Zu ihrer großen Überraschung wurden Phil, Hans und Reiner in Heathrow nicht nur von Dave und Anna erwartet - der deutsche Journalist war mit seinem Privatwagen, einem fast neuen Vauxhall Victor, gekommen, um sie abzuholen. Hausmeister Heini war mit dem Landrover da und transportierte die Ausrüstung zum Studio.
„Das nenne ich mal einen Service," lachte Phil und begrüßte seinen Londoner Chef, nachdem er Dave und Anna ausführlich geherzt hatte.
„Das war Daves Bedingung dafür, dass ich heute Abend Euer Gast sein darf," erklärte der Studioleiter. „Natürlich nur, wenn Du nicht zu müde bist."
„Nein, wir haben sowieso etwas zu besprechen."
Das Haus am Regent's Park war ungewohnt still - die Uptones, die hier eigentlich wohnten, waren als Musiker auf Michalis' Schiffen, Barry war abgereist, und auch Michalis war am Vortag nach Athen zurückgeflogen.
„Wie kriegen wir denn jetzt was zu essen?" fragte Phil. „Ich habe Hunger."
„Wir waren vor ein paar Tagen im Hyde Park. In der Nähe von Marble Arch gibt es eine Straße mit einigen arabischen Restaurants, Edgware Road. Vielleicht fährt Dein Chef uns hin?" meinte Anna lächelnd.
„Eigentlich wollte ich nur einen Bericht hören und ein kurzes Gespräch mit Phil führen," antwortete der Journalist. „Können wir uns nicht was kommen lassen?"
„Ich finde Arabisch gut," meinte Phil, und der Studioleiter fügte sich.
Sie stellten den Vauxhall in Sussex Gardens ab und entschieden sich für ein Restaurant, das einen kleinen Speiseraum im Obergeschoss hatte, wo sie fast unter sich waren. Phil übernahm die Bestellung, und zwar auf Arabisch, was ihnen eine besonders zuvorkommende Bedienung bescherte. Dave und Phil aßen natürlich mit den Fingern, was selbst die Kellner erstaunte. Europäer taten das eigentlich nie.
Nach dem köstlichen Essen fragte Phil nach Dattelwein, und spätestens jetzt hatte er hier einen Stein im Brett.
„Woher kennen Sie Dattelwein, Herr?" fragte der Kellner.
„Wir haben ihn gestern da getrunken, wo er hergestellt wird," antwortete Phil.
„Oh, in Ägypten vielleicht? Daher kommt meine Familie."
„Libyen. Da lebt die Frau, die ich heiraten werde, Inch Allah."
„Sie Glücklicher. Da war bestimmt schönes Wetter."
Der Chefjournalist lauschte mit offenem Mund. Er hatte nicht geahnt, dass sein Praktikant so gut Arabisch sprach. Der Dattelwein war ihm viel zu süß. Anna mochte ihn hingegen so gerne, dass sie eine Flasche kaufen wollte, die allerdings für ihre Verhältnisse unbezahlbar war. Der Journalist zählte im Kopf zusammen, wie hoch die Rechnung ausfallen würde und wunderte sich. Das war halb so teuer wie beim Italiener in South Kensington. Er bestellte die Flasche für Anna.
Spätabends saßen sie dann vor dem Kamin in der Villa. Anna servierte Cola und Limonade. Die Libyenheimkehrer fröstelten, denn das Feuer war aus, und London war eben nicht Tripolis.
„So, dann gebt mir mal einen kurzen Bericht," sagte der Journalist.
Reiner übernahm den Löwenanteil, während Phil sich völlig zurückhielt. Er fand es fair, dass der Kameramann in seinem sachlichen Vortrag den großen Streitpunkt ausklammerte. Als Reiner geendet hatte, fasste der Chef zufrieden zusammen:
„Wir haben also tatsächlich mal Material, das wir senden können. Ich rede nicht von den Bomben, da steht die Ampel natürlich auf Rot, wie man erwarten konnte. Allerdings habe ich leichtsinnigerweise mit Kollegen darüber gesprochen. Das heißt, das wird zwar nicht gesendet, aber es gibt eine Reihe Leute, die nun davon wissen, und darum ging es ja wohl, nicht, Phil? Die Sache mit der Landwirtschaft, das könnte was für den „Weltspiegel" sein. So, und jetzt kommen wir zum Finanziellen."
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Die richtigen Leute Band 7: Regentanz in Obervolta
Historical FictionAufgrund ihrer Verbindungen nach Libyen werden Tom und seine Freunde immer tiefer in die politischen Entwicklungen des Jahres 1972, insbesondere in Deutschland und arabischen Ländern, verwickelt. Zuerst wird Phil mit den deutschen TV-Journalisten Ha...