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A I D E N
Das nachfolgende Wochenende war wie immer. Samstags die ganze Zeit Arbeiten und Sonntags am Balkon chillen, Leute beobachten und Rauchen. Heute war dieser besagte Sonntag. Es war Nachmittags und Grace und ich kifften draußen. Sie wurde immer besser im drehen, aber was sollte ich sagen, sie hat ja auch den besten Lehrer.
Als wir dann rauchten schaute sie jedoch ziemlich nachdenklich aus.
,,Was ist los?" fragte ich sie deshalb.
Die Antwort lies etwas auf sich warten.
,,Das was Jonas abgezogen hat ist wirklich asozial. Ich hätte ihn nur nie so eingeschätzt."
Ich drehte meinen Kopf zu ihr.
,,Warum nicht?"
Auch jetzt dauerte es etwas bis ich meine Antwort bekam.
,,Ich weis es nicht. Als ich bei ihm geschlafen habe, kam er mir so nett und aufmerksam vor. Das jetzt passt nicht ins Bild."
Ich rauchte unberührt weiter. Mir gefiel der Typ ja noch nie.
,,Er mag mich einfach nicht, beruht allerdings auf Gegenseitigkeit."
Es kam vorerst keine Antwort doch irgendwann lehnte sie dann den Kopf ans Geländer und seufzte tief.
,,In meinem Kopf schwirren tausende Gedanken herum" murmelte sie.
,,Kiffen bringt rein gar nichts."
Ich sagte gar nichts, denn ich hatte bereits eine böse Vorahnung auf was das alles hinauslaufen könnte.
,,Aiden helfen deine Pillen nicht genau gegen das?"
Zu spät, meine Spekulationen bestätigten sich.
,,Grace mach es nicht, glaub mir, du bereust es im Nachhinein."
,,Aber sie würden helfen?"
Ich nickte schwach und lehnte mich gegen das kurze Mauerstück hinter mir. Ich schloss die Augen und hörte wie Grace in die Küche ging.
Ich seufzte, sprang auf und ging ihr hinterher.
Ich nahm ihr die 40er Oxycodondose aus der Hand und stellte sie zurück. Stattdessen nahm ich andere heraus, 20er. Grace beobachtete mich. Ich teilte eine Pille nochmal in der Mitte und legte eine Hälfte weg.
,,Was machst du?" fragte sie daraufhin.
,,Glaub mir 20 sind zu viel."
,,Aber du nimmst doch 60 oder nicht?"
,,Ja aber die könnten dich ins Krankenhaus bringen, wenn nicht sogar umbringen. Du hast keine Toleranz Grace, du musst langsam machen."
Danach war sie still, ich hatte sie wohl überzeugt.
Als die Line fertig war, sah ich zu wie sie es sich durch die Nase zog. Grace verzog das Gesicht und wischte sich über die Nase. Das erste Mal war immer am schlimmsten, aber mit der Zeit spürte man es gar nicht mehr.
Ich ging dann einfach wieder hinaus und rauchte weiter. Ich hatte so schon ein schlechtes Gewissen. Wenn man es so sieht war ich an all dem Schuld was Grace nun machte. Wegen mir war sie komplett abgestürzt.
Ich setzte mich auf den Boden und lehnte meinen Rücken gegen das Geländer. Ein Seufzten entglitt meiner Kehle.
Jetzt will sie sich auch noch mit meinen Pillen die Birne weg ballern.
Mit meinen. Es war alles meine Schuld.
Ich fasste mir an die Stirn. Es wäre wirklich beinahe besser gewesen, hätte sie mich nie getroffen. Für Grace auf jeden Fall. Für mich eher weniger, ohne sie wäre ich mit großer Wahrscheinlichkeit tot.
Das Vibrieren meines Handys in meiner Hosentasche rettete mich aus meiner negativen Gedankenwelt. Ich fischte es heraus und öffnete Snap. Alex hatte mir einen Chat geschickt. Ich konnte mir schon denken worum es ging. Er will sicher ein neues Tattoo ausprobieren. Ich öffnete den Chat mit ihm und wer hätte es gedacht? Meine Vorhersagen waren absolut korrekt. Er meinte ich könnte sofort rüberkommen, also stand ich widerwillig auf. Mir wäre es auch recht wenn er sein Zeug bei uns aufbaut, dann müsste ich nicht immer zu ihm laufen. Immerhin stellte ich ihm meinen Körper zur Verfügung. Andererseits hatte Alex immer Redbull und Stoff, also ist seine Wohnung vielleicht doch nicht so unnütze.
Als ich durch die Terrassentür trat lag Grace bereits auf der Couch und schien zu schlafen oder tat wenigstens so. Gut, eine Sache weniger um die ich mich kümmern musste. Auf dem Küchentisch lagen immer noch haufenweise Zettel herum, darunter viele Rechnungen -die meisten unbezahlte. Ich seufzte erneut. Es war nicht leicht mit 16 komplett alleine zu wohnen und noch dazu in die Schule zu gehen und die Sucht zweier Idioten zu finanzieren. Oft hatte ich mich gefragt warum ich das alles überhaupt tat. Ich könnte mich auch einfach vom nächsten Dach werfen, dann wäre alles vorbei. Meine Antwort auf meine Frage war immer die gleiche. Wegen Grace. Sie konnte ihr Leben noch retten. Sie hatte eine Zukunft. Wenn ich mich jetzt umbringen würde, wäre Grace auf sich allein gestellt, und sie war bei Gott nicht dazu bereit alleine zu leben. Besonders in diesem Stadtteil. Außerdem gäbe es keinen mehr der sie zurückhält wenn sie am durchdrehen ist. Wer stoppt sie davor die gleichen Probleme wie ich zu bekommen? Ich musste auf sie aufpassen.
Aus dem Wohnblock draußen, ging ich zur U-Bahn und fuhr ein paar Stationen, Alex wohnte etwas weiter weg von mir.

Ich kam später am Abend zurück nachhause und schloss die Tür hinter mir ab. Meine Arme schmückten nun zwei weitere Tattoos. Irgendwelche mit viel Schattierungen da Alex das üben wollte. So genau hatte ich mir sein Design gar nicht angeschaut. Als ich in die Küche ging sah ich Grace die am Tisch saß und irgendetwas am Laptop tippte. Ich ging an unseren Schrank und warf mir eine Xan'. Meine Anxiety Probleme nahmen in letzter Zeit immer mehr zu. ,,Was machst du da?" fragte ich Grace neugierig und mit leicht gehobener Augenbraue. Sie sah äußerst konzentriert aus und sah auch nicht auf als sie eine Antwort gab. „Unsere Hausaufgaben, wir müssen ziemlich viel nachmachen, wir sind extrem hinter dran" Ich machte ein überraschtes Gesicht. „Du machst meine mit?" „Ja klar, sind ja fast die gleichen" Nach diesem Satz wendete sie ihren Blick von dem Bildschirm des Gerätes ab und schenkte mir ein warmes Grinsen.
Mein Herz machte innerlich einen kleinen Hüpfer. Dieses Lächeln. Vor Ewigkeiten hatte mich jemand das letzte mal so angesehen. Mein Kopf wollte es nicht einsehen, doch ich vermisste es. Das sich jemand um mich kümmerte. Grace gab mir dieses Gefühl. Ich will es selbst nicht einsehen, aber dafür liebe ich sie.

Broken apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt