Kapitel 35

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Erschrocken öffnete ich die Augen.
Das Gespräch mit Tobi ging mir einfach nicht aus dem Kopf.
Am Montagabend, wo Stegi noch krank war, hatte er sich zu mir gesetzt.
Bestimmt ist er eh nur gekommen, weil Stegi und ich ... in einem ...
Schnell verwarf ich den Gedanken.
Ich sollte alle Erlebnisse so schnell wie möglich aus meinem Kopf verbannen.
Plötzlich tippte mich jemand an.
Lena.
Ausgerechnet..
"Was ist?", fragte ich unhöflicher als ich wollte.
Sie hielt mir grinsend ein gezeichnetes Bild vor die Nase.
Ein Junge war zu sehen, mit großem Pulli und einer Wuschelmähne.
Unten stand in einer säuberlichen Schrift 'Tim'.
"Von Stegi", meinte sie und drückte es mir in die Hand.
Verdattert starrte ich auf das Papier.
"Ähm .. Danke."
Ohne zu antworten begab sich das Mädchen wieder zu Stegi, der ruhig auf einem Stuhl saß.
Seufzend begutachtete ich noch einmal die Zeichnung.
Dann stopfte ich sie schnell zwischen meine Schulsachen und wandte mich Schulaufgaben zu.

Nach der Hausaufgabenzeit verließ ich etwas erschöpft den Klassenraum.
Ich wollte jetzt einfach nur meine Ruhe.
Rausgehen oder irgendwo hinsetzen und den Tag hinter mich bringen.
Einen Tag mehr ohne ihn geschafft.
"Tim!", rief mich auf einmal eine mir zu bekannte Stimme.
Wenn man vom Teufel spricht..
Zügig tappte ich weiter, die Zähne zusammenbeißend.
Alle, nur nicht er!
"Warte doch!", jammerte er bei mir angekommen.
Er stellte sich vor mich und blickte mich mit seinen tiefgrünen Augen an.
Trauer zierten diese.
Unsicherheit kraxelte in mir hoch, bahnte sich durch meinen Körper.
Von einem zum anderen Moment spürte ich die Enttäuschung über mich selbst.
Dein Stolz sollte egal sein. Was zählt, ist die Wahrheit.
Aber man kann die Wahrheit auch zur Lüge machen.
Ich versuchte, so neutral wie möglich zu wirken, obwohl ich innerlich am liebsten zusammenbrechen würde.
"Was ist los?", hauchte Stegi leise, die Augen leicht zusammen gekniffen.
"Was habe ich falsch gemacht?"
Es machte mich so fertig.
Ihn so traurig vor mir zu sehen.
Du machst ihn glücklich. Und wenn du dich abwendest, wirst du ihn verletzen.
Er muss lernen, damit klarzukommen. Ich tue es nämlich auch.
"Ich bin nur müde, mehr nicht. Bis später dann", sagte ich mit fester Stimme.
Meine Hände bebten und ich konnte seinen heißen Blick im Nacken spüren.
Hastig trat ich in mein Zimmer und schnaufte.
Setzte mich und holte langsam seine Zeichnung hervor.
Stumm fuhr ich mit meinem Finger die Linien nach.
Es tut mir Leid, Stegi. Aber es ist besser so.

#Stexpert - Ein langer WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt