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A I D E N
Nach der Schule konnte ich Grace auf der Bushaltestelle erklären das Leonie mit uns kommen würde.
„Kommt sie auch mit?"fragte Leonie daraufhin mit einem nicken zu Grace.
„Ja, wir wohnen zusammen" meinte ich.
Sie schaute überrascht, fragte aber nicht weiter nach. Als wir auf den Bus warteten lag Stille über uns, da Grace und ich zusammen Musik hörten und Leonie blöd rumstand.
„Fahrt ihr jeden Tag mit dem Bus?" fragte sie wahrscheinlich um die für sie unangenehme Stille zu verdrängen.
„Ja, du nicht?" antwortete Grace.
„Nein, meine Eltern fahren mich immer, wie weit wohnt ihr denn von hier?"
Ich überlegte „boa ka, mit dem Bus 20 Minuten oder so"
„So weit?"
Ich nickte einfach da ich nicht wusste was Antworten. So weit war das doch gar nicht?
Die Nächste Zeit versuchte Leonie auf Krampf ein Gespräch zu führen und fragte alle mögliche Sachen. Als wir dann in unserem Viertel ausstiegen begutachtete sie alles genauestens. Unterwegs hatte sie uns erzählt, dass ihr Familie ein großes Haus mit Pool besitzt, also dürfte ihre Reaktion auf unsere Wohnung absehbar sein.

Wie erwartet schaute sie sich unsicher um, kommentierte jedoch nicht groß.
„Wir essen Mittags nichts, wenn du Hunger hast und ganz nett fragst macht Grace dir vielleicht was." teilte ich ihr, während ich mein Zeug aus meinen Taschen auf den Tisch legte, mit. Dabei waren mein Handy, eine Schachtel Kippen plus Feuer, einen Blister Oxy's, der Haustürschlüssel und irgendeine Visitenkarte. Grace setzte sich auf den Stuhl und war am Handy. Heute hatte sie aus welchem Grund auch immer frei, Leonie setzte sich hinter den Tisch und legte ihr Schulzeug drauf.
„Wo sind denn eure Eltern wenn ich fragen darf?" kam dann wie erwartet.
„Ich hab keine und Grace ist ausgezogen" antwortete ich einfach.
Sie nickte verunsichert und meinte dann „Also ich würde sagen wir fangen gleich an" sie schlug ein Buch auf und schob es mir hin.
„Was müssen wir machen?" fragt ich unmotiviert.
Sie schaute überrascht und  versuchte mir die Aufgabe zu erklären doch ich schnallte gar nichts.
„Man Aiden bemüh dich doch wenigstens!" meinte sie schließlich. Ich rollte mit den Augen.
Ich versuchte wirklich es zu verstehen doch mein Kopf machte da nicht mit.
Die auf dem Tisch liegenden Zigaretten landeten schnell in meiner Hand und fielen meinem Feuerzeug zum Opfer. Leonies Blick nach hätte sie mir am liebsten die Kippe weggenommen und aus dem bereits offenen Fenster geschmissen.
„Warum rauchst du?"
Ich drehte meinen Kopf zu ihr und schaute sie mit erhobener Augenbraue an.
„Was interessierts dich"
Sie schaute immer wieder von der Kippe in meine Augen und zurück, auch während sie eine Antwort gab.
„Ich versuche zu verstehen warum Leute absichtlich ihrem Körper Schaden zufügen und Gift einzuatmen." Ich musste fast lachen, das war bis jetzt die beste Aussage die ich jemals von wem gehört hatte.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung, irgendwann halt damit angefangen in der Hoffnung Probleme würden verschwinden."
„Seit wann denn schon?"
Boa nervt die mit ihren Fragen.
„Junge weiß ich doch jetzt nicht, 12 oder so?"
„Mit 12?" fragte sie entsetzt nach.
Sag mal ist die schwerhörig?
Ich lenkte vom Thema ab und meinte wir sollten weiter machen.
Ich bemühte mich wirklich mich zu konzentrieren, doch es wollte auch die halbe Stunde danach nicht klappen.
„Aiden ich würde Einkaufen gehen, was bestimmtes?" rettete mich Grace dann aus meinen beinahe peinlichen Versuchen. 
Ich überlegte. Wir brauchten eigentlich nichts besonderes.
„Ne kauf einfach Yum Yum Nudeln oder so" Grace nickte.
Wenig später war sie auch schon weg.
Ich setzte mich wieder an den Tisch und versuchte Leonie wenigstens etwas zu helfen. Mittlerweile hatte sie es aber schon fast beendet und so beschloss ich mich einfach rauszuhalten.
„Aiden kann ich dich etwas fragen?"
Was kommt jetzt?
„Hm"
„Ist es wahr dass du Drogen nimmst? Ein Mädchen aus deiner vorherigen Klasse hat es mir erzählt und mir geraten von dir weg zu bleiben"
Blaire.
Ich seufzte genervt.
„Ja ist es" gab ich offen zu. Es wusste sowieso schon jeder.
„Warum?"
Boa jetzt fängt es wieder an.
