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Diesmal habe ich nicht wegen des übrigen Jetlags nicht geschlafen, sondern wegen mangelnder Kompetenz an Verarbeitung unbedeutender Ereignissen.

Fast die halbe Nacht habe ich wachgelegen und darüber nachgedacht, was am Strand passiert ist.

Zuerst Dana, die mich viel zu sehr an Taylor erinnert und somit Dinge in mir auslöst, von denen ich immer glaubte, ich hätte sie mehr oder weniger erfolgreich überwunden.

Und dann auch noch Louis, der erst meint mir zuzwinkern zu müssen, und dann plötzlich über mir liegt und mich ansieht, als würde er einen Schritt wagen, den ich nicht mal wagen wollen würde.

Will ich nicht, oder? Oder? ODER?!

Fragen über Fragen und keine Antwort. Ich hasse Jetlag.

Am Morgen dann haben Elle und ich beschlossen in die Sea World zu gehen, und während sie sich fertig macht, sprich duschen und anziehen, was ich alles schon viel früher erledigt habe, beschließe ich in die Küche zu gehen.

Ich habe mir kurz etwas übergezogen – die Zeiten, in denen Daphne und Roderick mich nackt sehen durften sind schon seit fünfzehn Jahren vorbei, und die unglaublich hohen Temperaturen hier sind kein Grund, dies in Zukunft zu ändern.

Unauffällig tapse ich in Richtung Küche, aus welcher ich Stimmen vernehme.

Ich drücke die Tür vorsichtig auf und luge durch den Spalt hindurch, um sicherzugehen, dass ich bloß nicht in eine überaus private Situation gerate.

Oder im schlimmsten Fall Louis und Rebecca beim Knutschen erwische.

Den Anblick kann ich mir am frühen Morgen wirklich ersparen.

Die Luft ist rein, es sind nur Louis und sein Dad.

Aber immer noch Louis.

Und er sieht mich, so!

Jetzt ist es sowieso zu spät.

Ich drücke die Tür ganz auf und betrete die Küche mit einem selbstbewussten Lächeln. »Guten Morgen!«

Hier herrscht eine unglaublich dicke Luft, welche mich erschlägt, als würde ich gegen eine Wand laufen, und ich bleibe abrupt stehen.

»Morgen«, brummt Louis, der mit dem Rücken gegen die Arbeitsplatte gelehnt steht und genervt dreinschaut.

Ich muss schlucken.

Am Tisch sitzt Roderick, der eine Mappe in der Hand hält und immer wieder den Kopf schüttelt und sich die Schläfen reibt, während er die vielen Seiten liest.

»Störe ich?«, frage ich unsicher.

»Nein, kannst gerne bleiben, wenn dich sein Geschwafel nicht stört«, antwortet Louis.

Man, was für eine Laus ist ihm denn über die Leber gelaufen?

Er tritt einen Schritt zur Seite, damit ich an den oberen Schrank komme und mir ein Glas rausholen kann, und als er keinen einzigen blöden Kommentar bezüglich Schranköffner bringt, weiß ich, dass etwas nicht stimmt.

Roderick stöhnt auf. »Dieses Geschwafel wäre nicht nötig gewesen, wenn du deine Facharbeit ordentlich geschrieben hättest!«

»Ich habe 95 Prozent bekommen!«, protestiert Louis.

»Und wo sind die restlichen 5 Prozent?! Hm?!«

»Man da sind ein paar Fehler drin, na und?!«

»Nicht na und, Louis. Ich bezahle dir nicht dein Studium damit du einfach nur na und sagst.«

My Best Friend's Brother [l.s.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt