19 Ein Abschied auf unbestimmte Zeit

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Sie presste ihren Finger auf die verrostete Klingel des vierten Stocks. Scarlett hätte auch ihren Schlüssel benutzen können, doch sie wollte, nun da sie in der Station wohnte, nicht einfach unangekündigt rein platzen.
Es war der nächste Tag und Scarlett hatte sich dazu entschlossen, ihre Mutter zu besuchen, bevor morgen ihre Abreise an stand.

»Wie schön, dass du vorbeigekommen bist.«, sagte ihre Mutter, während sie sie fest umarmte.

»Natürlich bin ich dich besuchen gekommen« Scarlett erwiderte die Umarmung.

»Wollen wir in die Stadt und ein Eis essen gehen?«,fragte sie Scarlett.
»Ja, gerne.«, antwortete sie bloß.
Nachdem Scarletts Mutter ihre Sachen gepackt hatte, machten sie sich auf den Weg ins nächste Eis Café.

»Seit wann weißt du es?«
»Was meinst du?«, wollte Scarletts Mutter wissen.

»Seit wann weißt du, dass du die Wohnung nicht mehr bezahlen kannst?«
»Seit einiger Zeit…«
»Wieso hast du mir nichts gesagt?« Scarletts Ton machte klar, dass es sie verletzte.

Mittlerweile saßen sie an einem kleinen Tisch mit drei Stühlen und hatten sich beide eine Eiswaffel bestellt. Ihre Mutter schwieg.

»Ich bin kein kleines Kind mehr, du kannst mir sowas sagen. Ich hätte…Ich hätte alles getan, um dir mit der Wohnung zu helfen.«

»Das weiß ich.« Sie lächelte Scarlett sanft an. »Wie ist es eigentlich in der neuen Schule?«, versuchte sie, vom Thema abzulenken.

»Ja, es ist gut.«, meinte Scarlett nicht sehr überzeugend, während sie ihr Eis nahm, was ein Kellner ihr brachte.
Sie hatte kaum noch daran gedacht, dass ihre Mutter dachte, dass die Station eine Schule wäre.

»Wirklich?«
»Ja.« Scarlett versuchte sich an einem beruhigenden Lächeln.
»Scarlett, nur weil ich momentan Probleme mit der Wohnung habe, brauchst du dich mit deinen nicht zurückhalten. Ich sehe dich, dass irgendetwas nicht stimmt.«, sagte ihre Mutter, während Scarlett ein Stück Waffel von ihrem Eis abbiss.

Scarlett wollte ja mit ihr reden, doch das ging schlecht, ohne ihr von all den Dingen, die sie nicht wissen sollte, zu erzählen. Sie hatte ihr gerne erzählt, was sich für schreckliche Morde ereignet hatten, von ihrer schwarzen Magie und wie sehr es sie mitnahm, doch es ging nicht. Es ging einfach nicht.

»Es ist wirklich alles in Ordnung, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«, sagte sie so authentisch, wie sie es nur konnte.»Wer ist eigentlich dieser Freund, bei dem du unterkommst. Du hast mir noch nie von ihm erzählt.« Es war tatsächlich höchst selten, dass sie eine Person aus dem Leben ihrer Mutter nicht kannte. Außerdem hatte sie kaum mehr Kontakt zu anderen Leuten. Vor ein paar Jahren hatte ihr Vater sie verlassen und seitdem nichts mehr von sich hören lassen und Scarlett dachte nur noch selten an ihn. Sie wollte ihn auch nicht mehr in ihrem Leben haben, er hatte sie schließlich auch aus seinem verbannt.

»Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen… Das letzte Mal war vor zwanzig Jahren, als wir von der Highschool aufs College gewechselt haben. Sein Name ist Jack Lawson. Durch eine Website habe ich wieder Kontakt zu ihm aufgenommen.«, erklärte sie.

Scarlett aß das letzte Stück Waffel ihres Eis'. Sie erwiderte etwas Ausdrucksloses und kurz darauf machten sie sich auf den Weg zurück zur Wohnung.
»Dieser Jack, wieso lässt er dich bei ihm leben?«, fragte Scarlett während die Sonne am Horizont schon langsam unterging und die Dämmerung einsetzte.

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt