Passt du auf mich auf?

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*Triggerwarnung: Gedanken über Selbstmord (Ich markiere es euch)*

Vielleicht mache ich dann nicht alles falsch

„Auf gar keinen Fall!" Ich schlucke. So habe ich mir das nicht vorgestellt, dabei war ich mir doch so sicher, dass Vincent mir helfen wird...

Er müsste doch nur ein-zweimal am Tag nach mir schauen, nicht halb so anspruchsvoll wie ein Hund oder Kind. Ich dachte wirklich, er würde das ohne zu zögern für mich tun, damit ich nicht mehr hier sein muss.

Ich habe mich wohl getäuscht. Ziemlich sogar. Anmerken lassen wie enttäuscht und betrübt ich bin, zeige ich natürlich nicht. Das „auf gar keinen Fall" hat auch schon so verdammt wehgetan, das muss ich ihm nicht auch noch zeigen.

Erstaunlich, da ist doch wirklich noch was von deinem Stolz übriggeblieben. Wie hätte man denn damit rechnen sollen?

„Auf gar keinen Fall lass ich dich alleine in deiner Wohnung! Was wenn du Hunger bekommst? Du kannst doch momentan nicht mal wirklich beim Bringdienst anrufen, geschweigenden bekommst du eine ganze Pizza klein geschnitten oder gegessen. Und deine Schuhe bekommst du auch nicht zugebunden. Du kannst doch nicht den ganzen Tag nur drinnen sitzen und rumgammeln. Das mach ich so nicht." Sagt wer?

„Warum nicht? Was soll ich denn draußen? Den anderen beim Parkour zuschauen und mich als unfähigster Traceur aller Zeiten outen?!" Es stimmt auch noch...warum muss ich auch noch recht haben mit dem was ich sage? Ich hab es wirklich geschafft mir das Handgelenk kaputt zu machen bei etwas, das ich seit Jahrzehnten mach und bei dem ich anderen immer Achtsamkeit predige. Und was mach ich? Ja natürlich genau das Gegenteil! Das passt so gar nicht zu mir, die lachen mich bestimmt aus. Ein überdehntes Band, blaue Flecken an den Knien oder mal ein aufgescheuertes Gelenk, das sind typische Dag-Verletzungen, aber gebrochene Knochen sind etwas, von dem ich gehofft habe mich nie damit beschäftigen zu müssen.

Du hast die kaputte Psyche und die damit verbundenen Aussetzer vergessen.

Danke, das habe ich jetzt wirklich gebraucht. Mir geht es so ja noch nicht beschissen genug, aber keine Umstände, macht ruhig weiter, da geht es mir doch gleich viel besser!

„Hör auf Dag! Ich lass nicht zu, dass du dich noch weiter fertig machst, genau so wenig, wie ich dich in deine Wohnung abschieben werde. Ich kann vielleicht nicht sehen wie es in dir aussieht, aber ich will es verstehen...wirklich." Vincent greift meine Hand und verbietet mir wegzusehen. Seine braunen Augen halten meinen Blick gefangen und ein Schauer jagt über meinen Rücken. Nicht kalt, nicht heiß, aber intensiv genug, um alle Härchen auf meinem Körper zum aufstehen zu bringen. Wann wurde ich das letzte mal so intensiv angesehen? Ich weiß nicht, ob ich überhaupt schon mal so angesehen wurde. Ich kann mich nicht daran erinnern...aber daran müsste ich mich ja erinnern...?

...

...

...

Dag? Dag bist du noch da?

Du...du hast aufgehört zu denken...warum denkst du nicht mehr? Du bist noch mehr da...oder? Warum? Warum bist du nicht mehr da?

Dag?! Dag komm zurück!

Ein gleißendes Licht trifft mich wie die Scheinwerfer eines heranrasenden Wagens. Überfahren fühle ich mich bereits, nur jetzt bin ich blind und erkenne nur noch das offensichtliche vor meinen Augen, keinen tieferen Sinn mehr. Ich sehe durch Vincent hindurch, einfach so, dabei liegt ihm doch was an mir. Ich will es ihm erklären, doch es ist, als wäre er nicht wirklich da.

Ich weiß das er hier ist, das ist es nicht, bin ja nicht blöde. Ich...ich fühle ihn nur nicht mehr.

Wir dachten schon, wir hätten dich verloren...mach sowas nie wieder, hörst du?!

Deine CollegejackeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt