Machtspiele

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Faina seufzte enttäuscht. Kilian blickte von seinem Kaffee zu ihr auf. Fragend hob er eine Augenbraue.
"Maya hat auch abgesagt."
Die Absage von Nour war einen Augenblick zuvor eingetrudelt. Sie war im Urlaub und würde erst in zwei Tagen wieder zu Hause sein. Zu knapp. Kilian hatte nur noch drei Tage.
"Aber sieh mal", keuchte Faina und hielt ihm ihr Handy entgegen:
"Ich kann euch leider nicht dabei helfen, das Schwert zu finden. Wenn meine Mutter das rausfindet, bin ich geliefert." War dort zu lesen.

"Ja, sie sagt ab. Das hast du doch gerade gesagt", stöhnte Kilian.
"Nicht das. Lies weiter", wies Faina ihn an. Kilian leistete ihr Folge:

"Aber ich habe meine Mutter einmal sagen hören, dass Henots eins unserer Familienerbstücke verstecken. Es handelt sich um ein Collier. Wenn Kilian das finden könnte, könnte er es vielleicht verwenden, um mit meiner Oma zu verhandeln."

Dann folgte ein Bild.

Kilian schnappte nach Luft

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Kilian schnappte nach Luft. Dieses Collier kannte er. Das Kitschhalsband des Todes aus dem Antiquitätenladen. Er hatte es immer für vergoldeten, nachgebildeten Schund gehalten.

"Das Ding ist schon ewig in unserem Antiquariat. Mein Vater hat es einmal von einer Reise mitgebracht. Warum haben die von Borckes es nicht einfach gekauft, wenn sie es haben wollen?"
"War denn eine von ihnen mal bei euch im Laden?"
Kilian schüttelte den Kopf. "Nicht, dass ich wüsste."
Faina atmete hörbar aus.
"Es sind einfach alte Tratschtanten. Sie haben vielleicht irgendwann gehört, dass jemand gesagt hat, er hätte gehört, jemand habe gesehen, deine Mutter hätte das Collier versteckt. Und anstatt die Sache anzusprechen und zu klären, zerreißt man sich lieber das Maul."
Kilian hob die Augenbrauen, überrascht von der Schimpftirade.
"Sorry. Es regt mich nur immer so auf. Diese ganzen machtpolitischen Spielchen."
Er schluckte seine Erwiderung, dass sie genauso ein Spielchen mit ihm gespielt hatte, herunter. Denn auch er musste nun spielen. Sich jetzt mit Faina zu streiten, wäre unklug. Er brauchte sie als Verbündete und seine verletzten Gefühle konnte er später behandeln.

"Das Collier werde ich als Plan B im Hinterkopf behalten. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass Edna von Borcke mein Leben einfach so gegen das Ding eintauschen wird, wenn es scheinbar nicht einmal wichtig genug ist, um danach zu fragen. Meinst du, wir können es zu zweit versuchen? Also, die Novizen zu finden?" Kilian blieb schließlich nichts anderes übrig.

"Ganz ehrlich: Ich glaube nicht. Aber mir fällt auch keine Hexe ein, die wir noch fragen können. Zumindest keine, der ich genug vertraue, um sie um Hilfe zu bitten." Faina biss sich auf ihre schöne, volle Unterlippe. Kilian spürte einen Stich in der Brust und wandte den Blick ab.

"Dann heute Abend?", fragte er, ohne sie anzusehen. Im Augenwinkel sah er, wie ihr roter Haarschopf nickte.

"Lass uns uns in der alten Kapelle auf dem Hügel treffen. Wo wir auch die Astralprojektion gemacht haben. Um acht?", schlug sie vor und nun war es an Kilian zu nicken.

***
Da Kilian nun nicht mehr verheimlichen musste, dass er sich mit Faina traf und was er vorhatte, aß er mit seiner Familie zu Abend und sprach über den Plan. Seine Mutter und Großmutter gaben ihm viele gutgemeinte Ratschläge, verunsicherten ihn aber zunehmend.

„Ich weiß, ihr wollt mir helfen. Aber ihr macht mich nervös. Und wo ist Sally eigentlich? Sie wollte mir noch ihre Kerzen mitgeben."

„Deine Schwester ist mit Lu unterwegs. Ja, so hab ich auch geschaut. Keine Ahnung, was die beiden treiben. Aber ihre Kerzen hat sie in einer Tasche im Flur für dich bereitgestellt", antwortete seine Mutter zwischen zwei Bissen Grünkohl. Kilian zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. Was hatten Selena und Lu vor? Ihm schwante, dass er es bald herausfinden würde.

Als er fertig gegessen hatte, brachte er seinen Teller in die Spülmaschine, verabschiedete sich mit einem Kuss auf je eine Wange bei Sarah und Klara und begab sich in den Flur, wo er den Jutebeutel mit Sallys Kerzen fand. Sie hatte einige ihrer schwarzen Lieblingskerzen im Licht des Vollmonds für ihn aufgeladen. Was auch immer das genau heißen mochte. Irgendetwas mit Energie und Intention. Kilian hatte es nicht verstanden, nahm aber jede Hilfe, die nicht darin bestand, sich umzubringen, gern an.

Er mummelte sich warm in seinen Parka und einen dicken Schal ein und verließ das Haus, wo ihm ein eisiger Februarwind entgegenschlug. Seine Hände in Handschuhe verpackend, holte er sein Fahrrad aus dem Schuppen und fuhr zu dem Hügel.
Seine Gedanken rasten und er musste immer wieder aufpassen, dass seine Füße es nicht auch taten, da der Weg teilweise von Glatteis überzogen war. Kilian zog sich zwischendurch den Schal über Mund und Nase, weil die Kälte so beißend war. Schließlich erreichte er den Fuß des Hügels, schloss sein Fahrrad ab und machte sich an den Aufstieg.

Oben angekommen, sah er an dem flackernden Licht in der Kapelle, dass Faina scheinbar bereits da war. Dabei war erst viertel vor acht. Also holte er tief Luft und öffnete die Tür.

Doch auf dem Boden der Kapelle saß nicht Faina.

„Sally? Lu? Was macht ihr hier?"

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