Kapitel 63

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Als ich endlich aufwachte, stand die Sonne bereits weit über dem Horizont und warf lange Schatten auf den Boden vor dem Bett, in dem ich schlief. Gestern Nacht war ich nur noch müde ins Bett gefallen und hatte mich seit dem nicht gerührt. Nun musste es bereits Vormittag sein und lediglich mein hungriger Magen hatte mich zum Aufstehen ermuntert. Ich ging zu dem Schrank und zog ein hellblaues, schlichtes Sommerkleid heraus. Alles, was dieser Schrank zu bieten hatte, war einfach herrlich.  Nach dem ich mich umgezogen hatte warf ich noch einen kurzen Blick in den Spiegel, flocht meine Haare zu einem losen Zopf und drapierte ihn über meiner Schulter. Schließlich verließ ich das Schlafzimmer und stellte fest, dass ich beinahe allein war. Nur Ren saß auf einem Sessel neben dem Fenster und sah nach draußen. Als er das Klicken des zufallenden Schlosses hörte, wandte er sich zu mir.

„Fertig mit dem Schönheitsschlaf?" murmelte er und ich schmunzelte, während ich auf den Sessel neben ihm zuging. „Du scheinst davon heue Nacht ja offensichtlich nicht genug bekommen zu haben." schoß ich zurück und beobachtete die Züge des Mannes. Er lachte lautlos und blinzelte einige Male schwer, ehe er antwortete.

„Davon habe ich schon seit Jahren nicht mehr genug bekommen." fügte er ruhig hinzu und schloss dann die Augen. Ren faszinierte mich immer wieder. Er schien eine unerschöpfliche Quelle von Lebenserfahrung zu sein. Ich hatte auf seine Worte nichts zu erwidern, daher goss ich mir eine Tasse Kaffee aus der Kanne auf dem Tisch vor mir ein und fragte stattdessen: „Wo sind die anderen abgeblieben?"

„Malich und Lana sind gleich nach dem Frühstück, bei dem du übrigens den beiden Herren gefehlt hast, zurück auf die Aurora gegangen, um nach dem Rechten zu sehen. Und Kaden ist mit Varian irgendwo. Sie wollten sich weiter über unser Anliegen unterhalten und Kaden versucht, etwas über die Möglichkeiten des Glavo Raja zu erfahren."

Ich nickte vor mich hin, während ich einen Schluck aus meiner Tasse nahm.

„Ren kann ich dich etwas Fragen?" 

Ohne seine Lieder zu öffnen, reagierte er auf meine Frage: „Immer raus damit."

Ich wandte meinen Blick zum Fenster hinaus und räusperte mich, bevor ich zu sprechen begann. „Als ich mir gestern ein wenig die Stadt angesehen habe, konnte ich an einem kleinen Marktstand zwei Bücher kaufen. Ich dachte es könnte sinnvoll sein, die Grundlagen der hiesigen Sprache zu lernen, bevor wir den Glavo raja treffen. Aber die Bücher erweisen sich nun als etwas komplizierter, als zuvor gedacht. Könnte ich sie dir mal zeigen?" sponn ich meine kleine Lüge und wartete dann geduldig Rens Antwort ab.

„Was sind es genau für Bücher? Übersetzungsbände?"

„Jaja genau." 

Ich nahm noch einen Schluck aus der Tasse in meinen Händen, ehe Ren erneut etwas erwiderte. „Zeig mal her, sofern ich etwas damit anfangen kann erkläre ich dir gern das ein oder Andere."

Lächelnd stand ich auf und eilte in mein Schlafzimmer. Dort zog ich die beiden Schriftstücke unter dem Sessel hervor, unter den ich die beiden in der Nacht geschoben hatte und brachte sie zügig zu Ren. Dieser betrachtete beide Bücher von allen Seiten ehe er das größere aufschlug und einige Augenblicke darin herumblätterte. 

„Dieses hier ist simpel. Einfache Übersetzungen von Belarisch auf Tulip und umgekehrt." 

Ich nickte. „Aber was ist mit dem anderen? Ich kenne keine der beiden Sprachen darin." 

Ren grummelte in sich hinein und besah sich das kleinere, leicht kaputte Buch. Er schlug eine Seite auf und zeigte auf die beiden von Hand gezogenen Spalten. „Das hier ist ebenfalls Tulip. Aber dieses Wort hier nicht. Jedenfalls nicht direkt. Du hast dieses Buch auf einem Markt gefunden?" argwöhnisch sah Ren mich an und augenblicklich beschleunigte sich mein Herzschlag. Wusste er etwa, dass ich log? 

Die Belington Chroniken - Königin der SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt