Kapitel 50

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Noch vor Sonnenaufgang waren wir alle auf der Aurora gewesen, ich war wieder im selben Zimmer, wie auf unserer Fahrt nach Milata und auch die Besatzung schien die selbe zu sein. Kaum waren wir an Deck gewesen, war wieder Lanas dreckiges Lachen ertönt und prompt hatte sie sich wieder in den Captain verwandelt.

Ren hatte mir am Nachmittag während des Trainings erklärt, das wir insgesamt dreieinhalb Tage auf See verbringen würden, bis wir den Hafen in Vyn anlaufen würden und ich konnte nicht anders, als mir dieses Vyn vorzustellen.

Tulip...

Steinwüste und Verbrechen.

Aber irgendetwas sagte mir, dass das nicht alles war, was es in Tulip gab.

Unter all den Umständen musste es töricht klingen, aber ich machte mir langsam sorgen, was ich anziehen sollte. Mein letztes sauberes Kleid würde ich für den Tag unserer Ankunft aufheben, um einen möglichst seriösen Eindruck zu machen.

Als ich lange nach Sonnenuntergang in der Kajüte war und mir mein Nachthemd überstreifte, war Kaden noch nicht da. Er musste noch auf dem Deck sein.

Wer dieser Mann wohl war, der angeblich so viel Einfluss hatte, um Truppen befehligen zu können? Um gleichauf mit König Horan zu sein, brauchten wir noch mindestens zweitausend Mann, aber eine solche Zahl an Soldaten konnte ich mir beim besten Willen nicht auf einem Fleck vorstellen. Vielleicht ein Abgesahnter des Tuliper Königshofs oder ein Mann von Adel und einer gigantischen Privatarmee? Es brachte nichts, darüber zu sinnieren, ich würde es eh bald herausfinden. Als das Knarren der Tür ertönte, drehte ich mich um und verschränkte die Arme, als mir der dünne Stoff des Nachthemds auffiel.

Kaden lächelte mir kurz zu und drehte mir dann den Rücken zu, als er sein ledernes Oberteil abstreifte. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand. Im Schein der winzigen Laterne war das Zusammenspiel seiner Rückenmuskeln faszinierend und mein Mund wurde ganz trocken. Als er begann, mit seinem Gürtel zu hantieren, blinzelte ich hastig und setzte mich auf die Bettkante, ohne ihn anzusehen.

„Was hast du da eben gesummt?" fragte Kaden leise und ich wandte überrascht den Kopf, den ich augenblicklich wieder zurückschnellen ließ.

Plötzlich fiel mir die soeben verstummte Melodie ebenfalls auf und ich musste unwilkürlich lächeln.

„Ich schätze das war das Lied, dass wir in Milata in der Taverne gehört haben. Ich weiß auch nicht, warum es mir eingefallen ist." tat ich ab und lachte kurz über die seltsame Belanglosigkeit dieses Gesprächs. Kaden kam um das Bett herum und griff nach der Laterne, um sie auszumachen. Er war so wunderschön...

Ich schüttelte den Kopf und kroch mit den Beinen unter die Decke.

„Hattest du nicht einmal die Vermutung, dass die Männer deines Vaters zurückkehren würden?"

Meine Stimme klang rau. Kaden räusperte sich und legte sich auf die Matratze. Ich sah in sein Gesicht, auch wenn ich kaum etwas erkennen konnte. Sein Kopf lag auf seinem Arm und die Decke bedeckte ihn nur bis zur Hüfte, wobei ich im Bett saß und die Decke bis zu meinen Schultern gezogen hatte. Ihm schien nie kalt zu sein.

„Nein. Ich war mir wirklich sicher, dass er sich irgendwo in den Norden verzogen hat und auf mich wartet. Es hatte weder Plan noch Methode, zurückzukommen. Er muss vollkommen verrückt geworden sein!"

Ich sah die Wut in seinem Gesicht und meine Hand legte sich auf seinen Oberarm und mein Daumen strich leicht über seine warme Haut. Er beruhigte sich augenblicklich und ich lächelte ihn ungewollt an.

„Du hasst mich dafür. Du gibst mir die Schult an dem Tod dieses Jungen und den anderen. Ich kann das verstehen und es tut mir Leid. Ich konnte nichts tun." Er gab sich ebenfalls selbst die Schuld, was mich einerseits beruhigte, andererseits aber auch traurig stimmte. Da war diese Verbindung zwischen uns, die mich nahezu alles in ihm spüren ließ.

Ich dachte lange über seine Worte nach.

„Ich hasse dich nicht." Ich könnte dich niemals hassen.

„Ich ... ich... Gott, ich weiß nicht einmal was ich denke!"

Als ich Kaden in die Augen blicke, wusste ich nicht, was ich tat.

Ich drehte mich, sodass ich auf dem Bauch, und halb auf ihm lag, und ließ meine Hand an seine Wange wandern. Über sein Kinn, seinen Hals und schließlich wieder seine Wange. Er ließ es geschehen und sah mir nur in die Augen, während sich sein freier Arm langsam um meinen Rücken legte.

„Wer sagt mir, dass du dich nicht noch einmal irrst?" fragte ich ruhig und er spannte sich an. Lange brannte nur sein Blick in meinen Augen, wobei ich zusah, wie seine sich immer weiter verdunkelten.

„Niemand." hauchte er. Es klang am Boden zerstört.

Ich rückte etwas von ihm ab und starrte auf die Kuhle unter seinem Hals.

Eine dumpfe Enttäuschung machte sich in mir breit, dabei hatte ich doch genau damit gerechnet. Niemand konnte wirklich wissen, was im kranken Kopf des Königs vor sich ging. Genau deshalb war es klug von mir gewesen, meine eigenen Schlüsse zu ziehen. Früher hatte ich mich nur mit Kleidern, Tee und Bällen beschäftigt, das mochte stimmen, aber dennoch war ich in der Lage, genau so gute Pläne zu schmieden, wie er. Wenn nicht sogar bessere.

„Niemand." wiederholte ich noch leiser, drehte mich endgültig auf den Rücken und stellte mich, ohne ein weiteres Wort, schlafend. Es war das Beste so.

Die Belington Chroniken - Königin der SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt