Mein schmunzeln verging, als wir in einen weiteren, wesentlich kleineren Raum gingen. Neben einer Bank war ein Waschbecken, ein Schrank und an der linken Wand ein kleines Fenster, aber neben dem Schrank hing ein Bügel mit Kleidung und...
„Was soll ich damit?" fragte ich mit tiefer Stimme und schaute Kaden erschrocken an. „Das ist für dich. Du kannst wohl kaum so trainieren."
Mir kroch die Röte ins Gesicht und ich sah zu Boden. Nun war meine Stimme leise, belegt von peinlicher Berührtheit.
„Aber... aber ich habe noch nie eine Hose getragen." gab ich zu und sah eine Mischung von Wunder und Belustigung im Gesicht meines Begleiters. Als er nach ein paar Sekunden bemerkte, dass ich nicht lachte, riss er überrascht die Augen auf.
„Wirklich? Nicht einmal als Kind oder beim Reiten?"
Seine Stimme war mir noch immer etwas zu erheitert, also zog ich einen Schmollmund und schob den Prinzen aus dem Raum. Er murmelte, er würde vor dem Gebäude warten und dann verklangen Schritte hinter der Tür. Ich wandte mich um, verschränkte die Hände und starrte auf den Bügel. Da hing eine schwarze Lederhose und ein cremefarbenes, weites Oberteil. Eine Hose und ein dämliches Hemd. Eine solche Sünde wäre sogar einer Kartoffel aufgefallen!
Etwas mürrisch zog ich mich um, hängte mein cyanfarbenes Kleid über den Bügel und öffnete die Tür. Würde Mutter sehen, wie ich eine enge Hose und dazu Pumps tragen würde, bekäme sie einen Herzinfarkt. Verständlich, ich sehe bescheuert aus.
Als ich die Tür nach draußen öffnete und auf das Sandfeld zu stapfte wurde mir mein Aufzug immer unangenehmer und schließlich blieb ich einige Meter vor Kaden und Ren stehen. Kaden machte sich wenigstens die Mühe, zu versuchen sein Lachen zu unterdrücken.
Ach, es gibt doch wirklich nichts schöneres, als ausgelacht zu werden!
Mit einer theatralischen Handbewegung deutete Ren auf etwas neben der Hauswand. Dort stand ein paar dunkelbrauner, nagelneuer Stiefel und mein Herz machte einen kleinen Satz. Wenigstens einen teil meiner Würde bewahren zu können, schien mir wie ein Geschenk der Götter. Ich würde mich später mit dem Schwert wohl noch schlecht genug anstellen, wenn man bedachte, was das letzte mal passiert war, als ich versucht hatte, etwas neues zu lernen. Die Sprachen von Belaria und Avendor unterschieden sich quasi gar nicht, abgesehen von ein paar anderen Betonungen und einem leichten Dialekt, aber ich hatte gelesen, dass Tulip eine ganz eigene Sprache hatte. Kurzerhand hatte ich mir einige alte Bücher in ihrer Sprache aus einer vergessenen Truhe auf dem Dachboden geholt und meine Nase hinein gesteckt. Es hatte mich zur Weißglut getrieben, wie komplex und antik ihre Grammatik und jeder einzelne, gottverdammte Buchstabe war, also hatte ich die Schriftstücke nach nur einem Nachmittag wutentbrannt gegen die Wand geworfen.
Ich schlüpfte in die Stiefel und stellte mich dann aufmerksam an den Rand des Feldes. Kaden und Ren standen sich gegenüber und der ehemalige Assassine hatte seine Jacke ausgezogen. Beide hatten die Schwerter gezückt und umkreisten sich, während sie mir abwechselnd irgendwelche Fakten und Erklärungen zubrüllten.
„Sobald du die Konzentration verlierst, bist du tot! Wenn du in der falschen Umgebung kämpfst, bist du tot! Wenn du deine Aufmerksamkeit auf zu viele Gegner auf einmal richtest, bist du tot!" brüllte Ren ununterbrochen.
Das würde wohl wesentlich schwerer werden, als das erlernen einer Sprache.
Nachdem ich über eine Stunde lang das Schwert hatte richtig halten lernen müssen, stellte sich Kaden nun vor mir auf und Ren gab mir Anweisungen, wie ich Schläge ausführen sollte. Kaden parierte jeden einzelnen, aber vermutlich hatte auch ein Schmetterling besser zielen können, als ich. Ich war weder stark noch schnell.
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Die Belington Chroniken - Königin der Sterne
FantasyIhr ganzes Leben lang war sie die hübsche und doch kluge Prinzessin, Thronerbin von Belaria. Doch was ist, wenn alles, was sie je über ihre Welt zu wissen glaubte, plötzlich auf den Kopf gestellt wird? Was, wenn alles was sie kannte, lediglich auf...