Kapitel 30

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Die Sonne ging langsam unter und man hatte mich in einem hübschen Gemach einquartiert. Amanda stand an einem Schrank und sortierte meine Sachen ein, derweil ich aus dem Fenster sah. Kaden war ich noch immer nicht begegnet, dafür hatte ich die Königin etwas besser kennengelernt, und ich hatte sie schon jetzt in mein Herz geschlossen. Sie war zwar zurückhaltend, aber ungeheuer nett und liebevoll. Am liebsten hätte ich sie umarmt, aber das wäre wohl etwas unangebracht gewesen. Was sie wohl von mir hielt? Ich hatte auch ihr detailreich erzählt, was den Streit zwischen mir und Kaden verursacht hatte, und wie ich die Sache sah. Dass er mich, Gott, es schien mir eine Ewigkeit her zu sein, gefragt hatte, ob ich seine Frau werden wollte, verschwieg ich dabei. Was war denn nur passiert?

Ich nestelte an dem ledernen Armband herum, als mir etwas einfiel. Der kleine Junge hatte viel geredet. Er hatte gesagt, die Soldaten des Königs würden Menschen mitnehmen, die von einer besseren Zukunft sprachen und das jemand namens Mory von ihnen mitgenommen wurde. Ich konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, nicht wenigstens zu versuchen, ihnen zu helfen, also hatte ich keine Wahl und prüfte noch einmal den Sitz meines Dolches, bevor ich mein Zimmer verließ. Vielleicht könnte ich ihn ja sogar befreien.Seit wann hatte ich so etwas überhaupt, ein Gewissen?

Ich gab es nur sehr, sehr ungern zu, aber Kaden hatte recht gehabt. Avendor war gefährlich und es wäre durchaus in Belaria sicherer für mich. Das wurde mir Stunde um Stunde, die ich hier verbrachte bewusster, aber in dem Punkt, dass ich damit nicht klarkommen würde, lag er noch immer falsch.

In einigen Gängen waren Wachen postiert, aber keiner von ihnen sagte ein Wort, als ich zügig vorbei eilte. Ich versuchte mich zu erinnern, wo sich die Treppe nach unten befand, und nachdem ich zwei mal rechts abgebogen war, lief ich schnell die Stufen hinunter. Normalerweise befanden sich Zellen unterhalb eines Schlosses, also lief ich durch all die breiten Gänge im Untergeschoss, aber ich fand keinen weiteren Abstieg. Als ich meine zweite Runde drehte fiel mir eine Tür auf. Sie war breiter als die anderen und irgendwie gab es vor ihr einen Luftzug.

Wenn es einen Luftzug gab, musste sie nach draußen führen aber wahrscheinlich gab es auch einen weiteren Eingang zu den Zellen. Es konnten ja kaum alle Sträflinge durch das Schloss geführt werden. Ich öffnete sie also vorsichtig und zuckte zusammen, als ein jähes Quietschen erklang. Panisch warf ich den Kopf hin und her, aber niemand schien es gehört zu haben. Ich schlüpfte in den Raum und wäre beinahe eine schmale Treppe hinunter gekullert. Ich hielt mich am Geländer fest und lief nach unten. Es roch modrig und irgendwie nach ... Salz.

Ja, hier gab es einen weiteren Ausgang und er musste runter zum Meer führen! Die schmalen Stufen wurden heller und ich verlangsamte meine Schritten. Ich wollte ja keiner Wache in die Arme laufen. Eigentlich war ich noch immer vollkommen überfordert mit all diesen Sachen. In Belaria war es so unendlich anders gewesen, aber jetzt konnte ich es ja nicht mehrändern, also nahm ich es einfach hin.

Die enge Wendeltreppe mündete in einem dünnen knapp beleuchteten Gang und als ich auf meine Uhr sah, erkannte ich gerade so, dass es kurz vor zehn war. Ich schlich den Gang entlang, Vorbei an drei Holztüren bis...

In die dicken Steinmauern waren Gitter eingelassen und erstreckten sich über die ganze Wand. Ich blieb hinter einer Kurve versteckt. Ich konnte nichts hören. Kein Reden, kein Atmen, dabei hätten sich hier doch bestimmt Wachen aufgehalten. Niemand war hier. Außer, dort im Schatten einer Zelle sah ich zwei braune, glasige Augen. Sie glänzten im Schein der Laterne. Vorsichtig ging ich auf die Gitterstäbe zu, immer lauschend auf die schweren Schritte eines Soldaten. Es war so ungerecht, dass sie einfach Menschen einsperrten, weil sie gesprochen hatten. Ich legte eine Hand um die Stäbe, sie hatten einen Durchmesser von mindestens sechs Zentimeter, und spähte in die Dunkelheit. Immer noch nur die Augen waren zu erkennen.

Die Belington Chroniken - Königin der SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt