37 Omniscius

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Klopf. Klopf. Klopf. Dann das Ächzen von Holz. Blinzelnd öffnete Scarlett die Augen. Langsam wurden die Umrisse und Schatten, die sie sah wieder schärfer und sie erkannte Matt, der im Türrahmen stand. Sie selbst lag noch immer in Alessandros Bett. Dieser hingegen schlief noch, mit einem Arm um sie gelegt.

»Heilige Scheiße…«, murmelte Matt mit weit aufgerissenen Augen.

Dann drehte er sich um und knallte die Tür hinter sich wieder zu. Dieses Geräusch weckte nun auch Alessandro, der bis jetzt seelenruhig geschlafen hatte.

»Was war das?«, fragte er blinzelnd.

Seine Haare waren vom Schlaf verwuschelt und seine Augen schienen noch trüb vom Morgen.

»Matt war gerade hier…und hat uns zusammen gesehen.«, sagte sie, wobei die Bedeutung ihrer Worte nur langsam zu ihr durchdrang.

»Was?!« Sofort stand er auf. »Warte hier, ich kläre das.«

...

»Das war nicht, wonach es aussah!«, bestand Alessandro, als er im Flur vor Matt stand.

»Ach ja? Ich glaube ihr zwei hattet eine heiße Nacht gestern. Es ist keine Schande das zuzugeben, Alessandro.« Der neckende Unterton in seiner Stimme provozierte Alessandro.

Wieso musste Matt immer etwas sehen, wo nichts war? Er hätte gerne eine Nacht mit Scarlett verbracht, so wie Matt es glaubte. Er würde ihr gerne näher kommen. Nur leider war nichts davon möglich. Er wollte ihr nicht weh tun. Erst recht nicht, nachdem er erfahren hatte, was Kane ihr angetan hatte. Da brauchte er sie nicht auch noch verletzen.

»Nein, Matt.«, sagte er. »Da ist nichts. Und das ist auch besser so.«, fügte er leise hinzu.

»Wieso nicht?«, fragte dieser. »Warum nicht?«, fragte er noch einmal. »Sie mag dich und du sie auch, was ist dein Problem?«

»Vergiss es einfach.«, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und ging wieder.

Es hatte einfach keinen Zweck mit Matt zu reden. Wie sollte er auch, wenn er die ganze Zeit fragen stellte, die Alessandro ihm nicht beantworten konnte? Doch Matt schien dieses Mal nicht so leicht aufgeben zu wollen. Er spürte wie Matts Hand seinen Arm packte. Auch wenn Matt mehr Sport trieb als er, war es für Alessandro eine Leichtigkeit sich aus seinem Griff zu befreien und weiter zu laufen, als wäre nichts geschehen.

»Warte!«, rief er ihm nach.

Doch Alessandro ignorierte ihn einfach. Es fiel ihm alles andere als leicht, aber er durfte nicht nachgeben. Es war besser einfach zu verschwinden, das war das wichtigste, das er in den vergangenen Monaten gelernt hatte: Mit Worten machte er alles nur schlimmer, die Stille hingegen ließ ihn aufatmen. Also ging er auch dieses Mal einfach weiter und ließ Matt nicht an ihn heran. Er ließ niemanden an sich heran.

»Warte, verdammt!« Er hörte, wie Matt auf den Boden stampfte, sodass dieser unter seinen Füßen vibrierte.

Erneut musste er ausblenden, was um ihn herum geschah. Egal, wie weh es tat.

...

Es dauerte tatsächlich einige Zeit, bis Alessandro wieder zurückkam. In der Zwischenzeit hatte Scarlett etwas Zeit zum Nachdenken gehabt, wobei ihre Gedanken wieder auf Skylar kamen, die sie völlig vergessen hatte. Allerdings verwarf sie die Idee, nach ihr zu sehen, schnell wieder, da ihr klar war, dass Skylar sich mit Sicherheit längst aus dem Staub gemacht hatte. Angestrengt versuchte sie nicht an Kane zu denken, was leichter gesagt war, als getan. Sie versuchte an ihre Mutter zu denken, doch dadurch fiel ihr auch Kane wieder ein - und das Abendessen bei ihr mit ihm. Er hätte ihre Mutter töten können. Diese Vorstellung war so erschütternd und zugleich so reell, dass eine Gänsehaut ihr Rückrad hinab jagte.

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt