Prolog:

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Allwissender Erzähler POV.

Misaki Hashiwara blickte versonnen auf ihr Frühstücksei und stocherte darin herum. Es war vielleicht 4:30 Uhr am Morgen, aber sie wusste nichts besseres anzustellen. Ihr Studium der Psychologie an der Tokio Universität hatte vor einem Semester begonnen, aber sie fühlte sich bereits jetzt vollkommen ausgelaugt, beinahe, als würde jemand Tag und Nacht auf ihrer Schulter sitzen und ihr nach und nach jegliche Energie entziehen. Doch schlafen konnte sie dann doch nicht.

Mit einem Seufzen sah Misaki auf die Uhr über ihrer Küchenzeile und schaufelte sich den letzten Rest Ei in den Mund. Sie arbeitete morgens immer in einem kleinen Café die Straße runter und seit sie nicht mehr schlafen konnte, machte sie sich oft schon früh auf den Weg, denn sie wäre ohnehin die Erste und besaß daher auch einen Schlüssel.
Misaki richtete sich auf und ging einen Raum weiter in ihr Bad.

Sie besaß eine eigene Wohnung, allerdings weniger weil ihre Eltern reich wären, sondern weil ihre alleinstehende Oma vor etwa einem Jahr gestorben war und ihre Mutter ihr diese Wohnung zum studieren überlassen hatten. Eigentlich wohnten sie ziemlich im Süden von Japan in einem Vorort von Fukuoka, doch Tokio hatte Misaki schon seit frühster Kindheit mehr gereizt, als dieses Kaff.
Im Bad schob sie sich die Strähnen ihrer dicken, schwarzen Haare aus den Gesicht. Vor kurzem wollte sie sich ein Pony schneiden lassen, aber der Friseur riet ihr davon ab, da sie so ja ihr hübsches Gesicht verdecken würde.

Misaki verdrehte beim Gedanken daran noch immer die Augen. Wenn ihr Friseur sie so sehen würde hätte er ihr den Pony vermutlich noch extra zwei Zentimeter zu lang gelassen, denn die tiefen Ringe unter ihren Augen konnte man wirklich nicht mehr hübsch nennen.
Außerdem fand sie sich sowieso eine als eine eher unscheinbare Art von hübsch. Eine, die neben anderen hübschen Gesichtern, als „normal" abgestempelt werden würde.
Jedenfalls war das so, wenn sie sich keine Mühe gab und das kam erschreckend häufig vor.
Genau wie heute.
Sie kämmte ihre Haare und band sie anschließend zu einem Pferdeschwanz hoch, ehe sie sich schminkte - mit extra viel Concealer.
Etwas enttäuscht bemerkte sie, dass dieser jedoch auch nicht viel gebracht hatte.

Sie verließ das Haus um genau 5:10 Uhr und schlenderte die beinahe noch dunkle Straße runter zum Café. Die kühle Luft erfrischte sie auch wenn der laufende Abgasgeruch stetig in ihre Nase drang, aber irgendwie belebte sie das auch.
Das war Tokio.
Eine Stadt, die zu groß war, um jemals ruhig zu sein, oder wie sie es sagen würde: „Eine Stadt in der zu jeder Stunde die Hölle los war."
Kaum hatte sie die Tür verlassen, stieß sie beinahe mit einem Briefträger auf dem Fahrrad zusammen, der ihr ungehalten nachschrie.
Sie befand sich nicht im bunten Teil Tokios, aber auch in ihrer Gegend ließ sich schon erahnen, wie es weitergehen könnte.

Mit einem wachen Gefühl und einem Lächeln im Gesicht lief sie fast schon übermütig ihre paar Minuten zum Café und schloss auf.
Die erste halbe Stunde steckte sie sich Kopfhörer in die Ohren und fegte einmal durch, ehe sie sich in die Küche begab, um die Brötchen aufzubacken und den Kuchen auszustellen. Die Konditoren und anderen Mitarbeiter kamen meistens erst um neun Uhr.
Für diese Frühschicht bekam sie dafür einen anständigen Arbeitslohn, zumal sie nur noch eine Woche hier arbeiten würde, da dieses Café dann für einige Wochen in Betriebsurlaub ging.
Um punkt sechs war sie fertig und öffnte die Tür, ehe sie sich mit einer Zeitschrift in der Hand auf einen Hocker hinter der Theke fallen ließ.

Um diese Uhrzeit kamen kaum Leute rein und das wusste sie auch. Höchstens einige Frühsportler, oder Schüler, die einen weiten Schulweg hatten. Umso überraschter war sie, als die Glocke erklang - etwa fünf Minuten nach Beginn ihrer Schicht - und zwei Jungen in ihrem Alter das Café betraten. Zu ihrem Leidwesen sahen beide auch noch ziemlich gut aus, denn auch wenn - oder vielleicht auch weil - sie noch keinen Freund hatte, so war sie wie jedes normale Mädchen machtlos gegen gut aussehende Jungs.
Innerlich verfluchte sie sich, dass sie nicht doch mehr Schlaf gehabt hatte und zwang sich zu einem möglichst wachen und ungezwungenen Lächeln, denn süße Mädchen kamen immer gut an.

Nur ein Mensch (Satoru GojoxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt