Kapitel 6

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Theodore

Theodore gefror das Blut in den Adern, als er die Wölfe reden hörte. So selbstsicher. Er musste sich Mühe geben, nicht zu zittern oder zurückzuweichen.

Er musste sich garnicht erst umgucken, um zu wissen, dass die anderen weit in der Überzahl waren. Trotzdem hob er gebieterisch den Kopf und trat einen Schritt vor.

„Ich bin Theodore, der Prealpha des hier lebenden Rudels!" Die fremden Wölfe lachten nur. Der große Dunkelgraue zuckte wenig interessiert mit den Ohren und hob ebenfalls die Wolfsnase in die Höhe.

„Ein Prealpha, wie süß. Ich heiße Trevor, aber dass musst du dir nicht merken, denn für dich bin ich immer noch Alpha." Theodore blickte Trevor ungläubig an. Ein Alpha? Der ist doch maximal ein bis zwei Jahre älter als ich. Der ist viel zu jung für eine so große Rolle!

„Na, bekommst du jetzt Angst?" Die Wölfe betrachteten immer noch Theodore. Dieser bohrte die Krallen in den Boden, um sich die Überraschung nicht anmerken zu lassen.

„Das hier ist unser Revier! Wenn ihr das nicht respektiert müsst ihr gehen!" Theodore knurrte die Worte förmlich. Das schien der Alpha nicht auf sich sitzen lassen zu wollen.
„Sagt wer? Du hast uns überhaupt nichts zu sagen!" Die anderen Wölfe johlten ihre Zustimmung.

„Vielleicht wäre es besser, wenn ihr geht." Nun blickte Theodore zu dem kleineren schwarzen Wolf mit den roten Sprenkeln. Diesem schien Theodores Überraschung über seine Unterbrechung aufgefallen zu sein.

Der Wolf verneigte sich, aber es war keine Geste der Höflichkeit. Es war fast schon verspottend.
„Mein Name ist Timothy und ich bin sowas wie der Vertretungsbeta hier!" Nun war Theodore noch verwirrter.

Vertretungsbeta? Etwa bis Trevor seine Mate gefunden hat? So funktioniert das doch alles nicht. In diesem Rudel scheint sich jeder seine Regeln selbst biegen, wie es ihm gerade passt.

Theodore merkte, wie die anderen Wölfe um ihn herum langsam ungeduldig wurden. Sie fingen an die Zähne zu fletschen, als würde ihnen das Gespräch schon zu lange gehen. Madelyn warf ihm vorsichtig einen unsicheren Blick zu. Er schien auszusprechen, was Theodore dachte.

Das ist zwar unser Revier, aber wir sind nur zu zweit. Wir können unmöglich gewinnen, sollte es zum Kampf kommen. Außerdem darf uns nichts zustoßen. Was soll aus unserem Rudel werden, wenn es Prealpha und Prebeta verliert?

Theodore riss sich zusammen und schluckte schweren Herzens seinen Stolz herunter. Die anderen Wölfe beobachteten knurrend, wie er langsam zurückging. Madelyn tat es ihm wiederwillig nach.

Auch sie hatte mit sich selbst zu kämpfen, um diesem Rudel nicht das dreckige Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Trevor entspannte sich, als er sah wie seine Gegner nachgaben. Er schnippte arrogant mit dem buschigen Schweif.

„Ich rate euch, uns nicht in die Quere zu kommen. Sonst wird es noch sehr ungemütlich für dich und deine kleine Freundin." Theodore hatte noch nie einen Wolf gesehen, der so von sich selbst überzeugt war.

Trevor schien es nicht zu kümmern, was sein Rudel davon hielt. Er verließ sich blind auf seine Rudelmitglieder. Falls man sie überhaupt so nennen konnte. Sie wirkten eher wie Untertanen, die alles taten, um ihrem Alpha zu gefallen.

„Geht! Jetzt!" Trevor hatte die Hinterläufe in den Boden gestemmt und knurrte. Theodore wollte es nicht darauf ankommen lassen und so wirbelte er herum und verfiel in einen langsamen Trab. Madelyn tat es ihm gleich. Auch sie war sichtlich angespannt und sehr nervös, wie die Wölfe reagieren würden.

Doch diese standen einfach nur da und beobachteten sie. Sie machten sich nicht die Mühe, den beiden Wölfen noch zu folgen oder sie zurechtzuweisen. Was wahrscheinlich auch besser so war. Ich weiß nicht, ob ich mich nochmal beherrschen könnte.

Als die Wölfe langsam nicht mehr zu sehen waren, fing Theodore an zu rennen. Er musste sich nicht mit Madelyn absprechen. Bloß weg von hier! Der Wald öffnete sich schon wieder, als sie endlich langsamer wurden. Der hellbraune Wolf ließ sich auf den Boden fallen und keuchte.

„Na das war ja mal was!" Madelyn musste lachen, der Schock war verschwunden. Es war kein glückliches Lachen, mehr Erleichterung, dass sie noch lebten.

„Aber das war gefährlich, wir müssen die anderen warnen. Lass uns zum Waisenhaus gehen." Theodore war wieder ernst geworden und Madelyn nickte mit besorgten Blick.

Also kein Shopping. Eigentlich hätte Theodore sich freuen sollen, aber er spürte nichts außer Furcht.

Mate of my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt