Schlange

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Vorsichtig schlich Kilian durch den Flur auf die Treppe zu. Es war irgendwann nachts und sicherlich schliefen alle. Er wollte sich in die Küche stehlen, um einen Tee zu trinken. Kilian war zwar sehr müde, doch er war auch zu aufgekratzt, als dass er sich jetzt hätte schlafen legen können.

Am Fuß der Treppe angekommen sah er jedoch, dass in der Küche Licht brannte.

„Ich weiß einfach nicht, was wir noch tun können", hörte er seine Mutter schluchzen. Die Stimme seiner Großmutter murmelte etwas, das er nicht hören konnte, doch es löste ein lautes Weinen seiner Schwester aus.

Kilian schloss kurz die Augen und verurteilte sich selbst dafür, dass er keinen einzigen Gedanken daran verschwendet hatte, welche Sorgen seine Familie sich um ihn gemacht haben musste. Dann öffnete er vorsichtig die Küchentür und trat ein.

Die drei Frauen saßen zusammen am Küchentisch, in der Mitte eine leere Weinflasche und ein Haufen benutzter Taschentücher. Die Küchenuhr zeigte 3:34 Uhr.

Zuerst bemerkte ihn niemand, dann stieß Selena einen Schrei aus und sprang auf. Sarah und Klara saßen mit dem Rücken zu ihm und blickten sich um. Dann sprangen auch sie von ihren Stühlen auf und zu dritt rissen sie Kilian in eine Gruppenumarmung. Kilian spürte, wie die Verzweiflung langsam aus den anderen wich. Schließlich lösten sie sich wieder voneinander und seine Mutter und er musterten sich. Ihre blonde Mähne war vollkommen zerzaust und ihre geschwollenen, roten Augen verrieten, dass sie kaum geschlafen hatte, seit er verschwunden war und dass sie viel geweint haben musste. Kilian umarmte sie noch einmal und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sarah atmete zitternd ein und strich ihm über den Rücken, bevor sie ihn sanft von sich schob und lächelnd nickte.

„Göttin! Kilian, wo bist du nur gewesen?" Es war seine Großmutter, die zuerst ihre Worte wiedergefunden hatte.

„Ich war in dem Wald. In Woda." Klaras Augen weiteten sich leicht, sie schien also zu wissen, wovon er sprach.

„Hast du das Schwert?", fragte Sally direkt hinterher.

„Das nicht-", begann Kilian und seine Mutter schlug erschrocken die Hand vor den Mund.

„Aber ich habe einen Weg es zu finden", schloss er schnell, damit die Sorge nicht direkt wieder Einzug ins Familienleben hielt.

„Lasst mich Tee kochen und dann erzähle ich alles", schlug er vor und die anderen nickten und ließen sich zurück auf ihre Stühle sinken.

*

„Sechs Tage, um sechs Jungen mit magischen Fähigkeiten zu finden und das Schwert gemeinsam zu beschwören", fasste seine Großmutter schließlich zusammen. Kilian nickte.

„Puuuh", machte seine Schwester und ließ sich n ihrem Stuhl zurücksinken. Kilian nickte wieder.

„Das ist eine unlösbare Aufgabe. Es gibt keine Hexenjungen", warf seine Mutter ein, doch dieses Mal nickte Kilian nicht.

„Das stimmt nicht. Bei den Druiden in Woda gibt es auch ein paar männliche Magier", warf er ein. Die Frauen warfen einander skeptische Blicke zu.

Sally Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Wenn das wahr ist, heißt das, dass die Ältesten entweder nichts davon-", setzte sie an und ihre Großmutter vervollständigte den Satz:

„Oder sie halten es geheim." Das Tickend er Uhr war für einen Augenblick das einzige Geräusch im Raum.

„Das wäre ein Skandal", sagte Sarah schließlich. Und: „Wir sollten nicht von diesem Szenario ausgehen. Unseren Schwestern etwas Derartiges zu unterstellen -. Ich will es mir gar nicht vorstellen. Es muss ein Missverständnis sein!"

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