Von Perfektion und kleinen Schritten

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Wie kann es eigentlich sein, dass du mich, schon wieder, besser kennst als ich mich selbst?


Manchmal frage ich mich, ob es vielleicht doch so etwas wie Perfektion gibt. Jetzt nicht im Bezug auf Kunst oder Äußerlichkeiten, denn da kann es sowas wie perfekt ja gar nicht geben. Aber ein Moment, der kann es doch sein oder?

Ein paar Sekunden, die so schnell vorbei sein können oder sich ziehen wie Kaugummi, je nach dem ob das was man grade tut Spaß macht, schön ist wie ein Nachmittag am See oder ob es eine langweilige und komplett unnötige Mathestunde in der Schule ist. Die schönen Sachen gehen immer schneller kaputt, während die Minuten voll mit scheiße ewig nicht vorbei gehen wollen.

Aber grade ist kein Kack-Moment. Grade ist ein schöner, ein richtig schöner sogar. Dabei liege ich doch einfach nur hier, habe es schön warm und lausche Vincents Atem und seinem leisen, gelegentlichen Schnarchen. Also ist einfach nur hier liegen, vielleicht gar nicht einfach nur...perfekt.

Einfach nur perfekt.

Vielleicht gibt es ja doch perfekt.

Vielleicht ist es ja perfekt, dass er dich die ganze Nacht in seinem Arm gehalten hat. Vielleicht ist es ja perfekt, weil er sich im schlaf immer wieder vergewissert hat, ob du noch da bist. Du hast so schön geschlafen und gar nicht bemerkt, wie er dir über die Seite gestreichelt hat, als du unruhig geworden bist, bis du wieder ruhig schlafen konntest. Du hast das nicht bemerkt, weil dein Körper den Schlaf gebraucht hat. Aber wir waren wach, weil dein Unterbewusstsein alles aufsaugt wie ein Schwamm. Wenn du wüsstest, wie schön dein Körper sich heute Nacht angefühlt hat. So toll wie du dich grade fühlst, das ist nur ein Bruchteil davon.

Ich weiß leider oder zum Glück nicht worauf die Stimmen in meinem Kopf jetzt anspielen. Aber war klar, dass die auch schon wieder wach sind, weil ich ja nichts hier für mich genießen darf...!

Aber immer doch Dagki. Du weißt doch, Glück und Freude wird immer mehr wenn man sie teilt.

Eigentlich will ich gar nicht darüber nachdenken, eigentlich will ich wieder wegnicken und einfach noch kurz für immer bleiben. Ich will nicht auf die Uhr schauen, weil es dann wieder die Realität ist, die mich einholen muss.

Vincent macht ein kleines schmatzendes Geräusch im schlaf und zieht mich mit seinem Arm näher zu sich, nur um ein stück an mich heran zu robben. Ich liege da wie erstarrt, was soll ich auch machen?! Auf einmal kuscheln wir wirklich und so ganz richtig Löffelchen und ich kann nicht anders, als seine Wärme, nicht nur auf meiner Taille, sondern an meiner kompletten Rückseite, zu genießen. Ich habe schon viel gekuschelt in meinem Leben, ja auch mit Vincent, aber das war sonst nie so...so intim.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich noch nie wirklich der kleine Löffel war. Meine Ex-Freundinnen waren da eher eine Art unbeholfener Rucksack, wenn sie hinten gelegen haben. Das hatte nie wirklich was mit großem Löffel zutun, eher so Wanderrucksack mit Klammergriff. Vincents Brust gegen meinem Rücken und sein Schritt gegen meinem Hintern, sollten mir eigentlich druck machen, ich sollte das nicht so sehr genießen! Ich sollte, nein ich DÜRFTE das gar nicht so gut finden...ich bin doch nicht schwul.

Wie jetzt? Dein Schwanz feiert es grade ziemlich, dass Vincent seine Latte gegen deinen Hintern drückt. Aber bestimmt hast du recht. Dein Körper übt nur schonmal für den Ernstfall, wenn Vincent dich wirklich in die Matratze drückt und du nicht mehr wegkommst. Wäre vielleicht das Beste, dann kannst du endlich aufhören dir selbst einzureden, dass du es nicht toll findest, wenn er dich anfasst, ja ganz besonders auf DIESE Weise!

Das stimmt doch gar nicht! Ich habe doch gar nichts gemacht, ich hab doch gar nicht daran gedacht, zumindest nicht wirklich. Nur so ein bisschen und auch nur am Rand, eigentlich nicht bewusst und auch ohne Absicht...aber jetzt sitzt der Gedanke in meinem Kopf fest. Da sind Bilder, dich sich in meine Netzhaut einbrennen, Gefühle, Gerüche und Geräusche, meine Geräusche. Mein immer wieder stockender Atem, mein Keuchen, das leise verzweifelte Stöhnen. Ich spüre den Druck, die feste Matratze unter meinem Bauch, das wispern der Bettwäsche über meiner empfindlichen nackten Haut und die Anspannung. Ja, ich spüre das alles, als würde es wirklich passieren. Als würde Vincent mich wirklich ficken.

Deine CollegejackeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt