Alles Gute kommt von Drogen

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So kaputt kriegst du mich nie, das schaff ich nur ganz alleine


Das klicken der Tür klingt noch ewig in meinen Ohren nach. „Bis später." Hat er gesagt, dann ist er gegangen. Das ist jetzt 134 Sekunden her und noch immer stehe ich im Flur und kann mich nicht bewegen. Noch immer starre ich auf die Tür, in der Hoffnung das Vincent doch wieder zurückkommt, aber tief in meinem Herzen weiß ich, er kommt nicht wieder. Erst heute Abend...hoffentlich kommt er heute Abend wieder.

Der Regen prasselt auf den Balkon und gegen die Fensterscheiben. Wann hat es eigentlich angefangen zu regnen? Vincent ist doch nicht gegangen als es regnet oder? Die Geräusche werden immer lauter, drücken auf meine Ohren und prügeln auf meinen Kopf ein. Ich presse die Handflächen auf meine Ohren und lehne mich gegen die Wand um nicht von der Druckwelle des Regenprasseln umgerissen zu werden. Ich kneife die Augen zusammen und auf einmal ist es, als würde ich mich selbst von außen sehen, wie ich mich an der Wand festkralle und mein Kopf nach hinten kippt. Die Regentropfen werden immer lauter und immer mehr, ein Gewitter. Blitze tanzen vor meinen Augen, dabei seh ich mich doch von außen. Donner grollt in meinem Kopf, dabei halte ich mir doch die Ohren zu. Keine Fragen, die Empfindungen überrennen mich, immer und immer wieder, bis mein Verstand sie durch lässt wie ein Sieb, das immer mehr zerlöchert und nicht länger die Eindrücke filtert. Mein Gehirn kommt glaube ich nicht mehr hinterher, aber ich weiß es nicht.

Was ist eigentlich passiert? Vincent ist gegangen und davor...davor haben wir gefrühstückt...und dann sind wir nochmal eingedöst. Ich, weil ich nach meinem plötzlichen Energieschub ein Down sondergleichen hatte, Vince weil er nach seinem Orgasmus müde, zufrieden und satt in seine Decke gekuschelt war. Es war so schön, einfach so leicht, keine Fragen, keine schrägen Blicke nach dem was wir...nachdem was ich getan habe. Vincent hat meinen Blick gemieden und wenn sich unsere Augen doch begegnet sind, hat er ganz schnell weggeschaut. Ich war von vorneherein zu feige etwas zu sagen, ich musste es nicht mal verstecken. Ich weiß nicht wie es sich anfühlen soll für mich, Vincent, einem anderen Mann, so nahe zu kommen und dann auch noch happy zu sein. Es war irgendwie komisch und fühlt sich noch immer merkwürdig an. Nach dem Hoch, kam das Tief, Müdigkeit, Orientierungslosigkeit und Verwirrung. Vielleicht war das auch die Schuld von den Tabletten. Aber wenigsten kurz habe ich mich besser gefühlt und nicht mehr die ganze Zeit nachdenken müssen über die ganze Scheiße die sich mein Leben nennt.

Auch wenn einschlafen in dem Zustand das schrecklichste war. Ich hatte einen Albtraum, so einen aus dem mach nicht aufwachen kann, der den Kopf gefangen nimmt und den Verstand ausschaltet wie eine Schreibtischlampe. Dann ist alles dunkel und alles ist unlogisch logisch und macht mir Angst. Es geht nicht darum, was ich geträumt habe, das habe ich wohl gleich zu meinem eigenen Besten verdrängt. Aber das Gefühl...dieses beklemmende drücken auf der Brust, das Gefühl vor Angst keine Luft mehr zu bekommen und ein dumpfer Schmerz, den ich nicht lokalisieren kann, weil es eigentlich gar nicht möglich ist, dass ich ihn wirklich spüre. Vincent hat mich geweckt, natürlich hat er das...ich war verschwitzt und fertig mit der Welt, ich konnte nicht richtig aufwachen, so wie eigentlich immer wenn ich einen Albtraum habe. Das war schon immer so, seit ich mich erinnern kann habe ich diese Fieberträume und das weiß Vincent. Er hat mich vorsichtig aufgesetzt und mir ein Glas Wasser und meine Tabletten gebracht. Dann hat er sich zurück zu mir ins Bett gesetzt und beruhigend meinen Rücken gestreichelt und durch meine Locken gekrault. Er weiß wie ich bin, wenn ich einen Albtraum hatte und wie man mit mir umgehen muss, keine Fragen stellen, bloß keine Fragen. Und dann einfach da sein und nicht weggehen, manchmal auf festhalten, aber nicht immer, manchmal ist es auch zu viel und dann kann ich mich nicht richtig Artikulieren. Aber nichts ist schlimmer als alleine sein.

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