41 Ein Kaffee war das nun wirklich nicht

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Der Duft von Kaffee und Tee hing in der Luft. Das Café war gut gefüllt, als Scarlett es betrat. Das Schachbrettmuster der Fliesen passte gut zu der cremefarbenen Tapete. Im hinteren Bereich erkannte sie schon Samantha, die an einem runden Tisch saß und auf sie wartete. Ihre himmelblauen Augen blickten nicht freundlich und offen, wie sie es sonst kannte, sondern ernst und verschlossen. Leicht verwirrt setzte Scarlett sich zu ihr. Sie hatte ihr am Morgen eine SMS geschrieben und sie gebeten, heute hierher zu kommen, woran sie sich gehalten hatte. Doch allmählich fragte sie sich, weshalb Samantha sie sehen wollte.

»Warum wolltest du dich mit mir treffen?«, fragte sie darum.

»Darf ich mich nicht einfach so mit dir treffen? Brauche ich einen Grund?« Sie lachte bitter.

Von der Feindseligkeit ihrer Worte erschüttert, rutschte Scarlett unwillkürlich ein Stück mit ihrem Stuhl zurück.

»Was ist los? Wieso redest du so, als wären wir keine Freunde?«

»Tu doch nicht so, als wären wir das noch. Seit du mit diesen ›Auserwählten‹ zu tun hast, bist du nicht mehr dieselbe.«

Scarlett zuckte zusammen und hoffte, dass niemand ihr Gespräch mit anhörte. Doch das Café war so gut gefüllt, dass es zu laut war, um am nächsten Tisch verstehen zu können, was Samantha sagte.

»Du hast unsere Freundschaft kaputt gemacht. Nur wegen dir ist Amanda...Sie ist...« Samanthas Stimme versagte.

Sie schlug die Hand auf den Tisch und stand auf, was Scarlett erneut zusammenzucken ließ.

»Vergiss es einfach!«, schrie sie. »Ich will nur, dass du weißt, dass ich dich nie wieder sehen möchte.«Damit drehte sie sich um und stürmte aus dem Café.
Was soll das?!, war die erste Frage, die Scarlett durch den Kopf schoss.

Unangerührt stand Samanthas Tasse Kaffee weiterhin auf dem Tisch - der einzige Hinweis darauf, dass sie überhaupt hier gewesen war. Einen Moment lang starrte sie ihr einfach nur nach, dann erwachte sie aus ihrer Starre und setzte sich ebenfalls in Bewegung. Sie rannte aus dem Café und blickte sich nach Samantha um. Egal, was sie gesagt hatte, sie konnte ihre Freundschaft nicht einfach so aufgeben. Einige Meter entfernt erkannte sie die roten Locken, nach denen sie gesucht hatte. Sie sprintete Samantha hinterher, die ebenfalls in rasantem Tempo unterwegs war. Mit einer schnellen Kurven bog Samantha in eine schmale Gasse. Scarlett folgte ihr. Doch sie war nicht schnell genug, immer weiter lief Samantha durch den engen Weg. Plötzlich schien es allerdings, als würde sie von irgendetwas aufgehalten werden und fiel zu Boden. Scarlett stolperte, als ein kurzer Schock sie durchfuhr. Dann lief sie zu Samantha, die sich langsam wieder aufrappelte, und hielt neben ihr an. An ihrer Stirn war ein Schnitt zu erkennen, aus dem Blut hervorquoll, den sie sich beim Sturz auf die Gehwegplatten zugezogen haben musste. Doch sie hatte in diesem Moment keine Augen für sie, sondern musterte den Weg vor sich, über dem sich ein paar Schlieren durch die Luft zogen und wie wabernder Nebel über den Boden krochen. Sie streckte ihre Hand danach aus - und traf auf Widerstand. Wie eine stählerne, undurchdringliche Wand. An mehreren Stellen tastete sie nach einer Lücke, doch da war keine. Wie eine unsichtbare Mauer. Sie hatte eine Ahnung, was es mit dieser Wand auf sich haben könnte. Diese war jedoch alles andere als gut.

Schnell zog sie Samantha, die sich die Schläfen rieb, am Arm auf die Beine.

»Ey, was...« Samantha verstummte.
Allerdings nicht wegen Scarlett, sondern wegen etwas hinter ihr, was sie mit den Augen fixierte. Scarlett drehte den Kopf zur Seite und erkannte einen Mann, der wenige Meter entfernt stand und sie mit Blicken aus seinen cyan blauen Augen taxierte. Das blonde Haare fiel ihm ins Gesicht, doch Scarlett hätte ihn allein aufgrund dessen, was er in den Händen hielt, erkannt: der Arany fésú.

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt