Fotos mit den Augen

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Damit ich deinen Anblick nicht mehr vergessen kann


Träge, ein bisschen schläfrig, aber vor allen Dingen zufrieden strecke ich meine Glieder und kuschle mich dann wieder gegen Vincents Brust. Sein leises Glucksen, als ich meine Nase mit einem tiefen seufzen in seiner Brust vergrabe, bringt mein Herz dazu einen Hüpfer zu machen. Ich darf nicht drüber nachdenken...ich darf die Gedanken nicht zulassen, einfach wegschieben und Deckel drauf. Ich bin glücklich grade, daran ist nichts falsch. Ich muss es nicht einordnen, nein, nicht jetzt. Vielleicht irgendwann später, wenn ich weiß was ich fühle oder wie ich es nennen kann. Aber grade brauche ich dafür keinen Namen und das soll auch so bleiben, also weg mit den doofen Gedanken, lass mich glücklich sein.

Na, sollte kein Problem sein, du hast dir da ein ganz feines Plätzchen gesucht. Aber irgendwann solltest du es schaffen, auszusprechen was du fühlst, für ihn. Er kümmert sich um dich, mit allem und noch viel mehr als du verlangen könntest, jetzt weißt du das er dich liebt und er lässt dich so nah an sich ran, nutz das ja nicht aus. Er verdient eine Antwort.

Und die werde ich ihm geben...sobald ich dazu bereit bin und weiß was eigentlich mit mir los ist und wo es für mich hingeht. Wo es für uns hingeht, falls es ein uns gibt. Mein Ohr liegt über seinem Herzen und das beständige klopfen lässt mich ganz ruhig werden. Vincents Finger streicheln meinen Kopf, federleicht und kaum da. Hin und wieder traut er sich sogar einen Kuss auf meine Stirn zu drücken und auch wenn ich nicht weiß was ich davon halten soll, bringt es mein Herz jedes mal dazu wie wild zu schlagen. Ob er das wohl mitbekommt?

„Alles gut Kleiner? Du bist heute so ruhig." Das bin ich wohl wirklich. Ich bin viel zu Ruhig, natürlich wittert er, dass da was im Busch ist.

Ja, da ist was im Busch...was ganz Gewaltiges. Du solltest wirklich darüber nachdenken wie du mit diesen Gefühlen in dir umgehst. Grade verdrängst du alles, vielleicht angenehm für den Moment, aber das kannst du nicht ewig abziehen. Es holt dich ein, so wie jetzt.

„Hmja, nur bisschen mit meinen Gedanken beschäftigt. Mach dir bitte keine Sorgen, ja? Mir geht es gut bei dir." Ich spüre wie er mich ansieht und ich langsam aber sicher rot werde, aber ich sehe ihn nicht an, dafür habe ich grade weder den Mut noch eine Erklärung, die ich ihm Präsentieren könnte wie ich mich fühle oder was eigentlich mit mir los ist. Ich lehne mit geschlossenen Augen in seinen Armen und kuschle mich an seine Brust, grade fühle ich mich einfach nur geborgen und sicher. So unglaublich beschützt vor der Welt und allem, dass seine wachsamen Augen auf mich richten könnte. „Du siehst zufrieden aus, freust dich das Morgen der Gips abkommt richtig?" Ich nicke und schmiege mich noch enger an seine Körperform. Es ist absurd wie gut unsere Körper aneinanderpassen, eigentlich sollte ich mich darüber aufregen, schreit eine leise Stimme in meinem Kopf, aber ich kann sie ignorieren. Zumindest für den Moment.

Fühlst du dich gar nicht schwach? Nicht ausgeliefert? Immerhin wirst du grade gehalten wie ein Baby, das ist eigentlich so gar nicht deine Rolle. Der Dag den wir kennen, der klammert sich nicht wie eine Jungfrau in Nöten an jemandem festklammert, vor allem nicht an einem anderen Mann. Und wo kommen eigentlich diese Gedanken her?

Das weiß ich nicht. Ich atme ein weiteres mal tief aus und lasse mich noch mehr auf Vincent nieder was dieser mit einem leisen Kichern kommentiert. Ich bin wirklich froh, dass ich morgen meinem Arm zurückbekomme, zumindest halbwegs. Wahrscheinlich muss ich wieder alles neu lernen, darauf hat mich der Arzt zumindest vorbereitet. Und ich bekomm Physiotherapie, zwar nur ein paar Termine, aber mir ist das ganz recht. In Psycho- und Physiotherapie, ein größeres fick dich vom Universum gibt es doch gar nicht: Körper und Psyche beides im Arsch. „Du...du hast aber nicht vor, morgen schon zu gehen oder?" Ist da Sorge in seiner Stimme? Denkt er wirklich, ich würde morgen gleich meine sieben Sachen packen und abhauen? „Nein, natürlich nicht. Der Arzt sagt das ich mich nicht überlasten soll, sonst bekomm ich wieder eine Schiene. Außerdem...naja mir geht es momentan einfach nicht so gut und ich glaube alleine zu sein ist für mich grade keine so gute Idee..." Um mich selbst und Vincent von meinen Worten abzulenken fahre ich mit den Fingern unsichtbare Linien auf seiner Brust nach. Wenn es nicht so verdammt übergriffig wäre, würde ich ihn bitten, dass er sein Shirt auszieht. Irgendein komischer Instinkt will nur schon wieder was total Irrationales. Ich...I-

Deine CollegejackeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt