Kapitel 7:

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Gespannt hielt ich ganz still und überlegte was sinnvoller wäre. Mich einfach auf alles was er tun würde einzulassen, dafür aber gleich mit Live-Publikum, plus Mutter und Schwester. Ganz zu schweigen, dass dies mein erster Kuss sein würde.
Oder aber wie eine aufgeschreckte Gazelle aufzuspringen und in das nächst beste Bad zu rennen, um ihn mit meinen mehr-Jagdhunde-als-Cousinen alleine zu lassen und mir dazu noch quälende Fragen über den Grund meines Ausbruchs von allen Seiten anhören zu müssen.
Gerade von Tomoki.
Da ich also nicht auswerten konnte was schlimmer wäre, blieb ich einfach vollkommen erstarrt sitzen und blickte stumm in seine wunderschönen Augen.
Es war wohl schwer zu bestreiten, wie gerne ich tatsächlich wollte, dass er mich küsste. Meine Vorurteile seiner Person hin oder her, so war er doch ehrlich, beschützend, wenn auch vielleicht ein kleines bisschen verrückt. Mit anderen Worten: Er war alles, was in meinem bisherigen Leben nicht vorhanden war. Fast wie ein Schlüssel zu einem Schloss, dass endlich geöffnet werden wollte.
Man konnte also definitiv sagen, dass ich ihn wollte. Länger als bloß die paar Stunden des heutigen Abends.

Diese Realisation trat innerhalb einer Sekunde ein und hätte mein Unterbewusstes: „Woran machst du das fest? Ihr hattet eure erste normale Konversation gestern!?" mich nicht zurück gehalten, wäre ich vermutlich schon längst über ihn hergefallen. Leider juckte es mich nun in meinen Fingern ihm einfach meine Arme um den Hals zu schlingen und dieses Verlangen wurde stärker je weiter er sich zu mir rüber lehnte.

»Aufpassen bitte, meine Damen und Herren!«
Erschrocken fuhren wir auseinander und ich riss meinen Blick von ihm los, um ihn der Person zuzuwenden, die uns so unwirsch unterbrochen hatte.
Étienne hielt sein Weinglas in die Höhe und hatte sich aufgerichtet, damit alle am Tisch ihn besser sehen konnten. Als alle Gespräche verstummt waren fuhr er fort, wobei alle sich konzentrieren mussten, um seinen Akzent zu verstehen. Er sprach wirklich gut. Einmal meinte er seine Großmutter habe eine Zeit lang in Japan gelebt und ihm sei ein wenig davon mitgegeben worden, ehe er durch ein Stipendium an die Tokio Universität gekommen ist.

»Ich möchte euch allen miteinander danken, dass ihr den Weg von den schönen Städten Japans allesamt hierher gefunden habt. Und da dieses Abendessen eine gute Gelegenheit ist, will ich sie nutzen, um eine weitere frohe Botschaft zu verkünden, denn obwohl diese Familie schon wirklich groß ist, so wird es uns eine Ehre sein jemand Neues hier rein zu bringen in unseren Kreis.« Étienne machte eine Kunstpause und wir anderen hielten gespannt den Atem an. Dann erhob auch Koko sich und sah ihn so verliebt an, dass ich beinahe Regenbogen kotzen könnte.
»Ich bin schwanger!« rief sie dann und wir als Publikum, durch Étiennes Auftakt nicht überrascht, aber glücklich für die beiden, überhäuften sie mit Applaus und Glückwünschen, während Ryu und Tante Miriko (seine Frau) die Hauptgänge auf den Tisch drapierten.

»Glückwunsch!« rief ich Koko schräg über den Tisch zu und realisierte im gleichen Moment, dass ich in neun Monaten eine viel zu junge Tante sein würde.
Sie lächelte mir strahlend zu, als Geste, dass sie mich verstanden hatte und wurde gleich darauf in ein Gespräch mit Tante Mirko verwickelt.
»Das kam... plötzlich...« meinte ich mehr zu mir selbst, als zu Gojo, doch dieser nickte verständnisvoll.
»Kinder sind so lange schön, bis sie anfangen zu denken.«
Wieder kam mir der Gedanke, dass es hinter diesen Worten etwas mehr gab. Etwas über ihn. Etwas, dass er noch niemanden anvertrauen hatte.
»Sprichst du aus Erfahrung?«
»Natürlich. Ich wurde als Stärkster geboren und danach ausgebildet. Natürlich hatte man mir aber verschwiegen wie aufdringlich die Alten sind und jetzt halten sie mich im Schacht wie einen Löwen im Käfig.«
»Hmpf.« machte ich nur, weil ich dieses Ganze „Stärkster hier - Stärkster da" Getue zu einer Eigenschaft zählte, die ich an ihm nicht heiß fand. Auch wenn diese Käfig Metapher interessant war. Anscheinend mussten sie sich auch an eine Art Gesetz halten. Nur das das Töten von Menschen da anscheinend nicht explizit verboten war.

Nur ein Mensch (Satoru GojoxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt