Kapitel 9

57 10 0
                                    

Madelyn

Madelyn atmete die stickige Luft ihres Zimmers ein. Sie hörte den Wind pfeifen. Schnee fiel gegen die Fensterscheibe ihres dunklen Zimmers. Sie wälzte sich in ihrem Bett hin und her.

Selbst in ihrem Zimmer fand sie keine Ruhe. Draußen war es längst dunkel und seit der Versammlung im Rudelhaus waren einige Stunden vergangen. Sie hatte sich dort schon kaum auf das Gesagte konzentrieren können.

In ihrem Kopf waren tausend andere Dinge, die sie einfach nicht vergessen konnte. Doch am schlimmsten war diese Leere.

Es war, als hätte jemand einen Teil ihres Herzens entfernt, als hätte jemand es rausgerissen und ein großes dunkles Loch hinterlassen. Sie atmete genervt aus.

Wenn es dann auch noch so warm war, wie sollte sie schlafen? Ich brauche frische Luft! Sie schlüpfte leise aus dem Bett. Die bedrückende Schwere lag immer noch auf ihrem Herzen und schnürte ihr die Luft ab.

Leise und mit kleinen Schritten schlich Madelyn zur Zimmertür. Diese knarzte ein bisschen, als sie diese öffnete. Ein kühler Luftzug kam ihr entgegen.

Das gab ihr Hoffnung und wie hypnotisiert folgte sie der kühlen Luft. Sie wollte endlich richtig atmen. Der Luftzug wurde von eiskalter frischer Luft abgelöst, als sie die Wohnungstür aufriss. Sie stolperte erleichtert nach draußen.

Das Madelyn barfuß war und nur ein dünnes Nachthemd trug, störte sie nicht. Der Schnee unter ihren Füßen fühlte sich wie eine Erlösung an und die Schneeflocken, die in ihren Haaren hängen blieben, waren angenehm kalt.

Sie nahm ein paar tiefe Atemzüge. Der Wind fuhr ihr durch die dunkelbraunen Locken. Doch auch jetzt musste sie enttäuscht feststellen, dass das Gefühl um ihr Herz zwar in den Hintergrund rückte, aber nicht verschwand.

Sie entfernte sich langsam ein paar Schritte vom Haus, in der Hoffnung, es würde sie wenigstens ein bisschen freilassen. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, mittlerweile stand sie zwischen den ersten schneebedeckten Kiefern des Waldes.

Doch sobald sie sich nicht mehr neben ihrem Haus befand, bereute sie es auch schon. Auf einmal hatte sie das Gefühl, als würde ein Augenpaar sie durchbohren. Alle ihre Sinne schrieen ihr zu, näher zu kommen und nach diesem Augenpaar zu suchen, bis sie es gefunden hatte. Gerade noch rechtzeitig wurde sie von ihrer Vernunft zurückgehalten.

Dummkopf! Wir haben heute den anderen noch einen Vortrag darüber gehalten, wie gefährlich dieses fremde Rudel ist und du willst in den Wald gehen, um einem Augenpaar zu folgen, das zu wer weiß schon welchen Wesen gehört.

Madelyn hob den Kopf ein Stück und knurrte. All ihre Instinkte wehrten sich gegen dieses Geräusch, als bestände keine Gefahr, als wären diese eisblauen Augen vertraut. Sie glänzten im dunklen Schatten einer großen Kiefer und schienen sie zu rufen.

„Wer auch immer du bist, wehe du kommst näher! Sonst kriegst du meine Krallen zu spüren." Es störte Madelyn nicht, dass sie in diesem Moment offenbarte, dass sie kein Mensch war.

Ich habe das Gefühl, dieses Wesen weiß eh schon Bescheid. Sie warf noch einen nachdrücklichen Blick in die Richtung und drehte sich dann um. Sie wollte sich wieder zurückdrehen, sehen woher dieses Wesen kam.

Die Werwölfin konnte spüren, dass es mittlerweile aus dem Schatten getreten war, doch zwang sich weiterzugehen. Wenn sie sich jetzt umdrehte, wusste sie, dass es kein Zurück mehr gab. Kein Zurück wovon?

Ihre Gefühle verwirrten sie immer mehr und sie verlor langsam den Überblick. Die Tür fest im Blick ging sie entschlossen weiter, bis ihre Füßen auf dem warmen rauen Holzboden ihres Hauses nasse Spuren hinterließen.

Sachte ließ sie die Tür ins Schloss fallen und drehte den Schlüssel um, als wollte sie nicht, dass das Wesen wusste, dass sie im Haus war. Als ob das hilft! Es hat mich doch sowieso die ganze Zeit beobachtet. Madelyn hatte sich noch nie so dumm und naiv gefühlt, doch ignorierte es.

Als sie ihr Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloss, starrten die eisblauen Augen immer noch vom Waldrand zu ihrem Haus. Diese machten jedoch keinen Anstalten sich zu regen und so saß das Wesen noch eine ganze Weile in den Schatten, bevor es schließlich verschwand.

Mate of my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt