Der Letzte und Einzige Gedanke

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Ich möchte eine ganz schnelle Triggerwarnung für Esstörung an dieser Stelle aussprechen, wenn ihr mit dem Thema Probleme habt, dann empfehle ich euch ganz dringend hier zu überlegen ob ihr das wirklich weiter verfolgen wollt. (Siehe Kapitel 1)


An alle anderen, take care und viel spaß!


Nicht mehr und nicht weniger


Ich komme mir vor wie ein kleines Kind als ich, schon wieder, auf unsere Hände hinabsehe. Vincents Finger umschließen meine schon fast zu perfekt und ich weiß nicht, wie oft ich alleine in den letzten zwanzig Minuten nach unten gesehen habe, um mich zu vergewissern, ob es noch immer so surreal perfekt aussieht.

...ja tut es.

Vincent hält jetzt fast eine halbe Stunde meine Hand, seit wir die Wohnung verlassen haben um zu Doktor Eklund zu fahren. Es ist nicht komisch und fühlt sich auch noch immer nicht falsch an, obwohl wir hier in der Öffentlichkeit sind. Vince hat kein einziges mal versucht seine Finger von meinen zu trennen, nicht mal beim Autofahren und auch nicht vor Doktor Eklund. In meinem Zustand war mir selbst egal, was er von mir denkt und auch, dass das in meiner nächsten Sitzung auf jeden Fall Thema sein wird.

Vielleicht stört es mich auch einfach nur nicht, weil ich noch immer high bin. Ja, das klingt logisch. Aber grade klingt auch irgendwie alles logisch. Es klingt logisch, dass Eklund mich angesehen, in meine Augen geleuchtet und dann Wortlos den Kopf geschüttelt hat während er seinen Verschreibungsblock aus der Kitteltasche geholt hat. Er weiß, dass es keinen Sinn macht mit mir zu diskutieren, er kennt mich lange genug um zu wissen, dass Gras das einzige ist, das mich davon abhält noch tiefer in mir selbst verloren zu gehen. Immerhin geht es mir mittelmäßig wenn ich high bin und nicht mehr einfach nur scheiße. Die ganze Zeit über hat Vincent meine Hand gehalten, auch als der Psychologe mir den gelben Zettel in die Hand gedrückt hat und ich mich der harten kalten, harten, Wahrheit stellen musste. Neue alte Bekannte, Aripiprazol und Citalopram. Meine Einstellung von früher, als es noch ganz schlimm war. Es hat mir schonmal geholfen...oder zumindest halbwegs funktioniert. Die Tabletten haben gemacht, dass ich funktioniert habe. Auch wenn ich mich an nicht viel aus der dunkelsten Zeit meines Lebens erinnern kann, ich habe viel geschlafen und hab mit Vince abgehangen...das war bevor ich so viel feiern gegangen bin.

Da sind ein paar Fetzen, ich sehe mich auf Vincents Bett liegen und schlafen, während mein bester Freund an seinem Rechner sitzt und an neuen Songideen bastelt. Warum habe ich diese Erinnerung? Ich kann es doch unmöglich gesehen haben und...da ist sie wieder weg. Einfach weg! Aber ich weiß das es passiert ist, ich hab viel geschlafen als Jugendlicher, weil ich nach der Schule immer so müde war. Nicht nur vom Unterricht, dieses Teufelszeug von Psychopharmaka, dass ich jetzt wieder nehmen soll, hat mich regelmäßig ausgeknockt. Ich weiß, dass ich oft bei Vincent eingeschlafen bin, war ja praktisch jeden Nachmittag da in dieser Zeit...

„Hast du heute schon was gegessen? Was anderes als das Bisschen Frühstück?" Vincent drückt meine Hand sanft um meine Aufmerksamkeit zu erlangen. Ich sehe auf und wage einen Blick in Vincents Augen, den ich aber nicht aufrechterhalten kann, seinen besorgten Blick bekomme ich trotzdem mit. Alles hier draußen blendet mich, dabei scheint die Sonne gar nicht so stark. Und ich hab meine Sonnenbrille natürlich nicht dabei. Fuck. Hatte schon ganz vergessen wie die Mischung aus Gras und Medikamenten reinhaut, dabei habe ich die richtig krassen Pillen ja noch gar nicht genommen. Nein. Die holen wir ja grade...

„Dann holen wir jetzt dein Rezept bei der Apotheke und danach lade ich dich zum Essen ein. Du musst doch Hunger haben." Ich zucke mit den Schultern. Eigentlich habe ich keinen Hunger, hatte ich heute Morgen schon nicht wirklich. Das Frühstück habe ich eigentlich für Vincent gemacht und nicht für mich, die halbe Scheibe Toast war eher ein Alibi, damit er sich keine Sorgen macht oder sich schlecht fühlt. Aber jetzt...

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