„Aus Gründen die dich nichts angehen"
Danach war sie endlich still.
Ich machte dann irgendwann Musik an und war am Handy während Leonie vermutlich nicht recht wusste, was sie tuen sollte. 
Ich bemerkte wie mein Hände leicht abfingen zu zittern. Was war jetzt los?
Grace kam bald darauf wieder mit ihrem Einkauf zurück und hatte, wie erwartet, nicht viel anderes außer Instant Nudeln dabei.
„Leonie, Aiden, wollt ihr auch welche?" fragte sie als sie sich welche machte. Leonie bejahte schnell, doch mir war nicht nach essen. Mir war schlecht und bezweifelte dass Essen es besser machte.
„Nah, jetzt nicht" lautete deshalb meine Antwort.
Grace schaute mich besorgt an. „Ist alles ok? Du siehst nicht ganz gesund aus"
„So fühle ich mich auch nicht. Mir ist schlecht"
Grace überlegte. „Wann hast du das letzte mal-" weiter kam sie nicht da ich mir die Hand vor den Mund hielt uns ins Bad eilte. Dort übergab ich mich ins Klo. Grace eilte mir nach und hielt mir die Haare aus dem Gesicht.
„Was ist los?" fragte sie leicht panisch.
„hast du zu viel genommen?"
Ich überlegte, wann hatte ich das letzte mal was genommen? Heute Morgen...
Doch bevor ich antworten konnte übergab ich mich schon wieder.
„Nein..." brachte ich hervor.
Ich hörte Schritte auf uns zu kommen und vermutete Leonie.
Ich spürte den Kotzreiz erneut und übergab mich ein drittes Mal.
Es kam fast nur noch Flüssigkeit heraus, da ich vermutlich meinen kompletten Mageninhalt bereits ausgekotzt hatte.
Dann fiel mir plötzlich auf warum.
„Grace...hol diese Scheiß Oxy's" murmelte ich.
Grace verstand sofort die Lage und eilte in die Küche während ich schon wieder kotzte.
Als sie zurückkam, zerkleinerte sie die Pille zu einer Pulver ähnlicher Substanz und schob sie zu einer Line zusammen. Ich zog mir das Zeug so schnell es ging durch die Nase und stützte mich erschöpft an der Wand ab. Ich konnte Spüren wie innerhalb von 5 Sekunden meine komplette Anspannung abfiel. Meinen Kopf ließ ich nach vorne fallen und ich schloss die Augen. Wow, so schlecht stand es also um mich. Ich halte keinen Tag ohne irgendwas aus und bekam direkt Entzugserscheinungen.
„Ruh dich aus" meinte Grace und zog mich auf die Beine. Sie wollte mich durch den Flur Richtung mein Zimmer schieben, doch ich wehrte mich dagegen und ging wieder in die Küche. Während dessen fing meine Nase an zu bluten und ich hielt meinen Kopf übers Waschbecken um nicht alles voll zu bluten.
„Ich muss gleich Arbeiten gehen" erinnerte ich sie. „Mir gehts gut, war eine einmalige Sache" versuchte ich sie zu beruhigen.
Meine Versuche schienen nicht viel zu bringen, da Grace immer noch sehr besorgt wirkte.
„Gut aber wenns wieder anfängt kommst du nachhause"
Ich nickte als Zustimmung. Ich wusste aber genau, dass ich mich nicht daran halten würde. Wir brauchten das Geld. Langsam hörte das Bluten wieder auf und ich wusch mir die Überreste vom Gesicht.
Leonie saß mit einen verwirrten Blick neben uns und schien die Lage überhaupt nicht zu verstehen.
„Du gehst Arbeiten?" fragte sie ihrem Blick getreu.
„Geld wächst nicht auf Bäumen"
Meinte Grace mit genervtem Blick. Sie schien Leonie nicht besonders zu mögen, aber da konnte ich mich nur anschließen.
„Wann kommst du denn wieder?" 
„Nach 2" informierte ich sie während ich mein Zeug zusammen suchte und in meinen Hosentaschen unterbrachte.
„So spät erst? Dann ruf ich meine Mutter an und frage ob sie mich abholt" murmelte sie etwas enttäuscht. Grace verdrehte hinter ihr maximal genervt die Augen und wandte sich dann von uns ab.
„Ich bin dann weg" kündigte ich mein Gehen noch an bevor ich ziemlich schnell aus der Tür heraus war. Meine Jacke zog ich unterm Gehen an. Als ich die Treppen hinunter stieg, steckte ich mir meine Kopfhörer hinein und schaltete Musik an. Aus unserem Block draußen bewegte ich mich Richtung Bushaltestelle. Es war bereits Dunkel und die vereinzelten Straßenlaternen spendeten als einzige Lichtquelle etwas Helligkeit. Der Mond war nur als kleine, dünne Sichel zu erkennen und erleuchtete die dunklen Straßen kaum. Den Sternen am Himmel zu Folge war es nicht bewölkt oder der gleichen. Als ich bei der Haltestelle ankam, hoffte ich inständig das ich den Abend überleben würde.

Broken apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt