Kapitel 64

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Gegen Nachmittag, als wir alle wieder im Salon saßen, der unser aller Zimmer miteinander verband, war Varian nach einem zögerlichen Klopfen eingetreten, und hatte verkündet, dass seine Mutter und der Glavo Raja in zwei Tagen zurückkehren würden und das an dem Tag eine Abendgesellschaft stattfinden sollte, zu der wir herzlich eingeladen waren. Nachdem er gegangen war, hatten Kaden und Ren gleich angefangen erneut Stück für Stück durchzugehen, um was wir den Glavo Raja bitten wollten, was wir anzubieten hatten und wie wir uns verhalten müssten. 

Als ich am Abend mein Zimmer betrat, lag ein gefaltetes Stück Papier auf meinem Bett. Es war eine Nachricht von Varian. Für einen kurzen Moment hatte ich mich wieder gefragt, wie er die Nachricht hier hinein bekommen hatte, doch ich konnte es mir nicht erschließen. Er lud mich ein, mit ihm gemeinsam zu der Feier zu erscheinen. Gemeinsam, ich als seine Begleitung und er als die meine. 

Ich hatte einen Tag lang über seine Einladung gegrübelt und überlegt, was ich von der Idee hielt. Einerseits wurde mein Herz ganz leicht bei der Vorstellung, ihn zu berühren und Arm in Arm mit ihm den Abend zu verbringen. Vielleicht ein wenig zu Tanzen und zu Lachen. Aber dennoch hielt mich etwas davon ab, ihm zuzusagen. Es war die leise Hoffnung, den Abend in Kadens Begleitung verbringen zu können. Einen Abend zu erleben, wie wir sie früher oft geteilt hatten. Schließlich erhielt Varian weder Zu- noch Absage von mir und ich wartete die Zeit bis zur Ankunft des Glavo Raja in meinem Zimmer oder auf dem Trainingsplatz ab.


§


Es war der Abend der Feier. Vor ungefähr zwei Stunden war  eine Karawane auf dem riesigen Innenhof des Campus von Varians Familie eingetroffen und nun stand ich vor dem Spiegel in meinem Zimmer und strich einige Falten meines Kleides zurecht. Mein Haar war offen und nur einige Strähnen fanden mithilfe einer filigranen goldenen Spange an meinem Hinterkopf Platz. Das Kleid, welches ich aus der wunderschönen Auswahl des Schrankes gewählt hatte, saß nahezu perfekt. Es war in einem blau-violettem Ton gehalten und fiel in mehreren sanften Lagen bis zum Boden. Außerdem war es schulterfrei und hatte lediglich einen gerafften, dünnen Stoffstreifen an jedem meiner Oberarme, der einem Ärmel glich. Ich sah bezaubernd aus. 

Gerade, als ich einen letzten prüfenden Blick über mein Antlitz geworfen hatte, und mich der Tür zuwandte, öffnete sich diese und Kaden trat herein. Er ließ die Tür angelehnt und drehte sich dann zu mir um, wobei er einen rastlosen und irgendwie mysteriösen Blick auf mich warf, dann aber eingehend die Zimmereinrichtung betrachtete. Ich wusste nicht was ich sagen oder tun sollte. Als wir das letzte mal allein gewesen waren, hatte er sich sehr seltsam verhalten. Nach einer gefühlten Ewigkeit der Stille begann er endlich zu sprechen. 

„Ren, Lana und ich werden um Mitternacht von Varian in einen angrenzenden Raum geführt, um dem Glavo Raja unser Angebot zu unterbreiten. Malich bleibt bei der Feier und hat ein Auge auf die Gäste, aber für dich gibt es keine richtige Aufgabe." 

Meine Schultern sackten zusammen und ein Gefühl der Enttäuschung machte sich in mir breit. Noch immer hatte ich meinen Platz und meinen Mehrwert in bei dieser Unternehmung nicht gefunden. Zögerlich sah ich an mir herab. „ Willst du mir sagen ich soll hier in den Gemächern bleiben und nicht an der Feier teilnehmen?" 

Jetzt blickte Kaden auf und sah mir direkt in die Augen, wobei er einen kleinen Schritt auf mich zutrat. „Nein, darauf wollte ich gar nicht hinaus. Ich wollte dir nur sagen, dass es dir freisteht, an dem Treffen mit dem Glavo Raja teilzunehmen oder nicht.", er stoppte kurz und blinzelte einige Male, ehe er fortfuhr, „Du hast die Wahl."

Ich war ganz ehrlich überrascht. Irgendwie war ich davon ausgegangen, nur auf die Feier zu gehen und nicht zu diesem Treffen. Ich hätte nicht gedacht, dass Kaden mich entscheiden ließ. Schließlich kannte ich ihn gut. Er war mit Sicherheit besorgt bezüglich des anstehenden Treffens. Wir konnten den Glavo Raja nicht einschätzen, sdazu hatte uns Varian nicht genügend über seinen Vater preisgegeben. „Denkst du, von ihm geht heute Nacht eine Gefahr aus?" fragte ich nachdenklich. 

Kaden dachte kurz über meine Frage nach, bevor er antwortete. „Ich denke nicht. Varian ist uns bis jetzt wohlgesonnen, dann wird der Glavo Raja es auch sein. Jedenfalls vorerst." 

Ich wusste wie viel Überwindung  es ihn kosteten musste, mir die Wahl zu lassen. Aber er musste dazugelernt haben, schließlich war ich ihm das letzte mal, als er mich von etwas verhalten wollte, quer über den ganzen Kontinent gefolgt. „Ich werde dabei sein. Vielleicht kann ich etwas beitragen." 

Als ich aufblickte, lag Bestimmtheit in meinem Blick. Ich sah Kaden nun ebenfalls direkt an, allerdings nickte er nur knapp und drehte sich zur Tür. Seine Hand lag bereits auf der Klinke, als er sich noch einmal umdrehte. „Jillian du siehst wirklich schön aus." sagte er sanft und blinzelte mich einen Moment an, bevor er den Raum verließ, wobei ich ihm noch ein erstauntes „Danke" hinterher hauchte.

Als ich mein Zimmer nun verließ waren alle bis auf Lana bereits im Salon und warteten. Kaden trug einen schicken schwarzen Anzug, der durch den eher weiten Schnitt bereits leicht den Kleidungsstil dieser Stadt imitierte. Gerade eben war mir seine Aufmachung kaum aufgefallen, aber er sah ebenfalls sehr schön aus heute. Ren war in eine weite schwarze Hose und einem ebenfalls weiten und schwarzen Hemd mit einer dunkelgrünen und filigran bestickten Weste gekleidet. Ich hatte ihn vorher noch nie in etwas anderm als seiner eher einfachen Lederkluft gesehen, doch das gut bekannte Schwert an seiner Hüfte versicherte mir, dass er noch immer er selbst war. Die erstaunlichste Verwandlung hatte jedoch Malich gemacht. Von einem rauen und meist ungewaschenen Zeitgenossen hatte er den Sprung zu dem Äußeren eines höfischen Edelmanns geschafft. Auch seine Hose war weiter geschnitten, war jedoch dunkelblau und nicht schwarz, was hervorragend zu seiner ebenfalls dunkelblauen Weste passte. Darunter trug er ein dunkelbraunes Hemd mit weiten Ärmeln. Seine Haare waren gekämmt und ordentlich drapiert und auch sein Bart war viel gleichmäßiger als sonst. Nur sein belustigtes Grinsen, als er meinen eingehenden Blick bemerkte, zeigte den Malich, den ich kannte. 

Wir warteten noch einige Minuten still,  bis Lanas Zimmertür sich endlich öffnete. Auch sie war, ganz dem Anlass passend, hinreißend gekleidet. Sie hatte ein dunkelrotes, bodenlanges Abendkleid gewählt, welches ihr linkes Bein durch einen Schlitz freilegte, jedoch noch genügend Haut verdeckte, um züchtig auszusehen. Ihre Haare fielen in ihren üppigen Locken auf ihren Rücken, als sie sich zu uns wandte und grinsend sagte „So, wollen wir dann los?"

Ren brummte etwas missmutig, als er sich von dem Sessel erhob, auf dem er eben noch gesessen hatte und vor ging, um die Tü zu öffnen. Wir anderen folgten ihm, wobei Lana mir ein freundliches Zwinkern zuwarf.



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