Kapitel 3

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𝗖𝗮𝗺𝗲𝗿𝗼𝗻

Die Schlange der Essensausgabe bewegt sich nur schleppend voran. Ich balanciere mein Tablett auf einem Arm, während ich mich nach einer Wasserflasche strecke. Dabei streift meine Schulter ausversehen die des Mädchens vor mir, die sich dann kichernd mit ihrer Freundin zu mir dreht. Doch ich beachte die beiden, die höchstens zwei Sophomores sein können, gar nicht erst und lasse meinen Blick weiter über die Menge an Schülern wandern, die sich in der Cafeteria angesammelt hat.

Ich hatte vor der ersten Stunde noch einen Abstecher an meinem Spind gemacht, der - wie mir in dem Moment aufgefallen ist - nur ein paar Schließfächer von Morgan Sullivans entfernt ist, und hatte die Szene zufällig mitbekommen, die anscheinend aber niemand anderes aufgefallen war.

Mir ist im selben Augenblick die große Gruppe am Wasserspender aufgefallen, in dem auch Morgan sie entdeckt hat. Ich hatte bereits den Streit zwischen ihr und Gallahger am Freitag im Cheesy's mitbekommen, so wie auch viele andere aus unserer Schule. Immerhin ist das der Ort, an dem der Großteil der Jugendlichen in dieser Stadt geht.

Deswegen war mir auch sofort klar gewesen, was sie so aufgelöst davonrauschen lassen haben musste.

Gallahger hatte anscheinend keine Zeit vergeudet Morgans Platz wieder neu zu besetzen, wenn man die Rothaarige in seinem Arm bedachte.

Als es dann ein paar Minuten später zur ersten Stunde geklingelt hat, waren die Flure in Null Komma nichts leer. Alle waren zu ihren Unterrichtsräumen gegangen. Bis auf mich. Aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund bin ich an meinem Spind stehen geblieben und habe gewartet. Als Morgan dann aber nicht aus der Mädchentoilette gekommen ist, habe ich mich doch auf den Weg zu Geschichte gemacht.

Ich kenne Morgan Sullivan nicht gut. Der einzige Grund, warum ich ihren Namen überhaupt weiß, ist, dass ich für ihren Vater arbeite. Klingt vielleicht mies, ist aber so. Ich sehe sie manchmal auf der Arbeit, und natürlich hier in der Schule, wenn sie mit ihrer Gruppe in der Cafeteria sitzt oder in den Fluren abhängt. Aber selbst wenn wir uns öfters sehen, haben wir noch nie ein Wort miteinander gewechselt.

Doch in dem Moment, wo sie total aufgelöst an mir vorbei und in Richtung Mädchenklo gestürmt war, hatte ich Mitleid mit ihr empfunden. Sie ist die Tochter meines Chefs, und ich weiß selbst aus erster Hand, was für ein Wichser Gallahger sein kann.

Das muss wahrscheinlich auch der Grund sein, warum ich mich nun dabei ertappe, wie ich die Cafeteria nach ihr absuche.

Als die Schlange sich endlich bewegt, bezahle ich schließlich mein Essen und steuere mit meinem Tablett in den Händen den Stammtisch meiner Freunde und mir an.

Drei Tische weiter von unserem Platz am Fenster entfernt fällt mir sofort der Tisch von Gallahger ins Auge. Der Tisch, an dem Morgan immer mit ihm saß. Er unterhält sich gerade mit Jaxon Hill, einem seiner Wachhunde, die ihn ständig flankieren. Auch die Rothaarige von gerade sitzt dort und unterhält sich mit einem blonden Mädchen. So, als hätten sie nicht vor ein paar Stunden ihre Freundin aus der Gruppe geworfen.

Als ich an unserem Tisch ankomme, stelle ich mein Tablett ab und lasse mich auf den Platz neben Deacon fallen. Er bemerkt mich nicht einmal, er ist zu beschäftigt damit etwas über Sawyers Schulter zu beobachten. Ich mache mir nicht die Mühe seinem Blick zu folgen, ich weiß sowieso, wen er da anstarrt. Also greife ich nach einem der Tacos, die es heute zur Auswahl gibt und will gerade hineinbeißen, als mir vors Schienbein getreten wird.

»Verdammt, Sawyer, was soll der Scheiß?«, fahre ich ihn an. Mein blondes Teammitglied ignoriert meine verärgerte Miene und beugt sich über den Tisch.

»Du sitzt nicht mal fünf Minuten hier und schon kreisen die Geier um ihre Beute«, zischt er.

Ich sehe ihn verständnislos an. »Wer kreist um ...« Ich komme noch nicht einmal dazu meinen Satz zu beenden, als auch schon drei Essenstablets neben mich auf den Tisch geknallt werden. Ich zucke zusammen und sehe zur Seite. Penelope schenkt mir ein strahlendes Lächeln, als sie ihren Stuhl so dicht neben meinen schiebt, dass unsere Arme sich berühren.

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