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G R A C E
Heute ist Weihnachten. Wie schnell die Zeit vergeht. Aiden und ich haben uns immer noch nicht vertragen, im Gegenteil, es wurde immer schlimmer.
Zuerst schien es ihn wirklich getroffen zu haben, doch jetzt zeigte er keinerlei Emotionen mehr und ihm schien alles egal zu sein.
Meinerseits jedoch auch. Ich wollte ehrlich gesagt nichts mehr mit ihm zutuen haben. Wir hatten uns komplett auseinander gelebt, und verstanden uns nicht mehr. Ich verbrachte meine komplette Zeit mit Jonas, und manchmal auch Ava. Auch war ich immer öfter bei meinem Vater und Andrea, und versuchte einigermaßen ein Verhältnis aufzubauen.

Aiden war gerade erst arbeiten gegangen und ich machte mich daran meine Sachen zu packen. Mein Vater hatte mich zum Essen eingeladen und mich davon überzeugt wieder bei ihm einzuziehen.
Und genau das würde ich heute machen.
Ich packte meine komplettes Eigentum in meine Tasche, schrieb Aiden einen Brief in dem ich mich erklärte und blickte mich ein letztes Mal in dieser Küche um.
Hier hatte sich vieles zugetragen.
Hier habe ich angefangen zu Rauchen.
Hier drinnen hielt ich Aiden davon ab sich umzubringen.
Was wird er wohl jetzt tuen nachdem ich weg bin. Er hatte mal erwähnt ich wäre das einzige wertvolle und wichtige in seinem Leben.
Es tat mir ja leid aber ich konnte und wollte hier nicht mehr wohnen.
Hoffentlich übersteht er es halbwegs.
Somit gab ich mir einen Ruck und verließ die kleine Wohnung und somit den großen Wohnblock. Mein Vater holte mich in der Nähe ab und wir fuhren gemeinsam zu ihm.
Dort wurde ich erfreut von Andrea und Jonas empfangen und von den anderen Gästen, die vermutlich Freunde meiner Eltern waren, begrüßt.
Gemeinsam aßen wir ein köstliches Menü, das von Andrea gekocht worden ist und genossen den Abend.

A I D E N
Es war halb vier als ich nachhause kam. Ich nahm extra Schichten ein und etwas mehr Lohn zu bekommen, und kam dementsprechend auch später nachhause.
Bevor ich irgendetwas anderes machte klopfte ich an Graces geschlossene Zimmertür. Ich hatte den Entschluss gefasst erneut eine Versöhnung zu starten. Auch wenn ich sie dafür jetzt wecken musste. So konnte es nicht weiter gehen.
„Grace, können wir bitte reden?"
Keine Antwort.
„Ich weiß das du nicht mit mir reden willst, aber-" ich verstummte als ich eintrat und ein leeres Zimmer vorfand. Nicht nur von Grace keine Spur sondern auch von ihren Sachen fehlte jegliche. Verwirrt begab ich mich in die Küche und auch diese war leer.
Auf dem Tisch lag ein Zettel, welchen ich mir nahm und durchlas. Was hat das alles zu bedeuten?

„Hallo Aiden,
Wenn du das liest, bin ich vermutlich schon nicht mehr da.
Ich habe beschlossen wieder zu meinem Vater zu ziehen.
Bitte nimm es mir nicht übel, aber ich kann unter den vorhandenen Umständen nicht mehr bei dir Wohnen.
Bitte versuche nicht mich zu überzeugen zurückzukommen oder in Kontakt mit mir zu treten, meine Entscheidung ist endgültig.
Ich bedauere wirklich sehr wie sich die Dinge entwickelt haben, pass auf dich auf
Grace"

Als ich ihre von Hand geschriebenen Zeilen las, merkte ich wie Tränen über mein Gesicht hinabliefen und vereinzelt auf das Blatt Papier tropften.
Etwas zerbrach in meinem Inneren.
Zuerst einzelne Stiche, bis schließlich alles zusammen krachte und ich mich an der Wand herunter gleiten ließ. Meinen Kopf stützte mich mit einer Hand und ich versuchte auf das was gerade passiert war klar zu kommen.
Sie hat mich Verlassen.
Einfach so.
Mit einem Brief.
Meine Atmung wurde schwerer und die Panik überrollte mich förmlich.
Was danach passierte, war die schlimmste Panikattacke die ich je erlebt hatte.
Alles zog sich zusammen, ich hörte Stimmen die mir Dinge einredeten die alles nur noch schlimmer machten und ich dachte ich würde ich sterben.
Doch ich verspürte nicht das Verlangen mir was zu schießen.
Alles was ich spürte war unglaublicher Schmerz und Traurigkeit.
Ich war wieder allein.
Grace hatte mich verlassen.
Die Grace, die mich davon abhielt mir das Leben zu nehmen.
Die Grace die mein Leben besserte.
Die Grace die mich aus meinen tiefen Loch der Verzweiflung holte.
Die Grace die ich mehr als alles andere liebe.
Und jetzt ist sie weg.

Die restliche Nacht und die Tage danach waren der absolute Alptraum.
Ich konnte kein Auge zu machen und wenn ich für einen Kurzen Moment einschlief, wachte ich sofort mit schwerem Herzklopfen wieder auf.
Ich bewegte mich keinen Meter aus der Wohnung heraus und lag den ganzen Tag im Bett, und sollte ich mich doch einmal aus meinem Zimmer begeben, dann war es mitten in der Nacht um den dunklen Himmel am Balkon zu beobachten, um mich ewig lang im Bad zu verstecken oder um was zu nehmen.
Da wir ja Weihnachtsferien hatten musste ich mich auch nicht mit den Idioten meiner Schule abgeben. Zum Glück.
Arbeiten ließ ich auch ausfallen, behauptete ich sei krank.
Alex hatte mir gestern, auf meine Bitte hin Zigaretten vorbeigebracht. Da hatte ich ihm auch auf seine Frage ob alles Okay, wäre alles erzählt. Er meinte er wäre für mich da, doch halfen seine Worte nicht wirklich.
Es tat immer noch scheiße weh.
Doch ich bin selbst schuld.
Ich habe den gleichen Fehler noch einmal gemacht.
Ich habe jemandem Vertraut.
Warum bist du immer noch gleich dumm wie damals Aiden?
Ach, da war wieder unser geliebter Besucher, Aiden 2.0
In letzter Zeit war er wieder sehr gesprächig.
Zu meinem Bedauern.
Warum vertraust du Leuten immer noch?
Ich weiß es nicht.
Was tust du jetzt?
Ich weiß es nicht.
Du hast es nicht anders verdient.
Findest du? Ich hab mich diesmal wirklich
bemüht
Wer würde sich freiwillig mit dir abgeben?
Offensichtlich niemand.
Warum bringst du dich nicht um, wäre für alle besser.
Vermutlich wäre es das.
Ja...warum lebe ich noch? Ich wusste es nicht. Diese Welt hatte wirklich nichts lebenswertes mehr. Nicht einmal mehr Drogen ließen mich den Willen zu leben spüren.
Mir war alles Egal.
Grace hatte meine ohnehin schon verletzten Gefühle endgültig gekillt.
Ich verstand immer noch nicht recht warum sie mich überhaupt so sehr hasste.
Was habe ich so dermaßen Falsch gemacht?
Auch das wusste ich nicht.

Je mehr Zeit ich zum nachdenken hatte, je mehr wurde mir bewusst was für einen riesigen Fehler ich begangen habe.
Ich hatte Grace geglaubt.
Geglaubt sie würde sich wirklich um mich kümmern und sich für mich interessieren.
Alessia hatte mich auseinandergenommen,
doch Grace hatte mich wortwörtlich zerstört und begraben.

Broken apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt