16 Selbstmord aus Angst vor dem Tod

4 3 0
                                    

Klaus stellte den Dienstopel auf einem Parkplatz in Beuel ab. Mit einem Taxi fuhren Tom, Phil und er dann zum Flughafen, wo es schneller ging als befürchtet - nach einer Viertelstunde hielten sie ihre Tickets in der Hand. Sie gingen durch die Passkontrolle und suchten sich einen abgelegenen Tisch in der Cafeteria.

„Wollt Ihr mir nicht mal sagen, was Ihr in Libyen vorhabt?" fragte Klaus, der bei dem entscheidenden Gespräch im Teehaus nicht anwesend gewesen war.

„Die eine Hälfte weißt Du ja schon," erklärte ihm Tom. „Wir sollen mit Gaddafi darüber verhandeln, ob und zu welchem Preis er die toten Palästinenser übernimmt. Und dann haben wir einen Brief für ihn dabei, der anscheinend etwas mit den überlebenden Terroristen zu tun hat. Mehr wissen wir darüber auch nicht, aber es kann sein, dass wir über den Inhalt des Briefs mit Gaddafi verhandeln müssen. Wenn das passieren sollte, wird das nicht mit einer Sitzung getan sein, weil wir uns mit Bilski kurzschließen müssen."

Der MAD-Hauptmann fand das ein bisschen mager, aber entweder wussten sie wirklich nicht mehr, oder sie wollten oder durften es ihm nicht sagen. Seine anfänglichen Zweifel, dass sie tatsächlich mit dem libyschen Staatschef sprechen würden, hatten sich mittlerweile verflüchtigt. Dennoch kam er sich vor wie ein Kamikaze im Blindflug, ein Zustand, der ihm nicht gefiel.

„Gut, ich akzeptiere Eure Geheimniskrämerei. Aber erklärt mir mal, wieso ausgerechnet Ihr das machen sollt. Wozu gibt es Diplomaten?"

„Für sowas nicht," antwortete Tom. „Diese Sache geht nur inoffiziell, und wir haben eben einen guten Draht nach Tripolis."

Tom erzählte von seinem ersten Zusammentreffen mit Gaddafi, und Phil schilderte zwei oder drei weitere Episoden. Tom fasste zusammen:

„Es hat sich eben einfach so entwickelt. Gaddafi diskutiert gerne mit uns. Manche unserer Analysen und Empfehlungen haben ihm wohl auch ganz gut gefallen. Besonders die von Phil."

„Aber Du hast, glaube ich, die engere persönliche Beziehung zu ihm. Du bist doch ein paarmal ganz allein mit ihm in der Wüste gewesen," schränkte Phil ein.

Klaus hatte Mühe, das alles zu glauben. Diese beiden waren fünf oder sechs Jahre jünger als er. Der eine war Rekrut, der andere noch Schüler. Und die sollten einen derartig engen Umgang mit dem Mann haben, der mal als Gefahr für den Weltfrieden, mal als großmäuliger Spinner, mal als Verrückter dargestellt wurde, der aber immerhin als junger Mann die Macht in Libyen an sich gerissen und seitdem unangefochten behalten hatte?

Tom sah ihm seine Zweifel an:

„Wie gesagt, da war eine Menge Zufall im Spiel. Aber Du darfst nicht vergessen, dass Gaddafi selbst gerade mal 30 ist, und viele, die in Libyen was zu sagen haben, sind noch jünger als er. Der Altersabstand zu uns ist nicht so groß. Und dann hat es einige Situationen gegeben, von denen wir Dir nichts erzählen, die aber eine Rolle dabei spielen, dass er uns und auch wir ihm in bestimmten Dingen sehr vertrauen. Sonst würde er seiner Cousine nicht erlauben, Phils Freundin zu sein."

Glücklicherweise wurde in diesem Augenblick ihr Flug aufgerufen, und Klaus sagte kein Wort mehr, bis sie in Paris waren. Er hatte viel nachzudenken. Ganz langsam fing es an zu kribbeln, und als sie die Libyan-Machine bestiegen und in der ersten Reihe platziert wurden, hatte er plötzlich Lust auf diese Reise. Er ahnte, dass er am Anfang des größten Abenteuers seines bisherigen Lebens stand. Zu dumm, dass er niemandem davon erzählen durfte.

Das Essen im Flugzeug – Hühnchen auf Reis mit einer fruchtigen Soße – kam von Air France und war köstlich. Als sie aufgegessen hatten, bat die Stewardess Tom und Phil ins Cockpit. Stavros umarmte sie:

„Du warst doch gerade erst in Tripolis, Phil. Kommst Du jetzt zweimal im Monat, Deine wunderschöne Braut besuchen? Und Du, Tom, bist Du schon nach ein paar Wochen in der Bundeswehr desertiert?"

Die richtigen Leute Band 7: Regentanz in ObervoltaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt