"Die Krönung"

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Robb zog die Augenklappe aus weichem Leder über seine leere Augenhöhle, dann betrachtete er sein Bild in einem poliertem Spiegel.

Seine wilden Locken waren geschnitten und gebändigt, dennoch hatte er noch immer dieses Wilde an sich, das ihn wie einen Wolf aussehen ließ. Oder hatte er schon immer so ausgesehen? Er versuchte, sein Spiegelbild vom Besuch Robert Baratheons in Winterfell, vor seinem inneren Auge zu sehen, doch es gelang ihm nicht.

Er schloss sein Auge und fühlte die Müdigkeit, die ihn seit Jahren heimsuchte. Jahre waren seit jenem Tag vergangen, an dem er Margaery das erste Mal gesehen hatte. Wie schön war sie ihm damals vorgekommen. Eine Blume, in mitten des Winters. So viel war seitdem passiert. Sein Vater war tot. Er hatte eine der mächtigsten Familien der sieben Königslande bezwungen. Er war Vater, Lord und König geworden. Und dennoch fühlte er sich so unendlich müde.

„Bist du bereit?", fragte Jon, der zu ihm ins Zimmer kam, nachdem er geklopft hatte. Jon trug schwarz rote Wolle und einen langen roten Umhang, der von einem weißen Wolf zusammengehaltenen wurde. Seine langen Haare waren an seinem Nacken zusammengebunden. Nie hatte er Ned Stark ähnlicher gesehen.

„Dies ist der letzte Tag, an dem der Norden noch Unabhängig ist. Nach dem heutigem Tag, herrschen wieder die Drachen in Westeros. Und ich weiß noch immer nicht, ob mir das gefällt," sagte Robb und drehte sich zu Jon um.

„Aber du glaubst, keine Wahl zu haben, oder?", fragte Jon.

Robb nickte langsam. „Der Norden ist beinahe vernichtet. Selbst mit den Männern der Goldenen Kompanie, die sich uns anschließen werden, wird es Jahrhunderte, vielleicht sogar ein Jahrtausend dauern, bis der Norden wieder die Stärke hat, wie zu Vaters Zeit.", er ballte die Hände zu einer Faust. „Ich ringe mit mir, Jon."

„Du tust das Richtige.", versicherte ihm Jon.

Robb warf ihm einen Blick zu, der sowohl wütend, als auch traurig war. „Sagst du das jetzt als mein Bruder, oder als Thronfolger unserer neuen Königin?", fragte er und versuchte einen scherzhaften Ton anzuschlagen, doch es klang nur bitter.

Jon lachte leise wurde dann aber wieder ernst. „Als dein Bruder und dein Freund. Daenerys ist ein gute Königin, sie wird Westeros wieder aufbauen. Doch wenn der Norden unabhängig sein will, warum sollte Sie sich dann um ihn Kümmern. Das beste für den Norden und es fällt mir auch schwer das zuzugeben, ist ein König auf dem Eisernen Thron, der sich um alle Sieben Königslande sorgt. Von Dorne bis hinter die Mauer. Und vergiss nicht: Du bist noch immer König des Nordens und deine Kinder werden Prinzen sein."

Robb seufzte resigniert. „Ein König ohne Volk, ohne Land und ohne Burg ist kein richtiger König. Machen wir uns nichts vor, Jon. Ich bin weniger, als ich vor meiner Krönung war. Von allen Lords von Winterfell, bin ich der geringste. Ich bin weniger wert, als mein niederster Vasall. Dass Königin Daenerys mir den Titel König des Nordens anerkennt, ist nur eine leere Höflichkeit."

Jon packte ihn am Arm und dreht ihn Grob zu ihm herum. „So darfst du nicht auch nur denken," sagte er im harten Ton. „Ja, du hast vieles verloren, doch das Rudel hat überlebt! Das ist das wichtigste. Du bist noch immer das Oberhaupt von Haus Stark. Alleine deswegen wirst du von deinen Männer geliebt und gefürchtet. Solange du das begreifst, wirst du mächtig sein. Vergiss es und sie werden dich stürzten."

Robb befreite seinen Arm aus Jons Griff. „Der Winter ist hier, Jon. Wo soll ich mein Volk sammeln? Wo soll es eine Heimstatt finden, in der wir uns für den Frühling sammeln können? Und welches Volk überhaupt? Karstark, Umber, Tallhart, Ryswell, sie alle sind tot. Von den Mormonts und Manderlys wissen wir nichts und das Haus Bolten ist ein Säugling, geboren von einem Bastard und einer Frey. Wenn wir in den Norden zurück kehren, dann wird es nie wieder das Gleiche sein. Neue Familien mögen kommen. Sie werden das Land besiedeln, und in den Burgen und Dörfern leben, aber sie haben das Land nicht gesehen. Sie sind weit an von ihm geboren und sind nicht mit ihrem Blut dort verwurzelt," schnauzte er Jon an.

Das andere Lied, von Eis und Feuer - Der letzte SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt