20 Was kein Ende nehmen mag

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Tief. Immer weiter und tiefer fiel Scarlett. Vor ihr zogen Gebäude vorbei, hohe Wolkenkratzer, die wie Kristalle in dieser endlosen Dunkelheit wirkten. Dann war da wieder nichts. Leere trat in Scarletts Blickfeld. Sie war erschöpft, doch sie konnte nicht stehen bleiben. Ihr Blick haftete an etwas, das sie nur mit Mühe zu beschreiben vermochte. Ein Punkt, in der Ferne. Er war so winzig, dass man ihn kaum bemerken konnte, und doch war seine Erscheinung in dieser ewigen Schwärze so eindeutig, wie nichts anderes. Immer näher kam sie diesem Fleck, bis er verschwommen in aller Größe vor ihr stand. Das Farbenspiel aus Braun- und Rottönen, aus dem er bestand, war eindrucksvoll, doch irgendwie schauderte es Scarlett auch davor. Dann zuckte ihr Blick weiter, ins Innere dieses Kleckses. Etwas war dort zu beobachten, doch was es war, vermochte Scarlett nicht zu sagen. Sie erkannte bloß verschwommene Flecken, die hin und her rückten.
Plötzlich erfasste sie ein eisiger Wind, der sie weiter trieb. Wieder einmal sah sie etwas vor sich. Und wieder war es nur verschwommen und verzerrt zu erkennen. Ein kleines blitzendes Etwas wanderte vor ihren Augen durch die dunkle Umgebung. Aus ihm heraus sah sie einen schwach leuchtenden Faden schweben. Die Schnur war blass und durchscheinend, und doch war sie da. Da war auch noch etwas, das von einem hellen Blau war, aber was es war, konnte sie nicht feststellen. Dann war es, als würde man ihr den Boden unter den Füßen wegziehen und sie stürzte wieder in die Tiefe.
Sie fand sich wieder vor dem Braun Roten Klecks, den sie zuvor gesehen hatte. Dieses Mal wirkte er allerdings mehr wie ein kleines Haus und war etwas weniger verschwommen. Dann sah sie wieder das Innere davon, wo sich ein Geschehen ereignete, was sie nun durch eine Art Fenster erkannte. Und das in dem Haus, schienen Menschen zu sein, die aufeinander einschlugen. Gesichter oder Konturen konnte sie keine erkennen. Doch plötzlich rückte das alles in den Hintergrund, denn vom Horizont aus, in dem sie vorher nichts als Schwärze gesehen hatte, loderten nun riesige Flammenwälle, die alles um sich verschlangen. Immer näher kam das Feuer, Flammen züngelten am Grundriss des Hauses, bahnten sich ihren Weg. Nach einiger Zeit war nichts mehr übrig und auch Scarlett schienen die Flammen verschlingen zu wollen. Immer näher kamen die loderndheißen Flammen. Funken stoben durch die Luft, Rauch und Asche vernebelten ihr die Sicht. Scarlett begann zu husten, als sie den Rauch einatmete. Er erstickte sie innerlich. Noch bevor das Feuer sie erreichte flackerte das Licht vor ihr und sie schaffte es kaum, die Augen offen zu halten. Sie konnte nicht mehr und sie wollte auch nicht mehr. Einfach die Augen schließen und gehen, das war in diesem Moment ihr einziger Wunsch, damit die schreckliche Atemnot endlich endete. Doch bevor sie sich alldem hingeben konnte, fiel sie wieder, schneller und weiter, als vorher. Ihre Kräfte verließen sie und sie fiel ins Nichts…
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Scarlett schlug die Augen auf. Schweißgebadet setzte sie sich auf, es war nur ein Albtraum gewesen. Noch immer zitterte sie am ganzen Körper und sie blickte unruhig in dem dunklen Zimmer umher. Alles war still. Keine Flammen. Keine verschwommenen Gestalten. Keine Leere. Erleichtert atmete sie auf. Sie dachte, sie hätte diese Albträume schon vor einiger Zeit abgeschüttelt, doch dem schien nicht so zu sein.

Während sie aufstand knarrte das Bett unter ihr. Als sie auf die Uhr sah, zeigte diese halb fünf an. Sie sollte noch schlafen, doch nach diesem Traum? Nein, zu groß war die Angst, dass sie erneut in dieses ewige Feuer geraten würde.

Sie schaltete das Licht an und blinzelte ein paar Mal, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen.

Die nächsten zwei Stunden verbrachte sie schweigend mit auf und ablaufen, Hauptsache nicht schlafen! Dann wandte sie sich erneut an ihr Smartphone und schrieb Kane eine Nachricht. Als das Display dunkel wurde, hörte sie schon das vertraute pling. Kane hatte geantwortet.

»Oh, was ist denn passiert? Egal, sag es mir einfach gleich, wir treffen uns im Park.«, damit endete seine Nachricht.
Scarlett hatte ihn nach einem Treffen gefragt und er hatte eingewilligt. Rasch warf sie sich eine dick gepolsterte Jacke über und öffnete ein Portal.

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt