34 Das Messer der Angst

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Es gab keinen Ausweg. Kein Entkommen. Keine Magie. Das wurde Scarlett von Sekunde zu Sekunde bewusster. Sije lächelte nur selbstgefällig, doch Scarlett wollte sich von ihm nicht aus der Ruhe bringen lassen.

»Einbrecher!«, schrie sie, in der Hoffnung, ein paar der Wachen, die doch irgendwo hier sein mussten, zu informieren.

»Mit wem redest du? Dir selbst?« Sije lachte in sich hinein. Seine Zähne waren seltsam weiß, wie die in den unzähligen Werbungen.

Scarlett ging nicht auf seine Bemerkung ein, sondern sah sich weiter nach den Nachtwächtern um.

»Oh, es wird niemand kommen.«, sagte Sije, als er ihren Blick bemerkte.

Er kam ein paar Schritte näher, bei jedem von diesen klackten seine Schuhe knallend auf den Boden. Sie waren aus schwarzem Leder. Zudem trug er einen schwarzen Anzug mit Krawatte, was ihn eher wie einen Anwalt, als einen Mörder erscheinen ließ. Seine Augen funkelten gefährlich. Sein Lächeln war steif und als er wieder lachte, verkrampfte Scarlett sich. Sie wollte sich davonmachen, noch hatte sie die Chance dazu. Doch sie konnte sich keinen Millimeter bewegen. Mit aller Kraft spannte sie ihre Muskeln an, aber sie konnte sich einfach nicht bewegen. Sie schielte zur Seite und sah, dass Matt sich ebenfalls nicht bewegen konnte.

»Ihr solltet sehen, wie hilflos ihr ausseht.«, schmunzelte Sije. Dieser Mann war böse, durch und durch.

Er schien sich an ihrem Leid zu ergötzen, wie ein Aasfresser an einem Kadaver. Sein blondes Haar glänzte im goldenen Licht des Kamms, das allerdings weiterhin auf Matt und Scarlett gerichtet war. Immer weiter näherte er sich ihr und sie konnte nichts dagegen ausrichten. Wie sehr wünschte sie sich in diesem Moment nie mit all dem hier in Berührung gekommen zu sein. Weder mit der Magie, noch mit den T. S. O. M.
Als er direkt vor ihr war, blieb er stehen und musterte sie durchdringend. Er sah ihr so tief in die Augen, dass sie schauderte.

»Interessant.«, murmelte er. »Du bist clever, Scarlett Rains, das muss ich dir lassen.« Er schmunzelte, als er ihr Entsetzen sah.

Woher kennt er meinen Namen…?
»Tut mir leid, dass ich nicht auf deinen kleinen Trick reinfalle.« Mit jedem Wort wurde seine Stimme lauter. Und dann…

Dann konnte sie sich nicht wehren, nicht die Augen schließen, als er seine Finger danach ausstreckte. Als er ihren Augapfel berührte, brannte es, sie hatte den Reflex zu blinzeln, aber es ging nicht. Dann entfernte er die Kontaktlinsen aus ihren Augen. Er ließ sie auf den Boden fallen, bevor er sich die Fingerspitzen an seinem Anzug trocknete.

»Das«, sagte er. »Ist dein wahres Gesicht. Dein wahres Selbst.«

Er schien genau zu wissen, wie tief diese Worte sich in den letzten Wochen in ihr Bewusstsein gefressen hatten…Und wie sehr sie sie verletzten. Sie hatte nun keinen Zweifel mehr daran, dass er auf irgendeine schräge Art ihre Gedanken lesen und durchforsten konnte.

Er kam noch ein Stück näher.
»Was willst du?«, stieß sie irgendwie hervor. Der Schweiß tropfte von ihrem Kinn. »Mich tot sehen?«

»Hmm, vielleicht.«, flüsterte er an ihrem Ohr. Sein Atem kitzelte ihre Ohrmuschel. Seine Stimme war rau und entsetzlich ruhig.

»Warum tust du es dann nicht?!«, schrie sie ihn an. »Warum tötest du mich nicht hier und jetzt?«

Sie spürte die Tränen, die aus ihren Augen rannen und sich mit dem Schweiß auf ihrer Haut vermischten. Es war vorbei. Sie wusste es. Hier und jetzt.

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt