Kapitel 27

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Kaden Maximilian Brencaster

Ich schenkte wieder nach. Die kribbelnde Wärme breitete sich schon in meinem Bauch aus, aber ich kippte einen weiteren Schluck hinterher.

Jeder hat seine Wege zu gehen, wo sie auch hinführen mögen.

Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Was hatte ich nur getan. Man konnte es nicht ändern, ich wurde immer mehr zu Vater. Unkontrollierte Wut und Aggression. Noch vor ein paar Sekunden war sie hier gewesen, ihre Schritte verhallten noch im langen Gang, aber sie hatte es nicht bemerkt. Jillian.

Sie hatte ihn nicht bemerkt. Den Ring. Seit sie ihn gegen meine Brust geschleudert hatte, hielt ich ihn in der Hand. Jillian.

Ich hatte Recht. In Avendor, besonders in Cavice, konnte ihr jeder Zeit etwas zustoßen. Sie hatte doch wirklich nie etwas anderes getan als Tee trinken und das Leben der feinen Gesellschaft zu leben. Sie kannte die Welt nicht. Warum habe ich es ihr nicht erklärt, ohne zu brüllen und in einen Schrank zu schlagen? Warum fällt es mir so schwer ihr zu zeigen, wie sehr ich sie liebe? Jillian.

Vielleicht hatte ich sie unterschätzt. Sie behauptete, mit einem Dolch umgehen zu können und auch innerlich war sie mir nie schwach vorgekommen. Und trotzdem war es für sie sicherer in Belaria. Aber auch sie hatte Recht. Ich hatte gelogen. Oft. Aber hatte ich nicht plausible Gründe gehabt? Mein Land zu retten, sie zu schützen. Diese Punkte waren wirklich wichtig. Aber vielleicht war ihre Umsetzung nicht das Beste für sie. Es war nicht mehr wichtig, schließlich hatte nun ich den Ring, nicht sie. Ich hatte mein eigenes Glück auf dem Gewissen.

Sie hatte die Kette getragen. Auch im Schein der einzigen Kerze war der Edelstein nicht zu übersehen gewesen. Seit ich ihn das erste mal gesehen hatte, hatte er mich an den Himmel erinnert, oder den Ozean. Ich betrachtete den funkelnden, geschliffenen Stein, eingesetzt in ein Geflecht aus Gold, in meiner Hand. Es war nur ein paar Tage her, als ich sie gefragt hatte. Sie war Minuten lang Still gewesen, aber in ihren Augen hatte sich ihr ganzer Denkprozess gespiegelt. Als sie zu realisieren schien, um was ich sie bat, waren sie glasig geworden und sie hatte mich weiter im Schnee knien lassen. Ich war mir wirklich nicht sicher gewesen, ob sie Ja sagen würde. Sie war unberechenbar, auch wenn sie mich liebte. Sie hatte es selbst gesagt, nahezu hunderte Male in einer einzigen Nacht und doch waren wir nun hier. Ich konnte es nicht kontrollieren. Diese furchtbare Ähnlichkeit zu König Horan. Ob Jillian mir jemals verzeihen würde? Ich würde es nie erfahren.

Sie hatte es selbst gesagt: Jeder hat seine Wege zu gehen, wo sie auch hinführen mögen.


§


Ich wachte auf, als mir die Sonne mitten ins Gesicht schien. Dabei war es noch früh. Im Halbschlaf streckte ich mich zur Glocke, aber bevor ich daran zog, um Amanda herbei zu rufen fiel mein Blick auf meine ausgestreckte Hand. Der leere Fleck lachte mich an. Ich wollte böse zurück lachen, aber es gelang mir nicht. Gestern war alles drunter und drüber gelaufen. Ich hatte gute Gründe gehabt, um ihn anzuschreien und jeder von uns, sollte erst einmal seine eigenen Ziele verfolgen. Trotzdem sollten wir uns nicht im argen trennen. Bedachte man unsere Positionen, konnten durch so etwas Kriege entstehen.

Nein, wir würden zivilisiert reden. Schnell warf ich meinen Morgenmantel über, nicht weil es kalt war, sondern eher wegen meiner leichten Bekleidung, und verließ mein Gemach. Ich lief durch die Gänge, bis ich an seinem Zimmer ankam. Bestimmt würde er noch nicht beim Frühstück sein. Kurz strich ich mir durchs Haar und zupfte mein Dekolleté zurecht und wollte klopfen, aber die Tür war nur angelehnt. Vorsichtig schob ich sie auf und schlüpfte in den Raum. Als ich mich umwandte, blickte ich auf ein gemachtes Bett und unbenutzte Handtücher. Heute morgen waren die Hausmädchen aber flink.

Die Belington Chroniken - Königin der SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt