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A I D E N
Nur zwei Wochen sind seit meinem 'kleinen Zwischenfall' vergangen und ich bin dem Heroin wieder komplett verfallen. Alex Angebot erneut einen Entzug zu versuchen lehnte ich ab. Ich hatte wirklich keine Lust darauf noch einmal eine Woche mit kotzen zu verbringen. Doch ich war mir fast sicher das wir es irgendwann nochmal versuchen werden, aber nicht jetzt, jetzt brauchte ich eine Pause.

Ich lag bereits wach in meinem Bett als mein nervtötender Wecker erklang, welchen ich aber auch gleich wieder zum Schweigen brachte. Nach langen inneren Konflikten schaffte ich es doch noch aus dem Bett und schlurfte ins Badezimmer, wo ich mir die Zähne putzte. Ich kämmte meine Haare schnell durch und ging wieder zurück in mein Zimmer um mich umzuziehen. Als auch dieser Schritt bewältigt war, begab ich mich in die Küche um mir einen Schuss zu setzten. Mein Körper hatte sich wieder an das Heroin gewöhnt und konnte nicht mehr ohne, und das alles innerhalb von knapp 2 Wochen.
Als die Droge durch mein Blut strömte, ließ ich alle Erschöpfung fallen und ich genoss den Rausch, den mir das weiße Pulver verschaffte.
Ohne Frühstück, dafür aber mit einer Schachtel Zigaretten und Feuerzeug bewaffnet, verließ ich den Wohnblock wenig später und ich musste zu meinem Bedauern feststellen, dass die Temperaturen langsam wieder wärmer wurden. Warum konnte nicht das ganze Jahr Winter sein?
Ich fuhr 15 Minuten vor Unterrichtsbeginn zuhause los, kam dementsprechend auch kurz vor dem Läuten in der Klasse an. Mein Rausch klang immer weiter ab, und so überkam mich langsam die Erschöpfung wieder. Mein Kopf fand seinen üblichen Platz auf dem Tisch wieder ein und ich bemühte mich darum einzuschlafen. Leider wurde meine Bitte auch dieses Mal nicht erhört, und ich konzentrierte mich in der zweiten Stunde hauptsächlich auf die leise Musik meiner Kopfhörer.
Kurz vor Schluss der dritten Stunde klingelte dann mein Handy, zwar lautlos, doch ich konnte das Vibrieren in meiner Hosentasche spüren. Unterm Tisch fischte ich es heraus nur um zu sehen das Sky mich anrief.
Was wollte sie denn jetzt? Sie weiß ganz genau das ich in der Schule bin.
Dann legte sie auf, nur um wenige Sekunden später erneut anzurufen.
Ich verdrehte die Augen und ließ es erneut weiter vibrieren. Da die Stunde sowieso jede Minute aus war, wartete ich diese Zeit noch ab.
Inzwischen hatte sie mich ganze vier mal angerufen und beim fünften Mal ging ich sobald der Lehrer aus dem Raum war ran.
„Yo Sky was los, ich bin Schule warum rufst du fünf mal an?" fragte ich genervt.
Einige meiner Mitschüler drehten überrascht oder verwirrt den Kopf zu mir um. Vermutlich weil sie die Seltenheit erleben dürfen meine Stimme zu hören.
Ich tippte genervt mit meinen Fingern auf dem Tisch herum erstarrte aber sofort als ich ein Schluchzen am anderen Ende der Leitung hörte.
,Das ist nicht Sky' schoss es mir durch den Kopf. Zwar hörten sich die Geräusche weiblich an, doch ich wusste wie Sky klang wenn sie weinte, und das war definitiv nicht sie.
„Wer ist da" Der Fakt das sich meine Mitschüler nicht wieder umdrehten und mir anscheinend bei meinem Telefonat zuhörten störte mich extrem.
„Bist du Aiden?"
„Ja" ich zog eine Augenbraun verwirrt in die Höhe.
„Ich bin Skylar's Mutter. Meine Tochter wollte, dass ich dich anrufe"
Ich verstand die Welt nicht mehr. Warum ruft mich Sky's Mutter von ihrem Handy an.
Als die Frau weiter hin schluchzte, dämmerte es mir langsam.
„Was ist passiert" Fragte ich ernst und stellte jegliche Bewegung ein.
„Skylar und ein Freund von ihr...sie hatten einen...Autounfall" meine Augen weiteten sich entsetzt.
„Welcher Freund, wie heißt er" ich stand gestresst auf und ging ein paar Schritte hin und her. Bitte...
„Alex...glaub ich" ich blieb sofort wie versteinert stehen und schlug mir aus Reflex die Hand vor den Mund. Meine Hand führte ich weiter hinauf durch meine Haare wo sie kurz verweilte.
„Wie geht es ihnen?" fragte ich zögerlich.
Den Leuten in meiner Nähe schenkte ich einen tödlichen Blick, trotz der Panik die ich empfand. Hatten die nichts besser zu tun?
Die Frau fing wieder stärker an zu Weinen und ihre Antwort stockte sehr.
„Skylar ist...schon tot...der Junge wird...es wahrscheinlich...a-auch nicht überleben."
Ich riss die Augen auf und musste mir Tränen unterdrücken.
„Fuck" murmelte ich und beendete das Telefonat um meine Tasche zu greifen und aus der Klasse zu stürmen.
Das konnte nicht sein.
Sky tot und Alex kurz davor?
Ich rannte so schnell ich konnte aus dem Gebäude und fuhr danach zum Krankenhaus, wessen Adresse mir Sky's Mutter zum Glück ohne Aufforderung noch geschickt hatte.
Dort stürmte ich in den Eingangsbereich und fragte an diesem Informationsding nach den beiden. Die Frau hinter dem Computer meinte das Alex momentan noch operiert werden würde und Sky es leider nicht geschafft hätte.
Sie nannte mir den Bereich der Operationssäle und sagte ich könne in dem Wartebereich davor warten.
Wie in Trance begab ich mich dann auch dort hin und setzte mich auf einen der Stühle. Den paar wenigen Leuten die sich um mich herum verteilt befanden schenkte ich keinerlei Beachtung. Genauer gesagt bekam gerade gar nichts meine Aufmerksamkeit als die weiße Wand gegenüber von mir die ich unerlässlich anstarrte. Mein Kopf war wie leergefegt, ich dachte an rein gar nichts. Die Zeit verging quälend langsam, und als nach einer gefühlten Ewigkeit ein Mann in weißen Kittel den Gang entlang kam und fragte ob denn jemand Angehöriger von einem Alex sei, stand ich sofort auf. Mein letzter Funken Hoffnung, wurde dann schließlich vernichtet als ich den Blick des Arztes sah und als dieser dann auch noch Kopf senkte und sein Beileid aussprach, musste ich mich an die Wand hinter meinem Rücken anlehnen um nicht umzukippen. Die weiteren Worte des Mannes nahm ich nur gedämpft war und meine Gedanken kreisten nur um eine Sache.
Alex war Tot.
Sky ebenfalls.
Ich war wieder alleine.
Ich hatte schon wieder alles verloren.
Irgendwann hielt es ich in diesem Gebäude nicht mehr aus und ich drehte mich ohne noch einen Ton zu verlieren um und ging Richtung Ausgang. Im Eingangsbereich konnte ich im Vorbeigehen ein Paar erkennen das komplett niedergeschlagen war und zusammen weinte. Meinen Vermutungen nach waren das Alex Eltern welchen die Nachricht soeben überbracht wurde. Ich ließ mich aber nicht von meinem Weg abbringen und so war ich nach wenigen weiteren Minuten auf dem Heimweg. Ich achtete kein bisschen auf den Verkehr, ich konnte von Glück sprechen dass ich nicht selbst einen Unfall baute, doch alles was ich gerade wollte war nachhause.

Kaum schloss ich die Wohnungstür brach ich dahinter zusammen. Bis jetzt hatte ich mich zusammengerissen und wollte es unbedingt vermeiden in der Öffentlichkeit zu heulen, doch jetzt ging es nicht mehr.
Ich ließ mich an der Tür hinuntergleiten, vergrub die Finger verzweifelt in meinen Haaren und heulte mir die Seele aus dem Leib. Irgendwann hielt ich mir eine Hand vor den Mund weil ich mir selbst zu laut war.
Wie konnte ein Mensch so von dem Leben verachtet werden und so viel Pech wie ich haben? Ich habe wortwörtlich alles verloren.
Nach einiger Zeit beruhigte ich mich wieder und konnte mit wackelnden Beinen in die Küche gehen um eine zu rauchen. Meine Gedanken machten mich fertig, worauf hin ich sie mit einem Schuss zum schweigen brachte.
Ich legte mich obwohl es Mittag war mit dröhnenden Kopfhörer in mein das Bett meines verdunkeltes Zimmers und versuchte zu schlafen. Und was eine Überraschung, ich schlief logischer weise nicht ein. Wälzte mich nur unendliche Male hin und her, keine Position war gemütlich und mir tat alles weh.
So ging es den ganzen Tag.
Zwischendurch ging ich duschen, und setzte mich ab und zu auf um mir eine Zigarette anzuzünden.
Am Abend musste ich arbeiten gehen und so zwang ich mich aufzustehen. Im Bad musste ich den Blick vom Spiegel schnell abwenden so hässlich fand ich mich selbst in diesem Moment. Den ganzen Nachmittag hatte mich diese Stimme in meinem Kopf fertig gemacht, mich beleidigt, mir Sachen vorgeworfen. Dir Musik hatte das ganze etwas abgedämpft, aber bei weitem nicht ganz.
Eigentlich war ich nicht wirklich in der Verfassung Arbeiten zu gehen doch mit blieb keine andere Wahl.
Irgendwie musste ich schließlich Geld herbeischaffen.

Broken apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt