18 Die Qual der Ungewissheit

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Tatsächlich war die Leiche in diesem Haus Matts Bruder gewesen. Alessandro hatte ihn zwar nicht persönlich gekannt, wusste jedoch, dass er drei Jahre älter als Matt und schon vor längerer Zeit ausgezogen war. Nun würde er ihn wohl nie kennenlernen können.

Das alles ist nun schon eine Woche her und bis jetzt gab es keinen weiteren Mordfall. Doch es konnte jeden Moment wieder passieren, das war ihnen allen bewusst. Allerdings hatte Alessandro sich für heute etwas vorgenommen, das nichts mit alledem zu tun hatte. Er musste Matt einfach erzählen, dass Scarlett jemand anderen hatte, er sollte es wissen. Auch, wenn das bedeutete, ihm die ganze Wahrheit zu erzählen.
Er klopfte. Er wusste, dass Matt hier war, denn er hatte gesehen, wie er das Zimmer am Morgen betreten und nicht wieder verlassen hatte. Kurz hörte er etwas aus dem Inneren, dann öffnete sich die Tür. Zu seiner Überraschung war Matt, nicht so wie sonst von oben bis unten gestylt, sondern trug ein rissiges T-Shirt und eine ausgefranste Jeans. Seine Haare waren zerzaust und er sah Alessandro mit leerem Blick an. Vielleicht war es nicht der beste Zeitpunkt, ihm das Herz zu brechen, allerdings war er nun hier und es gab kein Zurück mehr.

»Ich wollte mit dir reden.«, sagte er darum.

»Okay.«, antwortete Matt träge.
Alessandro folgte ihm ins Zimmer. Sobald die Tür zu war, fiel er auch schon mit der Tür ins Haus.
»Du musst Scarlett vergessen!«
Matt wollte etwas erwidern, doch Alessandro ließ ihn gar nicht erst dazu kommen.

»Nein, sag jetzt nichts. Ich wollte nur, dass du weißt, dass sie jemand anderen hat. Ich wollte es dir nicht sagen, aber wenn ich dir das erzähle, muss ich dir auch noch etwas anderes erzählen. Vor zwei Wochen hat sie mir erzählt, dass sie Gefühle für mich hat…nicht für dich, aber ich hab ihr gesagt, dass ich nichts für sie empfinde, aber tja, das war ja dann auch egal. Sie hat zwar nicht gesagt, dass sie mit ihm zusammen ist, aber allein ihr Blick… Du hättest sehen müssen, wie sie ihn angestarrt hat und er sie ebenso. Dieses gierige Verlangen in den Augen der beiden… Vergiss sie!«

Damit hatte er seinen Monolog beendet und verließ den Raum, ohne darauf zu warten, dass Matt irgendetwas erwiderte.

Scarlett strich der Wind durchs Haar. Die kühle Brise tat ihr gut, nach allem, was passiert war. Ein paar Regentropfen fielen vom Himmel und trommelten rhythmisch auf den Steinweg. Außer dem, gab es nichts zu hören, keine Menschen, keine Autos und auch keine Magie. Zum ersten Mal, seit einer langen Zeit fühlte sie sich endlich wieder etwas besser.

Sie war im Park und wartete. Sie war mit Kane verabredet, sie musste sich einfach etwas ablenken. In der Ferne erkannte sie ihn schon an seinen roten Haarspitzen und den gemütlichen Klamotten. Er trug eine dünne Jeansjacke und eine weite Jogginghose. Er lächelte sie an, als er ankam und schloss sie kurz in die Arme. Sein Duft wehte zu ihr hinüber. Er roch nach Deo, Schweiß und Regenwasser. Er strich über ihr Haar, das tropfnass an ihrem Rücken klebte.

»Danke, dass du gekommen bist.«, flüsterte sie ihm zu.

»Natürlich bin ich gekommen.«
Sie liefen ein kurzes Stück und setzten sich daraufhin auf die nächstbeste Bank. Im strömenden Regen saßen sie dort und sahen auf eine Wiese hinaus. Das Gras wirkte in der Nässe so leuchtend grün, sodass es schon unwirklich aussah. Scarlett hatte nicht damit gerechnet, dass es so stark regnen würde und saß nun in einem kurzen Shirt und Jeans im Regen. Sie fröstelte leicht und rieb sich mit den Händen über die Arme.

»Ist dir kalt?«, fragte Kane.
Doch ohne auf ihre Antwort zu warten, zog er seine Jacke aus und reichte sie ihr. Darunter trug er nur einen dünnen grauen Wollpulli. Dankend nahm sie die Jacke entgegen und streifte sie sich über.

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt