24 Der Krieg ist vorbei

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Nikos war den ganzen Tag schon unruhig. Er hatte am Morgen zusammen mit Georgios eine Kurierfahrt nach Larissa gemacht, reine Routine eigentlich. Aber als Sophias Bruder den Rekorder anstellte, drehte er die Lautstärke herunter, trotz Bob Marley.

Am Nachmittag setzte er sich allein an den Betonquader am Strand vor Jannis' Haus. Es war Freitag. Das erste Wochenende ohne irgendwelche Aufgaben seit Langem lag vor ihm, und er freute sich nicht. In Sandys Garten trudelten nach und nach ihre Freunde ein, aber Nikos scheute den Auflauf. Er griff nach dem Maßband in seiner Tasche. 70 Zentimeter hatte er schon abgeschnitten, aber an keinem der 70 Tage hatte er Tom so vermisst wie heute.

„Hey, Nikos, was ist los?"

Er schreckte auf und sah in Sandys blaue Augen.

„Muss mal allein sein."

„Willst Du mit zum Flughafen kommen? Ich hab Nicky versprochen, sie abzuholen. Keine Lust, allein zu fahren."

Warum eigentlich nicht? Noch zwei Stunden, in denen er dem Trubel entgehen konnte, ohne sich dazu erklären zu müssen. Mühsam rappelte er sich hoch.

„Lass uns mit dem Mustang fahren," sagte er müde. „Aber Du fährst, okay?"

Als sie am Flughafen ausstiegen, fragte er sich, wo die letzte halbe Stunde geblieben war. Er hatte keine Erinnerung.

„Du gehst vor," befahl Tom seinem Vorgesetzten Klaus, als sie sich dem Ausgang des Flughafens näherten. Er machte sich ganz klein und versteckte sich hinter ihm. Phil blieb ein paar Meter zurück. Tom lugte vorsichtig an Klaus vorbei, als sie ins Freie traten. Nikos und Sandy standen stumm vor dem Ausgang und starrten in seine Richtung, ohne ihn zu sehen. Dann sagte Sandy etwas, und Nikos drehte Tom den Rücken zu. Der stieß Klaus zur Seite, rannte zu seinem Freund, legte ihm von hinten die Hände auf die Augen und fragte mit krächzender Stimme:

„Wer bin ich?"

Nikos wirbelte herum, schrie auf, und dann tanzten sie lachend und weinend zwischen all den Menschen herum, die ihnen verständnisvoll lächelnd aus dem Weg gingen.

Klaus blieb abrupt stehen und beobachtete die beiden. Er nahm gar nicht wahr, dass Phil etwas zu ihm sagte. Aber er merkte, dass gerade etwas in seinem Kopf „klick" gemacht hatte. Seit der achten Klasse hatte er sich eingeredet, er würde Dorothee lieben. Bis gerade. Bis er sah, was das war, Liebe.

Auf einmal war alles sonnenklar. Er würde nach Bonn ziehen, er würde aktiv werden, und er würde sich einmischen. Er würde anfangen zu leben. Seit der Verhandlung in Kairo und den Gesprächen in Libyen wusste er, dass er das alles konnte. Jetzt wusste er, dass er das tun würde. Nie wieder Grömitz.

Phil nahm seine Hand:

„Komm, Klaus, ich stelle Dir unsere Freunde vor."

Sandy küsste ihn auf beide Wangen, und als Tom und Nikos sich endlich voneinander lösten, begrüßte er Toms Freund. Dann umarmte er Tom und küsste ihn. Er schmeckte Salz. Und auf einmal konnte er lachen:

„Geil, dieses Paris."

Sie gingen zu dem Mustang, und Klaus wunderte sich keinen Moment. Klar, dass die nicht in einem Käfer herumfuhren. Die nicht.

„Du fährst," lachte Nikos und klingelte mit den Schlüsseln. Tom deutete eine Verbeugung an:

„Wohin darf ich Sie fahren, Herr?"

„Agios Andreas. Sie kennen das?"

„Habe davon gehört."

Auf den Rücksitzen wurde es eng, aber sie hatten es ja nicht weit. An der Kapelle am Ortseingang hielt Tom an. Sie gingen hinein und zündeten Kerzen an. Still knieten sie nebeneinander vor dem Altar, und ebenso still verließen sie die Kirche.

Die richtigen Leute Band 7: Regentanz in ObervoltaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt