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A I D E N
Eine Woche später waren zwar die Entzugserscheinungen so gut wie verschwunden, doch das ständige Verlangen nicht. Alex war vorher wieder endgültig zu sich gefahren und ich saß nun allein in der Küche und starrte Löcher in die Luft.

Ich war wieder allein.
Eigentlich war ich gerne allein, doch jetzt gerade nicht. Aber ich hatte auch nicht das Verlangen zu reden, es wäre einfach schön wenn ich wüsste, es befindet sich noch jemand in dieser Wohnung.
Mir war extrem langweilig, und ich suchte verzweifelt nach etwas um mich von dem allem abzulenken. Das erste, das mir in den Sinn kam, war mir neue Piercings zu stechen. Kurzerhand wurde diese Idee auch durchgeführt und ich begab mich ins Badezimmer. Da ich meinen Gedanken noch nicht weiter geführt hatte musste ich erstmal überlegen was ich dieses Mal machen wollte. Ich schränkte den Bereich der Möglichkeiten auf meine Ohren ein, ein bisschen Abwechslung muss immer sein. während ich mir eine Zigarette anzündete, beschloss ich meine beiden normalen unteren Löcher um je eines zu erweitern. Durch diesen Entzug hatte ich es mir angewöhnt auch in der Wohnung und nicht nur zum Fenster oder auf den Balkon zu gehen um zu rauchen. Wenn man so darüber nachdenkt war es sowieso unnütze Bewegung die man sich hätte sparen können. Die einzigen die diese Wohnung betraten waren ich, Alex und manchmal Sky, wir alle drei rauchen und haben nichts gegen den Geruch von Zigaretten.
Ich drückte meine im Waschbecken aus und ließ sie dort auch liegen, ehe ich mich daran machte alles zu desinfizieren und zwei Punkte auf zu zeichnen. Als ich wenige Minuten später durch genau diesen Punkt stach, spürte ich rein gar nichts. Zuerst war ich ziemlich verwirrt und zweifelte einen kurzen Moment daran ob die Nadel überhaupt durch ist. Da dies aber der Fall war machte ich schnell mit der anderen Seite weiter und auch hier, keine Reaktion. Ich spürte es kein bisschen. Mir war das ja ganz recht. Da ich aber noch nicht genug hatte beschloss ich spontan noch zwei ein Stück weiter oben zu machen. Diesmal spürte ich es, doch man konnte es keinesfalls Schmerzen nennen. Da ist ja sogar eine Spritze im Arm schmerzhafter.

Als auch das letzte Ohrring seinen Weg durch meinen Körper gefunden hatte, räumte ich das ganze Zeug wieder weg und zündete mir auf dem Weg in die Küche erneut eine Kippe an. Dadurch das mir das ganze Heroin fehlte, musste ich es eben anderswie ersetzten.
Die restliche Zeit die ich hatte bevor ich Arbeiten musste, verbrachte ich damit die Post durchzugehen. Wie zu erwarten, war nichts interessantes dabei. Eigentlich nur Rechnungen. Ob ich die alle bezahlen kann wird sich noch herausstellen. Ich hoffte einfach das ich so lang wie möglich clean bleibe und mir somit das Geld für den ganzen Scheiß sparen kann. Wobei, wenn man die ganzen Schachteln Zigaretten die überall in der Wohnung verteilt waren in Erwägung zieht, war ich mir nicht mehr so sicher wie viel Geld wirklich übrig bleibt.
Irgendwie überbrückte ich auch diese eine Stunde und machte mich schließlich auf den Weg zur Arbeit. Meine sieben Sachen waren schnell gepackt, Zigaretten, Feuerzeug, Handy, Kopfhörer und Xanax Pillen. Ich hatte mir vorgenommen auch meinen Oxycodon Konsum herunterzuschrauben, da sonst der Heroin Entzug komplett umsonst gewesen wäre, der Entzug ist nämlich fast der selbe. Das ganze Zeug verstaute ich in meinen Hosentaschen und ich ging das Treppenhaus hinunter. Ich gab einen genervten Laut von mir als ich draußen war. Ich hatte wirklich keinen Bock zu laufen, geschweige denn überhaupt arbeiten zu gehen. Da traf es mich wie ein Blitz. Ich fasste mir an den Kopf aufgrund meiner unfassbaren Dummheit.
Wie konnte mir das nicht früher einfallen.
Ich Vollidiot hatte doch nicht wirklich vergessen das Lukas eine Cross in seinem Besitz hatte.
Und genau diese steht immer noch in der Tiefgarage. Erstens hätte ich das Ding verkaufen können, und zweitens bin ich ernsthaft die ganze Zeit umsonst überallhin gegangen anstatt gefahren.
Ich ging schnell in die Garage und vergewisserte mich das das Ding überhaupt noch irgendwas im Tank hatte.
Zum Glück ja. Ich ging schnell wieder die Treppen hinauf in die Wohnung und holte meinen Helm und suchte nach den Schlüsseln, welche ich auch gleich fand.
Nachdem ich nun zum gefühlten Fünften mal für heute wieder unten stand stieg ich auf das Fahrzeug auf.
Ich war schon Ewigkeiten nicht mehr gefahren. Es ist nicht so als hätte ich einen Führerschein, aber Lukas hat einen, und ob ich jetzt halt Aiden oder Lukas hieß war egal, Hauptsache ich habe im Ernstfall was zum vorzeigen. Ein falscher Führerschein ist immer noch besser als gar keiner.
Fahren konnte ich auch nur weil ich Lukas damals anbettelte es mir beizubringen.
Ich startete das Gerät und wartete etwas bis sie sich meiner Meinung nach genug aufgewärmt hatte. Danach fuhr ich auch schon aus der Garage auf die halbdunklen Straßen, die Dämmerung trat langsam immer später ein, was bedeutete das es wieder wärmer wurde. Ich hatte wirklich keine Lust auf Frühling, genauso wenig mochte ich Sommer oder Herbst. Winter war das einzig Wahre.
Der eisige Fahrtwind riss mich aus meinen Gedanken, es war eben doch etwas kalt eine Winterjacke mit einem Pullover ersetzen zu wollen. Nach kurzer Zeit kam ich auch schon vor dem Club an. Die grellen Lichter ließen mich schon wieder direkt den Reiz verspüren wieder umzudrehen. Ich hatte noch mehr als genug Zeit, also fischte ich meine Schachtel Kippen heraus und machte aus ihnen Nutzen.
Die wenigen Leute die währenddessen an mir vorbeizogen beachtete ich nicht. Ich war zusätzlich nich am Handy und wischte durch TikTok. Irgendwann bekam ich eine Nachricht.
‚Aiden bitte melde dich'
Ich verdrehte genervt die Augen. Diese Nachricht war meinen 'Eltern' zuzuschreiben. Eine von zig die sie mir in letzter Zeit geschrieben hatten und es nervte mich einfach nur gewaltig. Wenn ich sage ich will keinen Kontakt, warum kontaktieren sie mich immer weiter? Ist die Aussage 'Ich will nichts mit euch zu tun haben' denn so unverständlich?
Wie immer ignorierte ich den jämmerlichen Versuch meiner Eltern und drückte auch den Anruf der wenige Momente später kam, weg.
Ich steckte mit genervten Blick mein Handy weg und drückte meine Kippe aus, ehe ich das Gebäude betrat.
Bock hatte ich wie immer keinen, bei den Garderoben warf ich mir noch schnell eine Xan.
Die weiterfolgende Nacht lief ab wie alle anderen, vor mir zogen hunderte an Leuten vorbei, das Licht und die Lautstärke von meiner Umgebung trugen dazu bei das ich zwei Raucherpausen einlegte und erstmal meine Schachtel leerte.
Als ich mitten in der Nacht den Club wieder verließ, hatte ich noch genau eine Zigarette übrig, obwohl ich mit einer vollen Schachtel gekommen war. Aber egal, Rauchen werde ich sowieso immer. Da konnte mich kein Geld der Welt davon Abhalten.
Ich fuhr schließlich wieder nachhause und stellte die Cross wieder in die Garage.
Ab sofort würde ich einfach mit dem Teil durch die Gegend fahren. Klar ich könnte sie auch einfach verkaufen, aber Ich mochte das Fahren. Und ein bisschen Spaß sei mir doch auch gegönnt, obwohl die Option das Ding zu verkaufen definitiv die bessere wäre.
Da ich aber in meinem Leben bis jetzt Großteils nur dumme Entscheidungen getroffen hatte, war es sowieso egal.

Broken apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt