Arya keuchte. Ihre Hände umklammerten den hölzernen Schaft ihrer Waffe. Blut tropfte aus einer Wunde an ihrem Kopf. Sie presste sich an eine Wand und versuchte flach und lautlos zu Atmen. In den Mauern von Harrenhal war es merkwürdig still. Die Toten stürmten mit Macht gegen die Befestigungen des Götterhains, während es innerhalb der Mauern beinahe ruhig war. Der Lärm der Schlacht war nur gedämpft zu hören und auch die Schreie der Männer, das Kreischen der Toten und das Brüllen der Drachen war nur wie ein ferner Lärm. Leise wie ein Schatten, dachte Arya. Schnell wie eine Schlange. Es waren die Worte ihres Tanzlehrers gewesen. Syrio Forell hatte ihr mit diesen Lektionen den Wassertanz beigebracht. Seltsam, dass sie sich gerade jetzt an ihn erinnerte. Jetzt, wo sich scheinbar alles dem Ende zuneigte. Und eine weitere Lektion kam ihr in den Sinn: Die Dunkelheit, kann dein Freund sein. Arya löste sich von der Wand und schlich weiter. Die Dunkelheit umfing sie wie ein alter Verbündeter.
Harrenhal war die größte Burg der Sieben Königslande. Die Mauern waren so dick, dass man Gänge in ihnen gebaut hatte und sie trotzdem massiv genug waren, um allem Angriffen zu widerstehen. Und durch diese Gänge schlich Arya nun. Sie versuchte, sich an die Zeit zu erinnern, als sie in Harrenhall der Mundschenk von Lord Tywin Lennister gewesen war, doch es war Jahre her. Tywin Lennister war tot und auch Arya war inzwischen eine andere.
Dennoch trugen ihre Füße sie schnell und leise durch die Mauern. Keine Fackel erhellte die Gänge, die gerade breit genug waren, damit ein schmales Mädchen wie Arya hindurch passte. Arya ließ sich von ihren Instinkten und den Gängen selber führen. Doch als sie an eine Weggabelung kam, zögerte sie.
Wohin wollte sie eigentlich?
Die Frage traf sie unvermittelt. Was war ihr Ziel? Wollte sie zu Gendry und mit ihm kämpfen? Sie hatten sich für die Schlacht trennen müssen, da Gendry in der Schmiede geblieben war und Arya sich einer Kompanie Bogenschützen angeschlossen hatte. In der Schmiede, wo Eisen, Feuer und Drachenglas in großen Mengen vorhanden waren, dort wäre es sicher. Bei Gendry.
Aber wollte sie das? Wollte sie Sicherheit?
Ihre Hände umklammerten ihre Waffe fester. Nein! Sie hatte geschworen ihre Familie zu beschützen! Dafür war sie in Dorne gewesen. Wenn sie sich in der Schmiede versteckte, half sie damit niemandem. Nein. Sie war eine Kriegerin. Und sich in der Schmiede zu verstecken, würde ihrer Familie nicht helfen!
Entschlossen nahm sie den linken Gang, der sie weiter ins Innere der Burg führte. Und zum Götterhain.
~~~
Das Licht von Feuer erhellte einen Raum vor ihr, den sie nicht kannte. Arya verlangsamte ihre Schritte und hielt ihre Waffe bereit.
Der Raum war relativ groß und hatte ein Fenster, war aber ohne Möbel. Vielleicht das Quartier eines Tormeisters oder Zöllners. Als Arya aus dem Fenster sah, konnte sie einen Teil des Götterauges sehen. Der größte See von Westeros war völlig zugefroren. Die Schiffe der Eisernen Flotte waren zum Teil vom Eis zerquetscht worden und viele hatten ihre Segel, Masten und Ruder an den tobenden Eissturm verloren. Doch sie waren nicht verlassen. Feuerpfeile flogen durch die Luft und noch während Arya den Kampf beobachtete, gingen zwei der Schiffe in Flammen auf. Die Eisenmänner hatten noch nicht aufgegeben.
Und das würde Arya auch nicht.
Die Toten hatten keinen Atem, doch Arya konnte ihre knöchernen Füße hören und das Kratzen ihrer Waffen auf dem von zehntausenden Bewohnern Harrenhals abgetretenen Stein. Es jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Und sie kamen näher.
Schnell sah sie sich um. Es gab keine Möbel, hinter denen sie sich verstecken konnte. Sie überlegte, den Weg zu nehmen, den sie gekommen war, doch auch von dort kamen die Geräusche der Wiedergänger. Schnell huschte sie hinter eine der Türen. Mit ruhigen Bewegungen, schraubte sie am Schaft ihrer Waffe, bis diese sich in zwei Hälften teilen ließ. Das gab ihr mehr Raum für Attacken, was in Engen Räumen von Vorteil war.
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Das andere Lied, von Eis und Feuer - Der letzte Sturm
FanfictionDie Mauer ist gefallen und die Toten kommen Jon nähert sich, mit Daenerys Targaryen, seinem Blutsbruder Aegon Schwarzfeuer, seiner Frau Arianne und ihren drei Drachen, den Sieben Königslanden. Doch kommen sie noch rechtzeitig, um den Nachtkönig und...