Kapitel 22

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Ich war die Treppe noch nicht einmal ganz hinab geschritten, als mir dünne Kinderarme um die Hüfte fielen und ich zu Boden gerissen wurde. Ceci umklammerte mich und ich gab ihr einen dicken Kuss auf den Kopf.

„Ich hab dich auch vermisst Maus." erklärte ich und sie hob endlich ihr Gesicht von meinem Hals. Wir lagen auf dem Boden und ich hielt sie in den Armen während sie runter ratterte, was ich alles verpasst hatte. Wie schön es war mal einem anderen Geplapper zuzuhören, als dem von Bethany.

Wir standen auf, kloppten uns den Dreck von den Röcken und setzten unseren weg zum Frühstück fort. Die Sonne strahlte herrlich und draußen war es angenehm warm, also hatte man das Essen draußen auf einer kleinen Terrasse im Grünen aufgebahrt.

Dort angekommen begrüßte ich Mutter mit einem Kuss auf die Wange und sie beobachtete überrascht, wie ich Kaden einen Kuss auf die Lippen drückte.

Wir waren doch ein Paar, da konnte ich es doch auch offen ausleben.

Er schien ebenfalls etwas erstaunt von der offenen Zurschaustellung unserer Romanze, nahm es aber schmunzelnd hin. Ich ließ mich auf einem weißen Gusseisenstuhl nieder und häufte mir buntes Obst und ein Croissant auf. Thomas goss mir Kaffee ein und füllte dann die anderen Tassen am Tisch nach. Heute schien er nicht so konfus zu sein, sondern eher recht gut gelaunt. Sein zeitweilige Missmut hatte also doch nichts mit mir zu tun. Vaters fehlen bemerkte ich erst, als er die Terrasse betrat und fröhlich „Guten Morgen zusammen!" sagte.

„Vater wie schön dich zu sehen. Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?" fragte ich und biss in mein Croissant. Er gab mir im Vorbeigehen einen Schmatzer auf den Hinterkopf und ließ sich dann samt Zeitung auf einem weiteren Stuhl nieder.

„Ach nichts besonderes Jillie. Wie war die Hochzeit von Reginald Settix?"

„Ziemlich uninteressant. Countesse Avaria ist nicht glücklich über die Verbindung, aber das war ja zu erwarten." erzählte ich derweil der König sich an einem köstlich aussehenden Kuchen bediente. Ich fragte mich wirklich wo Mrs. Grendly solch eine Kunstfertigkeit gelernt hatte.

„ Aber sonst war die Reise ganz nett."

Ich erwiderte Kadens unterdrücktes lachen mit einem vernichtenden Blick und wandte mich wieder Vater zu. Er musste ja nichts von dem Desaster erfahren. Letztendlich war alles in Ordnung, also wäre es nur unnötiger Stress. Klirrend legte König Robert seinen Löffel auf die Untertasse und griff in die Tasche seines Jacketts.

„Da du gerade von Reisen sprichst Liebes, ich habe Neuigkeiten. Die Duchess und der Duke of Maleroy haben uns alle für zwei Wochen zu ihnen eingeladen. Wir werden in einer Woche aufbrechen. Ich weiß für euch ist es etwas plötzlich, da ihr eben erst zurückgekehrt seit, aber wir werden fahren."

Freude stieg in mir auf. Tante Celeste und Onkel Markus hatte ich ewig nicht gesehen. „Tante Celeste will bestimmt den Prinzen unter die Lupe nehmen!" meinte Cecilia und kicherte. Alle am Tisch taten es ihr gleich.Ja, Celeste war die ältere Schwester meines Vaters und eine sehr interessante Frau. Sie war ende vierzig und hatte eine sehr... präsente Persönlichkeit. Ich kannte keine andere Frau die so viel Meinung und Selbstbewusstsein hatte wie sie. Immer wollte sie Recht behalten und wurde auch hin und wieder etwas ausfällig, was zur Belustigung aller beitrug. Sie fühlte sich von nichts vor den Kopf gestoßen, machte dies aber umso öfter bei anderen.

Onkel Markus hingegen war das genaue Gegenteil. Sehr zurückhaltend und reserviert, aber trotzdem sympathisch. Wenn er etwas sagte waren es stets gut gewählte Worte, meist zum Thema Astronomie oder Schifffahrt.

Auch Maleroy Haus war ganz bezaubernd. Ein großes, verwinkeltes Herrenhaus in den verschneiten und höchsten Bergen von Belaria, umgeben von gefrorenen Seen und weitläufigen Wäldern. Dort war es immer kalt und alles war fast das ganze Jahr über mit Schnee bedeckt. Und auch wenn ich gerade erst wieder zu Hause war freute ich mich riesig auf die nachste Reise.

Nach dem Essen ging ich ins Musikzimmer und spielte bei offenen Balkontüren einige meiner Lieblingsstücke und den Rest des Tages saß ich im Salon und spielte mit Cecilia Karten und Scharade.

Am späten Abend schlich ich mich, wie angekündigt, hoch zu den Dienstbotenzimmern und klopfte an Marieés Tür. Sie öffnete und ich drückte ihr einen Stapel Bücher in die Hand. Geschichten über längst ausgestorbene Piraten oder Künige und über die Sage der Magie. Das Buch beschrieb Belaria vor tausenden von Jahren. Die Menschen waren eine Art Magier oder Feen und herrschten über die Elemente. Als ich sechzehn war hatte ich diese Bande geradezu verschlungen und da Marieé große Fortschritte im Lesen und Schreiben gemacht hatte beschloss ich, es wäre Zeit für richtige Lektüre.

Als ich meinte, sie sei wirklich begabt in Kalligraphie lief sie rot an und meinte ich müsse ihr nichts vormachen.

Sie hatte wirklich nicht viel Selbstvertrauen, aber irgendwie machte es sie sehr liebenswert.

Als ich wieder in meinen Gemächern war klingelte ich nach Amanda und während sie meine Frisur löste und mir ein Bad einließ erzählte sie mir von allerlei Tratsch. Layla, eines der Hausmädchen, habe wohl  einen Verehrer aus dem Dorf und James habe Marieé Blumen geschenkt. Ich wusste wie viel, oder eher wenig, die Bediensteten verdienten und wie kostspielig Blumen waren. Der junge Diener musste sie sehr mögen. Als der Mond schon lange die Wiesen vor meinem Fenster erleuchtete legte ich die Abendlektüre weg und glitt in mein weiches Kissen

Die Belington Chroniken - Königin der SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt