G R A C E
Die Mittagspause war bald um und Blaire, Maya und ich ließen uns auf der Mauer vor unseren Schule nieder. Wir hatten die Mittagspause damit verbracht uns etwas zu Essen zu besorgen und saßen nun quatschend auf dem kalten Stein.
Ich beobachtete die Umgebung und vergrub mein Gesicht noch etwas tiefer in meinen Schal. Die Temperaturen des Winters machten sich in letzter Zeit deutlich bemerkbar. Ich mochte den Winter nicht besonders. Wenn wenigstens Schnee fallen würde, doch alles was wir hier bekamen war Matsch und Regen. Dazu noch diese Kälte. Ich mochte trockenes Wetter und warme Temperaturen deutlich lieber.
Von weitem sah ich Aiden den Gehsteig herunterkommen. Seine Augen konnte ich nicht erkennen, da die Kapuze die er trug seine Haare noch mehr herunterdrückte und sein Gesicht verdecken ließ, als ohnehin schon. Er warf mir einen kurzen Blick zu, welcher gerade so zu erkennen war, und ging dann einfach weiter. Nicht nur ich sah ihm nach, auch meine beiden Freundinnen.
"Jetzt mal Real Talk, Aiden ist schon gottlos Absturz oder?" meinte dann Blaire nach einer kurzen Stille. "Ja, der ist doch voll der Junkie." Blaire nickte. "Ich hab ihn mal im Klo erwischt wie er sich was die Nase hoch zog, Das war sicher Kokain oder so!" Nun lieferte auch ich meinen Beitrag zu dem Gespräch. "Nein das wäre ihm zu teuer, das waren wahrscheinlich zerkleinerte Oxycodon Pillen"
Die beiden schauten mich erstaunt an. "Ach ja, du hast ja bei ihm gewohnt oder?" meinte Maya dann. Ich nickte.
"Wie war das denn so? Also mit nem Junkie zu leben, was nimmt er denn so?" fragte Blaire interessiert. Ich konnte mir schon denken für was sie diese Informationen wollte.
Aber mich ging er jetzt nichts mehr an, also konnte ich doch ehrlich sein.
"Er raucht halt ziemlich viel, regelmäßig nimmt er eigentlich nur Weed, Oxys, und manchmal Xanax oder Heroin. Oder zumindest als die Ferien anfingen, ich weis nicht wie es jetzt aussieht"
"Heroin?? Ist das nicht super gefährlich?" meinte Maya erschüttert. Ich zuckte mit den Schultern, ich wusste nicht viel über Heroin.
"Und wie war er so drauf? War er so aggressiv oder so?" fragte Maya mit scheinbar echtem Interesse weiter.
"Nein gar nicht. Aiden ist eigentlich voll chillig drauf. Aber wenn er was braucht ist er extrem energielos und raucht mehr als sonst. Oder er hat nicht viel gegessen, weil sein Magen es wegen dem ganzen Zeug nicht vertragen hat und hat meistens gekotzt wenn er zu viel aß. So Zeug halt"
"Boa das muss ja voll schlimm sein mit ihm zu wohnen, da muss doch alles nach Zigaretten riechen. Ich hasse den Geruch, Rauchen ist so widerlich." meinte Maya. Ich schmunzelte etwas.
"Ja es stimmt schon, aber irgendwann merkst du es gar nicht mehr weil du selbst auch nach Zigaretten riechst. Und ich persönlich habe kein Problem mit dem Geruch, also war es nicht so schlimm." manchmal rauchte ich auch noch heimlich, aber nur selten. Mein Vater war ja absolut dagegen, aber es half in Stresssituationen sehr. Ich musste zugeben es nervte die Zigaretten andauernd verstecken zu müssen, bei Aiden war es deutlich leichter.
"Also ich könnte das niemals" beendete Maya das Thema und Blaire stimmte ihr zu.
Ich dachte nach. So schlimm war es wirklich nicht. Es war sogar manchmal wirklich amüsant. Doch es ging nicht mehr, und es war für uns beide besser so, wie es jetzt war.A I D E N
Ich ging schnell an den drei Mädchen vorbei und ging weiter Richtung Bushaltestelle.
Es war kalt. Der Himmel von Wolken bedeckt. Ich hoffte, dass es bald wieder regnete, oder etwas Schnee wäre auch gut. Von mir aus könnte es das ganze Jahr über Winter sein. Die erdrückende Hitze des Sommers brauchte doch sowieso keiner.Zuhause angekommen, rauchte ich erst mal eine am Balkon. Ich setzte mich mit dem Rücken auf den Metallstäben hin und ließ meinen Blick über die Stadt schweifen. Die Kälte um mich ignorierte ich. Etwa eine halbe Stunde und viele Kippen später schrieb ich mit Alex, und er meinte er käme zu mir. Ich schrieb ihm noch dass er mir Zigaretten mitnehmen soll und ich ihm das Geld nachher geben würde, und er gab glücklicher weise nach. Ich hatte nur noch eine Schachtel, und ich war wirklich zu faul selbst welche zu besorgen. Alex hatte es viel einfacher, er war immerhin schon volljährig.
20 Minuten später hörte ich wie die Tür aufging und ich verließ wohl oder übel den Balkon. Ich hatte Alex einen Ersatzschlüssel gegeben, warum genau weiß ich nicht, doch ich schätzte für den Fall ,dass ich was dummes mache.
Ich lehnte mich an einen Schrank und rauchte meine angefangene Kippe einfach drinnen fertig.
"Hier Bro" meinte Alex und ließ einige Schachteln aus seiner Jackentasche auftauchen.
"Wie viel brauchst du" fragte ich und suchte Geld zusammen.
"Mach ma 60" Ich nickte darauf hin und gab es ihm. "Danke Bro" meinte ich und machte mich daran das Zeug zu verstauen. Die meisten fanden ihren Platz im Schrank, und die anderen ließ ich auf dem Tisch liegen.
"Und wie ist Schule so" fragte Alex dann und schmunzelte bei meinem Gesicht.
"Nervig wie immer" Ich hasste dieses Gebäude wirklich wie die Pest. Nach diesem Jahr breche ich auf jeden Fall ab. Vorausgesetzt ich lebe so lange.
"Bin ich froh dass ich abgebrochen hab haha" lachte Alex.
Die Zeit verging wie im Flug und wir redeten ziemlich viel.
Mit der Zeit wurde ich immer unruhiger. Langsam merkte ich wie das Verlangen immer größer wurde, doch ich versuchte es zu unterdrücken. Ich konnte mir vor Alex doch keinen Schuss setzten.
"Yo Aiden hast du was da?" meinte dieser dann, auch er war unruhig geworden.
"Mein Zeug halt, was willst du?"
"Oxys, am besten 80er aber 60er gehen auch."
Ich deutete mit dem Kopf auf den Schrank in der Küche mit den Worten "Bedien' dich"
Er schenkte mir einen dankbaren Blick und stand dann auf. Er begutachtete mein Zeug zuerst ausführlich und nahm sich dann 80er Pillen und machte sich daran sie zu zerkleinern. Ich wendete den Blick ab und versuchte meine Gedanken in andere Richtungen zu bewegen, was nicht wirklich funktionierte.
"Danke Bro, du bist echt meine Rettung." meinte er während er sich mit dem Handrücken über die Nase wischte und sich wieder setzte.
Ich antwortete ihm nicht und starrte weiterhin krampfhaft gerade aus.
"Alles gut?" fragte Alex mich dann nach kurzer Stille in der er mich wahrscheinlich gemustert hatte.
Erneut erwiderte ich nichts.
Reiß dich zusammen
Nicht jetzt
"Aiden, was is los" Er beobachtete mich weiterhin und ich zog die Knie an meinem Oberkörper um meine leicht zitternden Hände zu verstecken.
"Aiden wenn du was brauchst, nimms doch einfach" Nun schaute ich ihn doch an.
"Nein alles gut, ich halt's aus" meinte ich.
"Sieht mir nicht danach aus, mach einfach wenn's zu viel wird ok?"
Ich nickte. Die nächste Viertel Stunde wurde es immer schlimmer, und langsam kam die Übelkeit hinzu. Ich versuchte mich wirklich auf Alex und das was er sagte zu konzentrieren, doch vergebens, denn ich lief wenig später ins Bad und übergab mich ins Klo.
"Aiden wenn du nicht auf Entzug bist nimmst du jetzt was" Alex lehnte im Türrahmen.
Ich atmete schwer und erhob mich schwankend um mir den Mund auszuwaschen.
"Wann hast du's das letzte mal genommen?" fragte er.
"Gestern Nachmittag" Er nickte.
"Bist du auf Entzug?" Ich schüttelte den Kopf.
"Warum nimmst du dann nichts? Wenn's wegen mir ist lass dich nicht stören. Mich juckts nicht, wenn du's jetzt nicht machst, setzt ich dir gleich nen Schuss, und das willst du nicht, also mach schon. Mach nur nicht zu viel"
Nun zögerte ich kein Stück mehr. Ich ging zurück in die Küche und suchte mein Zeug zusammen. Alex setzte sich wieder hin und sah mir bei meinem Tun zu. Ich selbst setzte mich im Schneidersitz auf einen Stuhl und begann das Heroin auf einem Löffel mit etwas Zitronensäure und Wasser zu erhitzen. Dann zog ich es in die Spritze und band meinen Arm mit einem Gürtel ab. Als die Vene genug zu sehen war, setzte ich die Nadel an und drückte den Inhalt der Spritze in meinen Körper. Fast Augenblicklich fiel jegliche Anspannung von mir und der Rausch tauchte auf. Ich ließ mich zurück gegen die Lehne des Stuhls fallen und schloss beruhigt die Augen.
In dieser Position verharrte ich noch eine Weile bis ich meine Augen wieder öffnete. Ich vergaß fast die Spritze herauszuziehen und machte es deutlich zu spät. Das würde wieder einen blauen Fleck geben, mein Arm trug schon ein paar. Ich warf sie in den Müll und ließ mein Besteck und die Droge selbst wieder verschwinden. Alex schaute mich mit einer Mischung aus Interesse und Besorgnis an.
"Ist's wirklich so gut?" fragte er dann schließlich.
"Mach's nicht, aber ja, ist es"
DU LIEST GERADE
Broken apart
Teen FictionEin Mädchen dessen Leben gerade am zerbrechen ist, trifft auf einen Jungen dessen Leben schon zerbrochen ist... ,,Menschen sind nicht ohne Grund so wie sie sind. Sie wurden dazu gemacht" Das wird einem aber erst bewusst, wenn man sich selbst verände...