27 Der Mossad weiß zu viel

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Um fünf vor drei klingelte das Telefon in Toms Büro. Tom meldete sich erstmals in seiner neuen Funktion:

„Stab für besondere Aufgaben, Panzergrenadier Tom."

„Haupttor, Feldwebel Terlinden. Hier ist ein israelischer Staatsbürger, der zu Ihnen möchte."

„Können Sie ihn herbringen?"

„Ich schicke ihm einen Soldaten mit."

Die 7 Minuten, bis es an der Flurtür klopfte, zogen sich endlos. Tom öffnete die Tür. Ihr Besucher war ein hochgewachsener Mann um die 40 in einem blauen Geschäftsanzug. Seine kurzen schwarzen Locken versuchte er vergeblich mit einer gehörigen Portion Pomade im Zaum zu halten. Er war braungebrannt und hatte schwarze Augen, die Tom intensiv musterten. In der rechten Hand trug er eine braune, lederne Aktentasche. Tom bat ihn herein und stellte sich und die anderen drei vor.

„Mein Name ist Avi," sagte der Israeli. „Sie sind also der Stab für besondere Aufgaben. Mein Arbeitgeber heißt so ähnlich, Institut für Aufklärung und besondere Aufgaben. Meist nennt man uns Mossad."

Sein Deutsch war perfekt, mit einem kaum wahrnehmbaren Akzent, seine Stimme tief und gleichzeitig weich.

„Avi, Sie haben sicher nichts dagegen, wenn ich mich vergewissere, dass Sie unser Gespräch nicht mitschneiden?" fragte Klaus betont höflich.

„Am Tor hat man mich auch schon durchsucht, aber tun Sie, was Sie tun müssen, Klaus. Ich nenne Sie der Einfachheit halber beim Vornamen, wenn's Ihnen recht ist."

„Selbstverständlich. Ihren Nachnamen kennen wir ja auch nicht. Und wenn, wäre er sowieso falsch, Avi."

Klaus tastete ihn ab und warf einen Blick in seine Tasche, in der nichts außer Papieren und einem Etui mit Stiften war.

Im Konferenzraum servierte Tom Cola und Apollinaris.

„Hatten Sie eine gute Reise, Avi?"

„Danke, Ihr Intercity ist ein toller Zug. Bevor wir zum Thema kommen, hätte ich eine Frage zur Zusammensetzung dieser Runde. Herr Przybilski hat mir dankenswerterweise vorab mitgeteilt, mit wem ich hier spreche. Und da wundert es mich ein wenig, dass hier ein einfacher Panzergrenadier am Tisch sitzt."

„Ich bin Major Klein als Adjutant zugeteilt," rechtfertigte sich Tom. „Ich schreibe nur Protokoll."

Der Israeli sah ihn wieder sehr eindringlich an. Er nahm ein Foto aus der Innentasche seines Jackets und legte es auf den Tisch. Es war etwa 15 x 20 cm groß und gestochen scharf. Trotz Sonnenbrille war Tom neben Nikos und Serhat klar zu erkennen. Sie blickten genau in Richtung der Kamera am Ostufer des Suezkanals.

„Das glaube ich nicht, Tom, oder besser, Herr Major Tom. Wie oft waren Sie inzwischen in Libyen und haben mit Herrn Gaddafi im Zelt palavert, dem Mann, der mein Land vernichten will? Klaus, wären Sie so freundlich, mir das zu erklären?"

Dem Außenamtsbeamten Eberl rutschte das Herz in die Hose. Das fing ja gut an! Zumal er sich schon am Vorabend seine Gedanken über Tom und Phil gemacht hatte. Klaus schluckte ganz schnell seinen Ärger darüber herunter, dass sich Tom den Israelis als Model dargeboten hatte.

„Tom hat schon vor seiner Zeit bei der Bundeswehr im Auftrag von Herrn Przybilski Gespräche mit Herrn Gaddafi geführt. Wir haben uns seinen Kontakt zunutze gemacht, um unser derzeitiges Problem zu lösen. Er ist quasi die Schaltstelle zwischen Tripolis und Bonn. Hier führt er nur Protokoll, aber wenn Sie möchten, dass er geht, schicke ich ihn raus."

Toms Gedanken rasten. Wie hatten die ihn identifiziert? Woher wussten sie, dass er in Gaddafis Zelt gewesen war? Eigentlich konnten sie das nur von jemandem in der libyschen Führung oder ihrer eigenen, griechischen Gruppe haben, was er beides nicht plausibel fand. Eigentlich war das ausgeschlossen.

Die richtigen Leute Band 7: Regentanz in ObervoltaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt