich endlich das gefunden, wovon ich nie wusste, dass ich es gesucht habe.

My Best Friend's Brother [l.s.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt